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Rangun

Rangun

Titel: Rangun
Autoren: Christine Monson
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ergehen lassen.« Er paffte an seiner Pfeife. »Ein Tribunal kann er nicht überleben. Sie haben Beweise dafür, daß er die Offiziere getötet hat.«
    Sie hielt sich die Ohren zu. »Hören Sie auf! Sie reden nicht mit einem Kind. Ich bin genug tyrannisiert worden!« Sie wandte sich an Herriott. »Ich will bei Ram sein. Und wenn auch nur ganz wenig Zeit bleibt, ich will bei ihm sein!«
    Die Tür öffnete sich abrupt. Ein Arm schoß heraus, packte sie am Ellenbogen und zog sie hinein. »Schluß mit diesem Gezeter! Irgendwas an Ihnen muß irisch sein!« Die Tür schlug zu.
    Lysistratas Worte erstarben ihr auf den Lippen, als sie Rams ausgemergelten Körper im Delirium auf den schweißnassen Laken sah. Ein dicker Verband war um seine Brust gewickelt. Seine Augen glänzten, und über seine Lippen kam unstet Hindi. Er zerrte an den Laken, an seinem Verband, und Lighter zog rasch seine Hände fort. Als Lighter ihn festhielt, kämpfte Ram dagegen an. »Wasser«, krächzte er. Lysistrata hielt ihm schnell einen Becher an die Lippen.
    »Nein«, sagte Lighter scharf. »Er wird ersticken und eine Gehirnblutung bekommen. Ich mußte seine Wunde neu nähen. Befeuchten Sie nur seine Lippen und das Gesicht.«
    Ram saugte gierig an dem feuchten Tuch. Er nahm Lysistrata nicht wahr, wollte nur Wasser. Als das Tuch weggenommen wurde, bettelte er wieder, und seine Augen waren glasig. Trotz des scharfen Geruchs von Karbol und Chloroform hing der pestilente Gestank von Brand in der Luft.
    Bei diesem vertrauten, tödlichen Geruch erfaßte Lysistrata Entsetzen. »Sie sehen, wie es ist«, sagte Lighter. »Wäre der Prozeß nur einen Tag kürzer gewesen, hätte er eine Chance gehabt.«
    Sie blickte in Rams leere Augen. Sie erinnerte sich an ihre Krankheit in Khandahoor. Nada. Dieser ferne, zärtliche Traum von Tod. Sie fürchtete diese schreckliche Loslösung so sehr wie die Infektion. Mit den Gefahren und Freuden von Nada lang vertraut, hatte er sie rücksichtslos daraus gerissen, als ihre Schlangenbißwunde brandig geworden war. Aber welche Drogen hatte er benutzt? Opium. Breiumschläge und
    Kräutertränke. »Sind Sie zu Experimenten bereit, Dr. Lighter?« fragte sie drängend.
    Er bemerkte die Verzweiflung in ihrer Stimme. » Kommt darauf an. Woran denken Sie?«
    Sie erzählte es ihm.
    Er blickte zweifelnd, zuckte dann die Schultern, .«Ein bißchen Hexendoktorzauber kann auch nicht mehr schaden.«
    Lighter sollte seine Zustimmung bald bedauern. Nachdem Ma Saw mit den Zutaten für eine Arznei von einem Sayah zurückgekehrt war, der der beste in Rangun war, wie sie sagte, bekam Ram etwas davon. Der Mann bekam Krämpfe. »Etwas stimmt nicht.« Lysistrata fuhr sich verzweifelt durchs Haar. »An eine solche Reaktion erinnere ich mich nicht.«
    »Entweder haben wir etwas falsch gemacht oder etwas vergessen.« Lighter verzog das Gesicht. »Wir müssen den Sayah selbst konsultieren.«
    Der Sayah kam, um sein Urteil abzugeben und noch wunderlichere Tränke zu brauen. Ram wurde Stunde um Stunde vom Fieber geschüttelt, bis sein Toben nachließ und er nur noch trocken krächzte. Sie zerschlugen einen vierzig Pfund schweren Eisblock aus Harrys Club und packten die Stücke um Rams brennenden Körper. Der Sayah schüttelte angesichts solch barbarischer Behandlung eines Kranken den Kopf, artikulierte seine Meinung mit typisch birmanischer Toleranz, aber nicht laut. Ma Saw und San-hla eilten zum Shwe Dagon, um Gebetszettel zu verbrennen, kehrten dann mit Dienern aus der Nachbarschaft zurück, die auf Küchentöpfe schlugen, um die bösen Nats zu vertreiben. War eine Truppe erschöpft und fast taub, löste die nächste sie ab. Die Chinesen darunter brachten Joss-Glücksbriefe mit, die an allen Türen und Fenstern hingen, bis das Haus wie für ein Fest geschmückt war.
    Lysistrata beäugte die Joss-Briefchen mit stummem Entsetzen. Sie raschelten wie ersterbendes, sehnsuchtsvolles Geflüster bei Nacht. Am Tage gaben sie Echos unabänderlichen Bedauerns von sich. Sie klapperten wie Skelette. Ram, der ihr so oft fern gewesen war, war nun unerreichbar, obwohl er unter ihren Händen lag. Drei Tage lang drang der Lärm, der die Nats vertreiben solle, in ihren Verstand, bis sie wie ein in die Enge getriebenes Tier aussah. Schließlich saß sie reglos neben Rams Bett und wartete darauf, daß der Lärm aufhörte. Dr. Herriott stand im Türeingang und beobachtete sie bis Mitternacht. Dann mischte er ein Pulver in eine Tasse warmes Bier. »Trink das.« Als sie nicht
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