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Rasterfrau: Knobels achter Fall (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition)

Rasterfrau: Knobels achter Fall (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition)

Titel: Rasterfrau: Knobels achter Fall (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition)
Autoren: Klaus Erfmeyer
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genau untersucht habe. Aber es gab keinen einzigen Anhaltspunkt für ihre Richtigkeit. Es sprach alles gegen, aber nichts für Sie, Herr Wendel.«
    »Machen Sie es, oder machen Sie es nicht, Herr Knobel? Ich kann nicht mehr anbieten, als ich gesagt habe. Es ist mein aufrichtiger Wunsch, dass Sie das Mandat übernehmen. Setzen Sie unsere Honorarabrede schriftlich auf! Ich werde alles unterschreiben. Seien Sie gewiss, dass ich Ihnen alle Fragen zur Sache wahrheitsgemäß beantworten und helfen werde, soweit ich es von hier aus kann. Nehmen Sie Kontakt zu Trost auf! Lassen Sie sich den Fall erklären! Ich bitte Sie, Herr Knobel, aber ich flehe Sie nicht an!«
    Wendel sah Stephan mit eigentümlichem Stolz an.
    »Ich habe das Flehen nicht nötig«, fügte er an, wissend, dass Stephan das Mandat nötig haben könnte. »Ja oder Nein, Herr Knobel?«
    Stephan dachte eine Weile nach. Welche andere Frage Wendels hätte er bei seinem Besuch in der Haftanstalt erwarten können? Wunderte ihn, dass Maxim Wendel abermals seine Unschuld beteuerte, nachdem er dies bereits in jedem Brief getan hatte? War es nicht Wendels unerschütterliches Beharren, nicht der Täter des ihm zur Last gelegten Mordes zu sein, dass die scheinbare Aussichtslosigkeit des angetragenen Mandats hinterfragte und ihn herausforderte?
    »Ich habe mich damals gewundert, dass Sie ausgerechnet mich mit Ihrer Vertretung in der Disziplinarangelegenheit beauftragt hatten«, sagte Stephan. »Angesichts des Ihnen vorauseilenden Rufes hätte ich an Ihrer Stelle einen Spezialisten beauftragt.«
    »Einen Spezialisten?«, wiederholte Wendel erstaunt. »Wenn man weiß, dass man unschuldig ist, braucht man keinen Fachidioten. Ich hatte Sie nach dem Zufallsprinzip aus dem Telefonbuch ausgewählt. So einfach war das.«
    »Aber Sie haben bei dem Mordprozess den Starverteidiger schlechthin beauftragt«, entgegnete Stephan.
    »Ein Mordvorwurf ist schon ein anderes Kaliber als eine vermeintliche Tätschelei. Dr. Trost ist auf spektakuläre Fälle aus. Ich dachte, dass wir beide voneinander profitieren. Aber heute denke ich, dass ich jemanden wie Sie brauche: keinen Winkeladvokaten, sondern ein hungriges Trüffelschwein, das der Sache auf den Grund geht.«
    Stephan zog eine Visitenkarte aus seinem Portemonnaie, notierte noch zusätzlich seine häusliche Festnetznummer darauf und gab sie Wendel.
    »Sie sind noch hungrig, oder?« Wendels Augen leuchteten beglückt.
    »Mich treibt nicht nur das Interesse an Ihrem Fall an«, bekannte Stephan und stand auf.
    Er konnte sich nicht erinnern, einem Mandanten gestanden zu haben, dass seine wirtschaftliche Not ihn Fälle übernehmen ließ, denen er sich fachlich nicht gewachsen fühlte. Stephan fühlte sich zur Robenhure verkommen.
    »Ich weiß«, nickte Wendel. »Sie brauchen Geld. Ich habe es geahnt. Sie säßen sonst nicht mehr in der Mansarde. – Wir sind beide hungrig, Herr Knobel! – Ich auf die Freiheit! – Lassen Sie sich von Dr. Trost die Akten geben. Ich werde ihn informieren, dass Sie mein neuer Anwalt sind.«

2
    Dr. Gereon Trost galt als der Strafverteidiger schlechthin. Wer mit dem Gesetz in Konflikt geraten war, wollte bevorzugt von ihm verteidigt werden, doch Trosts Profession gestattete ihm nach knapp 30-jähriger Berufspraxis, nicht längst jedes strafrechtliches Mandat annehmen zu müssen, das ihm angetragen wurde. Die Verteidigung von Kleinkriminellen langweilte ihn regelmäßig, und die Täter schwererer Delikte hatten im Wesentlichen nur dann eine Chance, von ihm vertreten zu werden, wenn sie seine hohen Honorare zu zahlen imstande waren. Trost rechnete nicht über die Gebührenordnung ab, sondern vereinbarte mit seinen Mandanten stattliche Wahlverteidigerhonorare. Der gewöhnliche Kriminelle, finanzschwach und nur in den Deliktsgruppen rund um Hausfriedensbruch, Diebstahl, Betrug und Sachbeschädigung unterwegs, konnte bei Trost nicht landen, wenn der Fall nicht in irgendeiner Weise außergewöhnlich war und ihm deshalb Gelegenheit bot, über die mediale Wirkung Nutzen für sich zu ziehen. Nur dann fand auch der kleine Ganove Trost bei Trost, wie es in den einschlägigen Kreisen hieß. Zuletzt hatte Trost in einem aufsehenerregenden Prozess einen Landstreicher vertreten, der in das Weihwasserbecken einer katholischen Kirche uriniert hatte. Derartige Fälle fanden schnell in die Medien, vor denen Trost kanonartig das Credo wiederholte, das ihn zum Verteidiger aus Berufung machte: Jeder Straftäter, was auch immer er
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