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Rasterfrau: Knobels achter Fall (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition)

Rasterfrau: Knobels achter Fall (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition)

Titel: Rasterfrau: Knobels achter Fall (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition)
Autoren: Klaus Erfmeyer
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langsam nach Luft«, war er sich sicher. »Es ist wie überall, Kollege Knobel. Die Spreu trennt sich vom Weizen. Immer mehr Anwälte kämpfen ums wirtschaftliche Überleben.«
    Trost schmunzelte. »Ich falle immer mit der Tür ins Haus. Das ist Ihnen natürlich längst bekannt! Aber so wissen Sie gleich, woran Sie sind. Und zugleich mache ich mir schnell ein Bild von Ihnen, Herr Knobel. Ich darf sagen: Es freut mich, dass Sie sich der Sache Maxim Wendel annehmen.«
    Stephan blinzelte Trost unsicher an. Dessen Freundlichkeit und Offenheit überraschten und irritierten ihn. Trosts Freude darüber, dass Stephan Wendels Vertretung übernommen hatte, konnte nur Spott bedeuten.
    »Gerade, weil Sie kein Strafverteidiger sind, Herr Knobel«, ahnte Trost Stephans unausgesprochene Gedanken. »Wendel hat mir aus der Haftanstalt geschrieben, dass er Sie beauftragt hat, in dieser Sache noch einmal alles zu durchleuchten. Ich soll Ihnen meine Akten von damals geben, und das tue ich natürlich.«
    »Wendel hatte Sie schon kurz nach dem verlorenen Revisionsverfahren gebeten, eine Wiederaufnahme zu prüfen«, sagte Stephan.
    Trost nickte, faltete andächtig seine Hände über seinem Bauch und sah eine Weile aufs Wasser.
    »Ja, das hat er«, bestätigte er dann, »und ich weiß aus anderen Fällen, dass Verurteilte immer wieder eine Wiederaufnahme anstreben, weil sie das Ergebnis des Prozesses nicht für sich akzeptieren können. Stellen Sie sich vor, man schickt Sie lebenslang in den Knast. Wenn diese Botschaft erst einmal Ihr Inneres erreicht hat, wenn Sie also verstehen, dass in der Regel mindestens 17 bis 20 Jahre vor Ihnen liegen, bevor Sie überhaupt einen Antrag auf Entlassung stellen dürfen, dann bricht Ihre Welt zusammen. Jeder Mensch mit normalem Freiheitsdrang will raus. Die Wenigsten empfinden das Urteil als gerecht, selbst wenn es richtig ist. Also belügen sie sich und glauben, dass es ungerecht ist. Wiederaufnahme ist so ein Zauberwort, und viele verwenden es aus den unterschiedlichsten Motiven. Einige meinen, sie hätten gar nicht bestraft werden dürfen, weil sie vermeintlich nicht der Täter waren, andere, dass sie Opfer ungerechter Richter waren und so fort. Alles Unsinn! – Hinter dem Drängen auf eine Wiederaufnahme des Verfahrens verbirgt sich häufig nur die psychische Sperre des Verurteilten, das in der Sache richtige Urteil nicht gegen sich gelten lassen zu können. Ich verliere wie jeder Anwalt ungern Prozesse, aber manchmal kommt es eben doch vor. Es gibt Fälle, da helfen keine prozessualen Tricks. Auch der beste Anwalt kann nicht aus Schwarz Weiß machen. Und Sie wissen, dass ich nicht der Schlechteste bin.«
    Aha, dachte Stephan und schlürfte seinen Orangensaft. Trosts Eigenlob war für Stephan erträglicher als dessen ehrerbietiges Gebaren, mit dem er Stephan zur Übernahme des Mandats Wendel beglückwünscht hatte. Stephan fühlte sich sicherer.
    »Sie waren zu Beginn der Verteidigung Wendels der Auffassung, ihm zum Freispruch verhelfen zu können«, fasste er nach.
    »Das stimmt«, bekräftigte Trost. »Aus heutiger Sicht muss ich sagen, dass ich mich damals völlig unprofessionell verhalten habe. Man darf es eigentlich nicht laut aussprechen: Ich hatte Maxim Wendels Version geglaubt, hatte mich von seiner Überzeugungskraft anstecken lassen und meine günstige Prognose abgegeben, obwohl ich noch nicht alle Beweise kannte, die die Staatsanwaltschaft in das Verfahren einführte.«
    Stephan schüttelte erstaunt den Kopf.
    »Ja, es war mehr als dilettantisch«, räumte Trost selbstkritisch ein, »und dieser Fehler relativiert sich nicht dadurch, dass mir solches in meiner langjährigen Karriere als Strafverteidiger kein zweites Mal passiert ist.«
    »Hätten Sie Ihre Verteidigung anders aufgebaut, wenn Sie Zweifel an Wendels Version gehabt hätten?«, fragte Stephan.
    Trost überlegte eine Weile, griff in Gedanken in die Vergangenheit zurück und ließ den Prozess Revue passieren.
    »Ich denke, nein«, antwortete er schließlich. »Ich habe alle für Wendel streitenden Argumente verwertet und alle von der Staatsanwaltschaft vorgelegten Beweise hinterfragt, eigene Beweisanträge gestellt und wirklich alles getan, um den Fall aufzuklären und jeden noch so winzigen Aspekt herauszuarbeiten, der für Wendel sprach. Aber da war nichts zu machen. Die Beweisführung der Staatsanwaltschaft war hieb- und stichfest. Sie können sich denken, dass dies ein Ergebnis ist, das nicht meinem beruflichen
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