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Rankin, Ian - Rebus - 06 - Blutschuld

Rankin, Ian - Rebus - 06 - Blutschuld

Titel: Rankin, Ian - Rebus - 06 - Blutschuld
Autoren: Ian Rankin
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für diesen Tag und seine Bedeutung.«
    Rebus verlagerte sein Gewicht auf dem Stuhl. In letzter Zeit bereiteten ihm Pater Learys Gespräche nicht mehr nur Vergnügen. Sie hatten etwas Missionarisches an sich. »Sollten wir nicht langsam zum Thema kommen?«, fragte er.
    Pater Leary lächelte. »Die protestantische Arbeitsethik.«
    »Sie haben mich nicht mitgenommen, um mich zu bekehren.«
    »Einen sauertöpfischen Kerl wie Sie würden wir gar nicht wollen. Abgesehen davon fiele es mir leichter, in Murrayfield einen 50-Yards-Strafstoß bei Seitenwind zu verwandeln als Sie in einen Katholiken.« Er verpasste der Luft einen Schwinger. »Ach, es ist auch eigentlich gar nicht Ihr Problem. Vielleicht ist es überhaupt kein Problem.« Er strich mit einem Finger an der Bügelfalte seiner Hose entlang.
    »Sie können mir trotzdem davon erzählen.«
    »Kleiner Rollentausch, wie? Na ja, was in der Art hatte mir sowieso vorgeschwebt.« Er setzte sich etwas aufrechter hin, wodurch er dem überdehnten Stoff ein Ächzen entlockte. »Also dann. Kennen Sie Pilmuir?«
    »Seien Sie nicht albern.«
    »Klar, blöde Frage. Und in Pilmuir das Garibaldi Estate?«
    »Das Gar-B, die übelste Siedlung der Stadt, vielleicht sogar des ganzen Landes.«
    »Da wohnen etliche gute Leute, aber im Prinzip haben Sie Recht. Deswegen hat die Kirche einen Sozialarbeiter da hingeschickt.«
    »Und der steckt jetzt in Schwierigkeiten?«
    »Möglicherweise.« Pater Leary leerte sein Glas. »Das war meine Idee. In der Siedlung gibt es ein Gemeindezentrum, nur war es seit Monaten geschlossen. Ich dachte, wir könnten es als Jugendklub wieder eröffnen.«
    »Für Katholiken?«
    »Für beide Konfessionen.« Er lehnte sich zurück. »Sogar für die Ungläubigen. Das Garibaldi ist überwiegend protestantisch, aber Katholiken gibt’s da auch. Wir bekamen das Okay und stellten etwas Geld bereit. Ich wusste, dass wir als Leiter jemand Besonderes brauchten, jemand wirklich Dynamisches.« Er boxte in die Luft. »Jemanden, der es schaffen würde, die zwei Seiten zusammenzubringen.«
    Mission impossible , dachte Rebus. Dieser Plan wird sich in zehn Sekunden selbst vernichten.
    Das vielleicht größte Problem des Gar-B war die konfessionelle Trennung – oder das Fehlen einer solchen, je nachdem, wie man die Sache betrachtete. Protestanten und Katholiken wohnten in denselben Straßen, denselben Hochhäusern. Sie lebten größtenteils in relativer Harmonie und gleicher Armut. Aber da man in der Siedlung wenig unternehmen konnte, neigten die Jugendlichen dazu, sich in rivalisierenden Gangs zu organisieren und gegenseitig zu bekriegen. Jedes Jahr gab es wenigstens eine offene Stra- ßenschlacht, bei der die Polizei einschreiten musste; meist im Juli, meist um den heiligen Tag der Protestanten, den zwölften.
    »Also haben Sie den SAS hingeschickt?«, fragte Rebus. Pater Leary bekam den Witz nicht gleich mit.
    »Gar nicht«, sagte er, »bloß einen jungen Mann, einen ganz gewöhnlichen jungen Mann, aber von großer innerer Kraft.« Seine Faust zerteilte die Luft. »Spiritueller Kraft. Eine Zeit lang sah es katastrophal aus. Niemand kam zum Klub, die Fenster wurden eingeschlagen, kaum dass wir sie repariert hatten; die Graffiti wurden immer schlimmer und immer aggressiver. Aber dann gelang ihm allmählich der Durchbruch. Das erschien wie ein Wunder. Die Besucherzahlen stiegen, und von beiden Seiten traten Jugendliche dem Klub bei.«
    »Was ist also schief gelaufen?«
    »Sagen wir, es ist einfach nicht ganz richtig gelaufen. Ich hatte gedacht, sie würden Sport treiben, vielleicht eine Fußballmannschaft gründen oder so was. Wir kauften die Trikots und stellten den Antrag, in die Bezirksliga aufgenommen zu werden. Aber die Jungs waren nicht interessiert. Sie wollten nichts anderes tun, als in den Räumen des Jugendzentrums herumhängen. Und das Gleichgewicht stimmt mittlerweile auch nicht mehr. Es kommen keine neuen Katholiken dazu. Die meisten von ihnen bleiben ganz weg.« Er sah Rebus an. »Aber das ist nicht das eigentliche Problem, klar?«
    Rebus nickte. »Die prod-Gangs haben den Klub vereinnahmt?«
    »Das hab ich nicht gesagt.«
    »Hat für mich so geklungen. Und Ihr … Sozialarbeiter?«
    »Er heißt Peter Cave. Oh, er ist noch immer da. Sogar zu oft für meinen Geschmack.«
    »Ich weiß noch immer nicht, wo das Problem liegt.« Das tat er zwar durchaus, aber er wollte es im Klartext hören.
    »John, ich habe mit Leuten aus der Siedlung gesprochen, und aus ganz Pilmuir.
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