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Rasterfrau: Knobels achter Fall (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition)

Rasterfrau: Knobels achter Fall (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition)

Titel: Rasterfrau: Knobels achter Fall (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition)
Autoren: Klaus Erfmeyer
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getan hatte, verdiene eine gute Verteidigung, die das Gegengewicht zu der staatlichen Macht zu sein hatte, die dem Angeklagten im Gerichtssaal in Form von Staatsanwaltschaft und Gericht gegenüber saß. Dr. Gereon Trost unterstrich unablässig, dass sein Beruf nicht nur Job, sondern Leidenschaft sei, ihm in jedem Fall aber Freude bedeute. Die Juristen, die mit ihm zu tun hatten, wussten, dass sich hinter diesen Worten nicht nur publikumswirksame Werbung, sondern auch ein Stück Wahrheit verbarg, denn Trost beherrschte gekonnt die Klaviatur der gesetzlichen Regelungen im Strafgesetzbuch und in der Strafprozessordnung, wenn er die Verteidigung eines Mandanten übernommen hatte. Eine Einstellung des Verfahrens schon im Ermittlungsverfahren mochte für den Mandanten günstig sein, für Trost indes war erst der Freispruch im Hauptverfahren das Salz in der Suppe. Deshalb hieß es, dass Trost seine Munition nicht bereits im frühen Stadium verschoss, sondern es lieber zur Anklageerhebung kommen ließ, um auf der Bühne der Hauptverhandlung mit Beweisanträgen, kunstvollen Fragen, juristischen Feinheiten und flammenden Plädoyers zu glänzen, die ihm den erhofften Sieg einbrachten.
    Trost galt in seinem beruflichen Auftreten als arrogant, und er pflegte den ihm vorauseilenden Ruf, weil er wusste, dass ihm die dadurch erzeugte Ablenkung vom eigentlichen Fall zumeist die Chance bot, gleichsam einer lauernden Schlange hervorzuschnellen, um mit einem Überraschungscoup dem Prozess zur entscheidenden Wende zu verhelfen. Zu Trosts Selbstverständnis gehörte es, Strafprozesse vor dem Amtsgericht als fade Kost zu bezeichnen. Es war nicht nur die Banalität der hier verhandelten Vergehen, die ihn gähnen ließ, sondern auch die für ihn unattraktive personale Besetzung solcher Verhandlungen. Ein Amtsrichter und die Staatsanwaltschaft, die sich hier häufig nur von einem Referendar vertreten ließ, konnten seinen Ansprüchen nicht genügen, auch nicht das Amtsgericht als Schöffengericht, denn die beiden zusätzlichen Laienrichter, die Trost immer als Hausfrau Lieschen Müller und Hausmeister Anton Krause betitelte, waren am wenigsten dazu angetan, seine juristischen Hochseilakte nachzuvollziehen.
    Trosts Welt war die Große Strafkammer vor dem Landgericht. Hier konnte er sich mit drei Berufsrichtern und der möglichst von einem gestandenen Oberstaatsanwalt vertretenen Anklagebehörde messen. Neben der gewichtigeren Besetzung der Großen Strafkammer war auch der Verhandlungsort ein ganz anderer als bei den Sitzungen des Amtsgerichts. Mühte sich der Strafrichter zumeist in kleinen Räumen, die allenfalls Wohnzimmergröße hatten und sich deshalb der Bezeichnung als Saal nicht würdig erwiesen, durch eine Vielzahl von Verfahren, tagte die Große Strafkammer in einem der großen Säle des Dortmunder Landgerichts. Ausgestattet mit schweren hölzernen Richterbänken und ebenso gewichtigem Mobiliar für die Verteidigung und die Staatsanwaltschaft und einem großzügigen Platzangebot für die Zuschauer, war dies die geeignete Bühne, die Trost zur Höchstform auflaufen ließ. Hier ließ sich wirkungsvoll plädieren. Hier konnte er, wenn er zu seinen rhetorisch brillanten Ausführungen anhob, seinen Platz verlassen und durch den Saal schreiten, den Blick gekonnt vom Gericht zu den übrigen Prozessbeteiligten schweifen lassen und sich insbesondere immer wieder dem Publikum zuwenden, in dem nicht selten zahlreiche Pressevertreter saßen, die er gern mit seinen rhetorischen Fragestellungen in seine Gedankenführung einband. Tagte die Große Strafkammer als Schwurgericht, ging es also um sogenannte Kapitalverbrechen, war der äußere Rahmen für Trost perfekt. Des öffentlichen Interesses an solchen Verfahren gewiss, präsentierte er sich glanzvoll und schnalzte mit der Zunge, wenn es ihm gelang, Zeugen, Staatsanwaltschaft und das Gericht aufs Glatteis zu führen. Dabei gab er sich äußerlich gern konziliant und nachsichtig und schnaufte genussvoll, wenn er registrierte, dass das Gericht bei seinen lichtvollen Ausführungen auf die auf der Richterbank präsente Kommentarliteratur zugriff, um sich der Richtigkeit der von ihm dargebotenen juristischen Feinheiten zu versichern.
    Dr. Gereon Trost hatte vor Kurzem seine Kanzlei an den neuen Phönix-See im Dortmunder Stadtteil Hörde verlegt.
    »Jugendstil war gestern, neue Sachlichkeit mit Ambiente und Lifestyle ist heute«, hatte er den Journalisten in den Block diktiert, als er sein altes
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