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Rankin, Ian - Rebus - 06 - Blutschuld

Rankin, Ian - Rebus - 06 - Blutschuld

Titel: Rankin, Ian - Rebus - 06 - Blutschuld
Autoren: Ian Rankin
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waren Sie effektiver.«
    »Ich war ein wandelnder Punchingball.«
    »Aber Sie sind immer noch am Leben.«
    »Sie würden sich auch garantiert zu Tode grämen, wenn’s nicht so wär.«
    Die Sonne hatte schließlich doch den Kürzeren gezogen. Die Straßenlaternen brannten. An diesem Abend tummelte sich eine unübersehbare Menschenmenge auf den Straßen. Von Silvester einmal abgesehen, war das für die Stadt die wichtigste Nacht des Jahres. Der ganze Verkehr strömte in Richtung Zentrum, wo die allermeisten Parkplätze bereits seit Stunden belegt waren.
    »Familien«, erklärte Rebus, »unterwegs zum Feuerwerk.«
    »Ich dachte, wir wären unterwegs zum Feuerwerk«, entgegnete Abernethy, wieder lächelnd.
    »Sind wir auch«, meinte Rebus ruhig.
    Es gab niemals Wegweiser für Orte wie das Gar-B, woraus man schließen durfte, dass man da nur hinwollen konnte, wenn man schon mal da gewesen war. Aus einer Laune heraus fuhr niemand dorthin. Rebus nahm die Abzweigung an der Giebelwand – GENIESSEN SIE IHREN AUFENTHALT IM GAR-B – und bog in die Zufahrtsstraße ein.
    »Neun Uhr«, stellte er fest.
    Abernethy sah auf seine Uhr. »Auf die Minute.«
    Aber Rebus hörte nicht zu. Er beobachtete einen Lieferwagen, der mit Vollgas auf sie zugerast kam. Die Straße war gerade mal breit genug für beide Fahrzeuge, und der Fahrer schien nicht sonderlich aufzupassen. Er war tief vorn- übergebeugt und starrte nur in den Seitenspiegel. Rebus stieg gleichzeitig auf Bremse und Hupe und riss das Lenkrad herum. Die Rostlaube schlitterte seitwärts, als habe sie Eis unter den Rädern. Das war der Nachteil spiegelglatter Reifen.
    »Raus!«, schrie Rebus. Abernethy brauchte keine zweite Aufforderung. Der Fahrer hatte sie endlich gesehen. Der Lieferwagen kam schlingernd zum Stehen. Er knallte dabei gegen die Fahrertür. Rebus riss die Tür des Lieferwagens auf und zerrte Jim Hay heraus. Er hatte schon von Leuten gehört, die weiß wie ein Laken, bleich wie ein Gespenst ausgesehen hatten, aber Jim Hay sah noch blasser aus. Rebus hielt ihn aufrecht.
    »Der is’ völlig durchgeknallt!«, kreischte Hay.
    »Wer?«
    »Soutar.« Hay sah die ganze Zeit nach hinten, die Straße entlang, die sich wie eine Schlange ins Gar-B hineinwand. »Ich bin bloß der Lieferant, nicht das … nicht das.«
    Abernethy trat, sich abklopfend, heran. Seine Jeans hatten keine Knie mehr.
    »Sie liefern das Zeug«, sagte Rebus zu Hay, »den Sprengstoff, die Waffen?«
    Hay nickte.
    Ja, der ideale Lieferant, mit seinem kleinen Theaterbus, voll gestopft mit Kisten und Requisiten, Kostümen und Kulissen, Schießeisen und Granaten. Lieferte von der Ostzur Westküste, wo dann umgeladen wurde und andere übernahmen.
    »Festhalten«, befahl Rebus. Abernethy sah ihn an, als verstünde er nicht. »Festhalten!«
    Dann ließ Rebus Jim Hay los, kletterte in den Lieferwagen und fuhr ihn rückwärts aus der Karosserie seines Autos, wendete und brauste zurück ins Gar-B. Als er den Parkplatz erreichte, riss er den Lenker herum und bretterte mit Vollgas über die Betonkante auf den Rasen und dann weiter auf das Jugendzentrum zu.
    Es war niemand da, keine Menschenseele. Die Tür-zuTür-Befragung war für den Tag eingestellt worden und hatte nichts erbracht. Im Gar-B redete man ganz einfach nicht mit den Bullen. Das war eine Regel, so elementar wie das Einund Ausatmen. Die Garagen, an denen er vorbeikam, waren untersucht und für unbedenklich erklärt worden – obwohl eine davon eine auffällige Anzahl von TV-Geräten, Videorekordern und Camcordern enthalten hatte und eine andere offensichtlich wiederholt zum Klebstoffschnüffeln und Crackrauchen aufgesucht worden war.
    Keine Nachbarn standen draußen herum, um die Ereignisse des Tages zu kommentieren. Sogar im Jugendzentrum herrschte Totenstille. Er bezweifelte, dass die Einwohner des Gar-B Leute waren, die sich von einem Feuerwerk anlocken ließen … jedenfalls unter normalen Umständen.
    Die Tür stand offen, also ging Rebus hinein. Eine Blutspur führte in einem Bogen von der Bühne zur hinteren Wand. Dort lag, oder eher saß, Kilpatrick in sich zusammengesackt. Auf halbem Weg dorthin hatte er, vielleicht um besser atmen zu können, seinen Schlips abgenommen. Er war noch am Leben, aber er mochte schon einen guten halben Liter Blut verloren haben. Als Rebus sich neben ihn hockte, klammerte sich Kilpatrick mit bluttriefenden Fingern an ihn und hinterließ einen roten Handabdruck auf seinem Hemd. Seine andere Hand lag schützend auf
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