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Rasputins Erbe

Rasputins Erbe

Titel: Rasputins Erbe
Autoren: Norah Wilde
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nochmals treffen – ich hoffe, es ist okay, wenn ich dich ebenfalls duze? Peer hatte nichts dagegen.“ Julia nickte, sowohl, um zu bestätigen, dass sie verstanden hatte, als auch um zu signalisieren, dass das Du ihr ebenfalls lieber wäre. Eigentlich war das gelogen, denn sie befürchtete, dass sie diese Art der Nähe heute Abend noch in weitere schwierige Situationen mit Alexej bringen könnte.
    Julia und Katarina diskutierten eifrig, wie die Kampagne für den kommenden Frühling aussehen sollte, als eine Bedienung nach der Bestellung fragte. Julia hatte die Speisekarte bereits flüchtig angeschaut, als sie eben diese als Schutzschild vor Alexej's Blicken genutzt hatte. Sie entschied sich für das Rinderfilet mit gebratener Gänseleber, Madeirajus und gehobeltem Trüffel. Peer und Alexej wählten beide das Filet „Le Patron“ und Katarina gönnte sich den bretonischen Hummercocktail mit Wildkräutersalat.
    Julia war froh, dass das Essen rasch gebracht wurde. Obwohl sie im Smalltalk stets gut gewesen war, hatte sie Schwierigkeiten, ein Gespräch mit Katarina oder Alexej zu beginnen. Peer übernahm die Rolle des Unterhalters, Katarina war eine gönnerhafte Zuhörerin und Alexej blieb weiterhin still.
    Julia hatte gerade erst die Serviette fachgerecht auf ihrem Schoß ausgebreitet, als sie Alexej fluchen hörte. Es war offensichtlich Russisch, denn sowohl Peer als auch Julia schauten sich bloß verdutzt an. Katarina antwortete Alexej in schnellem Russisch und Alexej schnaubte. Er fing Julias erstaunten Blick auf und seine bis dahin düstere Miene änderte sich schlagartig. Er lächelte oder zumindest glaubte Julia, dass es sich um ein Lächeln handelte und meinte scherzhaft: „Ich hatte nicht gesehen, dass mein Gericht in Knoblauch gegart wird. Ich wollte meinen frischen Atem heute eigentlich noch etwas länger erhalten.“
    Julia lachte gezwungen und dachte, dass so etwas nicht unbedingt ein Grund für diese Art von Ausraster war, entschied jedoch, dass die meisten Menschen irgendwelche Marotten haben.
    Katarina mischte sich ein und meinte, ebenfalls lachend: „Mein Ex-Mann treibt sich abends gern herum. Knoblauch-Atem passt ihm da nicht so in den Plan.“ Alexej sagte wieder etwas auf Russisch, diesmal leise, dennoch bestimmt. „Ach stell dich nicht so an“, war Katarina's Antwort. Sie widmete sich ihrem Hummercocktail und begann ein Gespräch mit Peer, der offenbar abwägte, ob sein Atem an diesem Abend ebenfalls noch eine tragende Rolle spielen würde oder nicht, denn er hatte ja dasselbe Gericht gewählt.
    Julia fand, dass das Eis nun endlich gebrochen war und versuchte sich ihrerseits an einem Gespräch mit Alexej, was dieser dankbar annahm. Er wirkte wie ausgetauscht, was Julia als gutes Zeichen deutete. Je länger sie sich mit ihm unterhielt, desto lockerer wurde sie. Sie kamen von Hölzchen auf Stöckchen, was Peer und Katarina offensichtlich begrüßten, denn sie tauschten verstohlene Blicke aus. Ihnen war bewusst, dass der offensichtlich launische Alexej das Zünglein an der Waage war und am Ende entscheiden würde, ob der Deal tatsächlich zustande kommen würde oder nicht.
    Julia erzählte ein wenig vom Landleben und Alexej gab Bruchstücke seiner Kindheit preis, offenbar war er schon reich geboren worden und hatte sein Vermögen ursprünglich seinen Eltern zu verdanken. Julia fragte, wie er in die Unterwäschebranche gekommen wäre, da sie sich russische Unternehmer eigentlich stets als Vodka- oder (und dafür schämte sie sich ein wenig) Waffenhändler vorgestellt hatte.
    Alexej meinte verschmitzt, dass seine Vorliebe für das weibliche Geschlecht ihn dazu gebracht hätte, aus dem Klamotten-Imperium der älteren Gromow-Familie ein moderneres Unternehmen zu machen. Ein Teil der Fabriken hätte sich von da an auf Kleidung konzentriert, die Frauen dabei helfen würde, ihre Problemzonen zu kaschieren oder hervorzuheben. Nach einer Marktanalyse fand sein Team offenbar heraus, dass in Deutschland noch Raum für einen neuen Konkurrenten war. So entstand die Softlift Unterwäsche GmbH.
    Julia hatte fasziniert an seinen Lippen gehangen. Alexej hatte eine tiefe, maskuline Stimme und er war ein guter Erzähler. Julia wunderte sich, warum er nicht vorher schon aufgetaut war, war letztendlich aber einfach froh, dass sie sich so gut verstanden.
    Obwohl der vermeintliche Protagonist aus ihrem Traum genau vor ihr saß, hatte sie ihre Nachtfantasie vorerst völlig vergessen.
    Nach dem Essen bestellten alle noch
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