Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Rasputins Erbe

Rasputins Erbe

Titel: Rasputins Erbe
Autoren: Norah Wilde
Vom Netzwerk:
war.
    Er musste es sein, denn er hatte diesen starren Blick. Augen wie Eissplitter – Julia merkte wie lächerlich ihre stille Beschreibung klingen musste und schaffte es endlich, sich Katarina Gromow zuzuwenden, die nun ebenfalls aufgestanden war und Julia die rechte, freie Hand entgegenstreckte. Julia spürte den Blick des Russen in ihrem Rücken, als sie die Hand seiner Frau schüttelte. Diese machte Julia's Verwirrung perfekt, als sie lächelnd meinte: „Keine Angst, wir sind geschieden.“ Julia antwortete: „Ja, gut.“ Sie hätte sich am liebsten die Zunge abgebissen. Konnte es noch schlimmer werden?
    Als sich auch Alexej's Ex-Frau wieder gesetzt hatte, stand Annabelle Desens auf, um Julia's Hand so stark zu drücken, dass sie sich einen Laut verkneifen musste. Wortlos setzte sie sich wieder auf ihren Stuhl. Julia dachte leicht amüsiert, dass sie aussah wie ein schmollendes Schulmädchen. Allerdings hatte sie für ein Schulmädchen einen erstaunlich festen Griff.
    Als Julia sich ebenfalls setzte, bemerkte sie, dass sie tatsächlich versäumt hatte, in der Vorstellungsrunde ihren eigenen Namen zu nennen. Sie dachte abermals: „Wie kann man nur so blöd sein.“ Diesmal glücklicherweise nicht halblaut, sondern totenstill. Sie meinte sich allerdings zu erinnern, dass Peer ihren Namen vor wenigen Minuten bereits genannt hatte – so schlimm ist das alles in der Werbebranche ja ohnehin nicht, versuchte sie sich aufzumuntern.
    Peer ergriff wieder das Wort: „So, da wir uns nun alle kennengelernt haben, möchte ich unseren Gästen kurz erklären, was wir heute mit ihnen vorhaben.“ Er erzählte im Telegrammstil, welche Ziele er mit seiner FemediaX GmbH verfolgte und warum seine Werbeagentur sich von anderen Agenturen unterschied. „Wir haben uns von Beginn an auf weibliche Endkunden konzentriert, um Unternehmen wie ihrem“, er nickte Frau und Herr Gromow lächelnd zu, „die perfekte Lösung aller Werbeprobleme zu bieten.“
    Nachdem Peer seine kleine Einführungsrede beendet hatte, begann Katarina zu sprechen, während sie an ihrer Handtasche herumnestelte und endlich die Zigarettenpackung fand (Gitanes), der sie eine entnahm und in ihre Zigarettenspitze steckte: „Vielen Dank für die freundliche Begrüßung, Peer. Ich werde nun – hoffentlich ebenfalls kurz und prägnant – erklären, was unser Problem ist und warum wir glauben, dass wir zusammenarbeiten sollten.“ Sie widmete sich wieder den Innenräumen ihrer Handtasche, fand darin jedoch nicht das Gesuchte und wendete sich an die immer noch schmollende Annabelle, deren Rolle Julia bisher nicht klar gewesen war. „Belle, hast du die Unterlagen?“ Belle, die offenbar per Du mit der vermeintlichen Zarin war, zischte zurück: „Ja, wer sonst sollte sie haben?“
    Sie stand genervt auf, um die Dokumente an die Anwesenden zu verteilen. Es handelte sich um verkleinerte Werbeplakate, die scheinbar von einer anderen Agentur angefertigt worden waren. Julia sah auf den ersten Blick, dass das keine Profis gewesen sein konnten und ahnte, worum es bei diesem Treffen gehen würde. Bisher hatte sie ihre eigenen Unterlagen und vor allem ihre mittlerweile überflüssig gewordene Präsentation nicht gebraucht.
    Peer ist tatsächlich ein Schlitzohr, dachte Julia verärgert und auch erleichtert. Er hatte offenbar sofort bemerkt, dass Julia sozusagen mit leeren Händen angekommen war und hatte seine Rede zu Beginn improvisiert. Julia war froh, dass dieser Kunde, von dem sie das exakte Gegenteil vermutet hatte, an so etwas Profanes wie Fotokopien gedacht hatte. Damit konnte sie arbeiten. Und auch Deniz würde damit etwas anfangen können, dachte sie, als sie ihren Kollegen aus dem Augenwinkel betrachtete.
    Katarina ergriff abermals das Wort und deutete auf die Fotokopien, welche Annabelle, die offensichtlich eine Art Sekretärin oder Assistentin war, so entnervt verteilt hatte. „Wie Sie sehen können, hat die Agentur, deren Namen wir aus verständlichen Gründen nicht nennen wollen, Mist gebaut. Wir stellen Unterwäsche her, das dürfte Ihnen ja bereits bekannt sein. Leider hat die sogenannte Kreativabteilung Ihrer Konkurrenz das nicht wirklich verstanden und DAS hier fabriziert.“ Sie hielt eines der Dokumente in die Höhe, zeigte mit einem Grinsen ihre erstaunlich weißen Zähne und zog genüsslich an ihrer Zigarettenspitze.
    Alle Beteiligten außer der Sekretärin des Gromow-Unternehmens schauten sich das besagte Dokument an. Niemand sprach und als Julia
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher