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Rasterfrau: Knobels achter Fall (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition)

Rasterfrau: Knobels achter Fall (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition)

Titel: Rasterfrau: Knobels achter Fall (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition)
Autoren: Klaus Erfmeyer
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an die SMS an Traunhof, die er diesem aus dem Zug geschickt und später wieder gelöscht hat. Vielleicht war auch das nur sein Spiel. Ganz sicher hat er mir am Ende das Leben gerettet. Das habe ich jetzt verstanden.«
    »Wie meinst du das?«
    »Trost hatte nicht vor, sich in den Bergen das Leben zu nehmen. Das ergibt sich aus seinen Zeilen. Er schreibt nur, dass er tot sein werde, wenn ich diese Zeilen lese, aber nicht, wann er aus dem Leben scheiden wollte. Trost wusste jedoch – und die DVD bestätigt diese Annahme –, dass die Geduld der beiden anderen erschöpft war. Sie hatten mich, aber auch ihn, im Visier. Deshalb hat er den Brief, sobald er fertig war, sofort mit den anderen Beweisstücken bei dem Notar hinterlegt.
    Er wollte mir auf der abgelegenen Hütte alles erzählen, kam jedoch nicht mehr dazu, weil Böhringer und Traunhof überraschend auftauchten. Beide hat er bis zuletzt so gut wie möglich in dem Glauben halten wollen, dass ich nichts Wesentliches wisse. Zugleich hat er mich an jenem Abend auf der Hütte aus der Schusslinie genommen. Mit seinem Selbstmord hat er, der aus Sicht der anderen zum Sicherheitsrisiko geworden war, die Gefahr beseitigt. Zugleich hat er in gewisser Weise sichergestellt, dass ich nicht mit Böhringer und Traunhof allein ins Tal zurück musste.«
    Marie blieb unsicher.
    »Es gibt ein Indiz«, meinte Stephan. »Bis heute ist mein Handy verschwunden, das ich an jenem Abend abgeben musste. Ich bin mir sicher, dass es sich entweder bei Traunhof oder bei Böhringer befindet. Welchen Sinn sollte das haben außer dem einen, dass beiden daran gelegen war, dass ich in den Bergen zu niemandem mehr Kontakt aufnehmen sollte?«
    »Das Handy wäre ohnehin nutzlos gewesen«, entgegnete Marie. »Es gibt dort keinen Empfang.«
    »Die beiden waren sich dessen nicht sicher«, war Stephan überzeugt. »Traunhof und Böhringer wollten jedes Risiko ausschließen. Gerade das ist der Beleg.«

36
    Rund zwei Monate später saßen Marie und Stephan im Regionalexpress zum Düsseldorfer Flughafen. Die kleine Elisa schlief friedlich in ihrem Wagen, der wie zwei vollgepackte Koffer direkt bei ihnen im Mehrzweckabteil des Doppelstockzugs stand. Am Nachmittag würden sie auf Gran Canaria sein.
    Stephan hatte Trosts Brief und die ihm beigefügten Beweismittel zwei Wochen zuvor und somit deutlich nach Ablauf der fünfjährigen Verjährungsfrist der Staatsanwaltschaft zur Kenntnis gebracht, die sofort die Ermittlungen aufgenommen und nach Durchsuchungen bei Böhringer und Traunhof noch regelmäßige Überweisungen des Arztes auf ein Konto bei einer polnischen Bank festgestellt hatte. Es waren fortlaufende Schweigegeldzahlungen an Michelle Crouchford, die die polnische Polizei im Wege der Amtshilfe festgenommen hatte und bald nach Deutschland überführen würde. Traunhof und Böhringer saßen bereits in Untersuchungshaft, und auf Stephans eingeleitetes Wiederaufnahmeverfahren war der Haftbefehl gegen Wendel aufgehoben worden. Er hatte die Justizvollzugsanstalt Werl inzwischen verlassen. Das Ergebnis des Wiederaufnahmeverfahrens, das Anfang November beginnen würde, stand bereits jetzt fest, doch es würde nach den vorgesehenen Regularien durchgeführt und unter großer Anteilnahme der Medien und der Bevölkerung stattfinden. Stephans Honorar war gesichert, schon deshalb, weil die Staatskasse die Kosten des Verfahrens tragen würde und aus dem Publikationshonorar eines Magazins weitere Einnahmen zu erwarten waren. Maxim Wendel würde für die zu Unrecht erlittene Haft eine Entschädigung bekommen, die die im Gefängnis verlorene Zeit nicht ausgleichen konnte. Es würden 25 Euro für jeden Hafttag gezahlt werden, ein lächerlich kleiner Betrag, den das Gesetz vorsah und der Bundesrepublik Deutschland ein Armutszeugnis über ihren Umgang mit Justizopfern ausstellte.
    Stephan hatte beschlossen, Trosts Kanzlei nicht zu übernehmen. Der Name Trost war in Justizkreisen und der Öffentlichkeit nach Bekanntwerden der Hintergründe des Falles Wendel verbrannt. Seine Kanzlei fortzuführen bedeutete die Übernahme einer Hypothek, gegen die Stephan nicht anarbeiten konnte. Maxim Wendel hatte sich nach seiner Freilassung erstmals wieder mit seiner geschiedenen Frau getroffen. Alles war auf einem guten Weg bis auf den Umstand, dass Stephans Verbleib in der alten Kanzlei bis auf Weiteres auch die Fortsetzung der Bürogemeinschaft mit Hubert Löffke bedeutete. Die Zukunft würde zeigen, ob Stephans Erfolg in der Sache Wendel
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