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After Moonrise (German Edition)

After Moonrise (German Edition)

Titel: After Moonrise (German Edition)
Autoren: P.c. Cast
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1. KAPITEL
    D erVater des Schulhofschlägers war schuld daran gewesen, dass Raef seine Gabe entdeckt hatte. Das war jetzt fünfundzwanzig Jahre her, aber für Raef war die Erinnerung so frisch wie der Kaffee, den er am Morgen getrunken hatte. Sein erstes Mal vergisst man einfach nicht. Nicht den ersten Orgasmus, nicht den ersten Rausch, nicht den ersten Toten. Und verdammt sicher nicht das erste Mal, dass man die gewalttätigen Emotionen anderer gespürt hat.
    Der Name des Schlägers war Brandon. Er war groß gewesen, hatte mit dreizehn schon wie ein Fünfunddreißigjähriger ausgesehen – wie ein verlebter Fünfunddreißigjähriger. Zumindest in den Augen des neunjährigen Raef. Nicht dass Brandon es auf Raef selber abgesehen hätte – jedenfalls nicht speziell. Brandon hatte am liebsten Mädchen geärgert. Aber nicht, indem er sie schlug. Was er getan hatte, war noch schlimmer gewesen: Er hatte herausgefunden, wovor sie sich fürchteten, und sie dann mit dieser Angst gequält .
    Warum, das fand Raef an jenem Tag heraus, als Brandon mit einem toten Vogel auf Christina Kambic losging. Christina war weder besonders hübsch noch besonders hässlich. Sie war einfach nur ein Mädchen. Auf den jungen Raef wirkte sie wie jedes andere Mädchen im Teenageralter: Sie hatte Brüste und redete viel, zwei Dinge, von denen Raef damals selbst mit neun Jahren schon begriff, dass sie zu den guten und schlechten Eigenschaften gehörten, die eine Frau ausmachten .
    Brandon interessierte sich nicht wegen ihrer Brüste oder ihrem Gerede für Christina, sondern weil er irgendwie herausgefunden hatte, dass sie schreckliche Angst vor Vögeln hatte .
    Die Ereignisse, die sich in Raefs Erinnerung gebrannt hatten, hatten nach der Schule angefangen. Brandon war in die gleiche Richtung nach Hause gegangen wie Raef und sein bester Freund Kevin, aber auf der anderen Straßenseite. Hinter ihm lief eine Gruppe Mädchen, die kicherten und in atemberaubender Geschwindigkeit tuschelten. Brandon ging wie gewöhnlich allein. Offenbar hatte er keine richtigen Freunde. Raef kümmerte sich kaum um ihn und bemerkte nur am Rande, dass er irgendetwas im Rinnstein vor sich her kickte .
    Raef und Kevin unterhielten sich über das Auswahlspiel für das Baseballteam der Schule. Er selbst wollte Feldspieler werden; Kev wollte Werfer sein. „Klar, dein Wurfarm ist besser als Tommys“, sagte Raef zu seinem Freund. „Der Coach nimmt auf keinen Fall …“
    In dem Augenblick fing Christina an zu heulen .
    „Nein, bitte nicht, hör auf! “, flehte sie unter Tränen. Zwei ihrer Freundinnen liefen kreischend davon. Zwei weitere standen noch neben ihr und schrien Brandon an, er solle aufhören .
    Der ignorierte sie alle. Er hatte Christina bis an den Zaun von Mr Fultons Vorgarten zurückgedrängt, hob den zermatschten Körper einer offensichtlich überfahrenen Krähe hoch und hielt ihn Christina dicht vors Gesicht. Dabei machte er alberne krächzende Laute und lachte .
    „Bitte“, schluchzte Christina, das Gesicht in den Händen verborgen. Sie drückte sich so fest gegen den Zaun, dass Raef schon glaubte, sie würde hindurchbrechen. „Ich ertrage das nicht! Hör bitte auf! “
    Raef überlegte, wie groß Brandon war und wie viel älter. Wie angewurzelt blieb er auf der anderen Straßenseite stehen, ignorierte Kevin und rührte sich nicht von der Stelle. Dann drückte Brandon den toten Vogel in Christinas Haare, und das Mädchen fing an, wie am Spieß zu schreien .
    „Hey, das ist nicht dein Problem“, rief Kevin, als Raef tief seufzte und auf die Straße trat .
    „Es braucht nicht mein Problem zu sein, wenn es derart gemein ist“, antwortete Raef über die Schulter .
    „Den Helden spielen wird dir eines Tages noch’ ne Menge Ärger einbringen“, sagte Kevin .
    Insgeheim stimmte Raef ihm zu. Trotzdem ging er über die Straße und näherte sich Brandon von hinten. Schnell, als würde er einen Ball fangen, nahm er den Vogel aus Christinas Haaren und warf ihn so weit er konnte die Straße hinab .
    „Was hast du für ein Scheißproblem, Arschloch?“, brüllte Brandon und baute sich vor Raef auf wie eine lächerliche Parodie des unglaublichen Hulk .
    „Nichts. Ich finde es nur blöd, ein Mädchen zum Weinen zu bringen. “ Raef sah um Brandons massigen Leib herum nach Christina. Sie stand immer noch da, als wären ihre Füße festgefroren, heulte und zitterte. Sie schlang die Arme um sich, als würde sie sonst auseinanderfallen. „Geh nach Hause,
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