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Rasputins Erbe

Rasputins Erbe

Titel: Rasputins Erbe
Autoren: Norah Wilde
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Träumen auf die Nacht verlegst.“ Julia musste grinsen, denn sie dachte natürlich an den Traum, den sie in der vorigen Nacht gehabt hatte und würde nur zu gern den Ausdruck in Peers Gesicht sehen, wenn sie ihm von ihrem Traum erzählen würde. Sie schwieg jedoch und ließ Peer allein im Konferenzraum zurück.
    Ein Blick auf ihre Uhr verriet Julia, dass es kurz vor 11:00 Uhr war und sie somit eigentlich bereits in die Mittagspause gehen konnte. Vorher stattete sie jedoch Deniz einen Besuch in seinem kleinen Büro ab. Er saß an seinem Schreibtisch und klickte sich durch sein Profil auf Facebook, als sie nach einem kurzen Klopfen eintrat. Er machte sich nicht die Mühe, den Browser zu schließen – er vertraute Julia.
    Er vertraute ihr sogar mehr als ihr manchmal lieb war. Bevor er ihr von seinem Ex-Freund erzählen konnte und wo er sich wieder herumgetrieben hatte (Deniz war mit den Fähigkeiten eines Stalkers gesegnet, wenn es darum ging, seine Verflossenen ausfindig zu machen. Harmlos zwar, aber doch hartnäckig.), meinte Julia, als sie sich auf die Schreibtischkante setzte: „Hör mal, du hast vorhin wirklich erstklassige Arbeit geleistet. Wenn du die Backups unserer Präsentation nicht parat gehabt hättest...“
    Deniz löste seine Augen nur widerwillig vom Bildschirm seines Laptops, aber dann setzte sich die vernünftige Seite in ihm durch und er schloss den Deckel; diesmal vorsichtig, bedächtig. „Jaja, kein Problem. Es wäre allerdings nett gewesen, wenn du wenigstens Bescheid gesagt hättest. Wir saßen hier auf heißen Kohlen und Peer hätte seinen Dampf am liebsten an mir ausgelassen. Du solltest nicht mir danken, sondern dieser Katarina. Die hat den Laden vorhin zusammengehalten. Der Alte hat zwar ein paar Witze gerissen, aber den verrückten Russen hat das nicht interessiert. Der wollte schon nach zehn Minuten verschwinden, aber seine Ex hat ihn offenbar ganz gut im Griff.“
    Julia wurde hellhörig: „Wie meinst du das, 'verrückter Russe'?“ „Ja, hast du seine Augen nicht gesehen? Der Typ hat mir Angst gemacht. Klar, er sieht blendend aus, aber solche Typen meide ich in den Clubs. Wer weiß, was der mit einem anstellt, wenn man erst mal mit ihm alleine ist!“
    Julia war froh, dass sie sich die verstörende Wirkung von Alexej Gromow nicht eingebildet hatte und Deniz ihren Eindruck bestätigen konnte. Von der Seite hatte sie das Ganze noch gar nicht betrachtet. Außerdem war sie erleichtert, dass Deniz ihr nicht wieder von seiner gescheiterten Beziehung mit – wie hieß er noch? - Chris oder Marc oder Sebastian erzählte.
    Sie ließ Deniz in seinem Büro sitzen und ging zu ihrem eigenen Arbeitsplatz, um sich ein paar Notizen zu machen. Sie überlegte gerade, ob sie sich ihre Aktentasche von zu Hause noch holen sollte, entschied sich jedoch dagegen, wohl wissend, dass sie dort wieder nur Zeit vertrödeln würde, denn sie dachte bereits jetzt an den verlockenden Inhalt ihrer Nachttischschublade und wusste, dass heute nicht der richtige Tag war, um gleich zweimal zu spät zu kommen.
    So tippte sie nur schnell ein paar Gedankenfetzen in ihren Computer in ihrem Büro und wollte danach in die Mittagspause gehen. Es war zwar immer noch nicht 12:00 Uhr, aber wenn sie es geschickt anstellte, würde niemand etwas bemerken. Sie verspürte eine kaum zu bändigende Lust auf Kaffee in ihr aufkeimen - „Wo ist denn bloß mein Mantel?“, dachte sie, als sie sich in ihrem Büro ein paar Pirouetten gedreht hatte.
    Ihr fiel ein, dass sie ihn im Konferenzraum abgelegt hatte. Als sie dorthin zurückging, konnte sie durch die Milchglaswände sehen, dass jemand darin saß. Sie öffnete die Tür vorsichtig und prustete beinahe laut los. Peer saß, nein, er hing, immer noch in seinem Stuhl, die Hände auf seiner Weste gefaltet, den Kopf im Nacken, mit geöffnetem Mund und geschlossenen Augen.
    Ein Bild für die Götter, dachte Julia. Endlich sieht man die Fledermaus nochmal in ihrer ganzen Pracht. Peer Mendelsohn wurde von allen heimlich Fledermaus genannt, weil er extrem spitze Eckzähne hatte, die in dieser Pose natürlich sehr präsent waren, und er dazu neigte, Nickerchen in den unmöglichsten Situationen zu machen, selbst dann, wenn das Haus um ihn herum abfackelte. Julia schlich zu ihrem Platz und nahm ihren Mantel vom Stuhl.
    Sie spielte mit dem Gedanken, die Tür laut ins Schloss fallen zu lassen, aber ihr passte es besser, dass ihr Chef schlief. So konnte sie nämlich schon jetzt, um 11:39 Uhr, ihre
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