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Rangun

Rangun

Titel: Rangun
Autoren: Christine Monson
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schützen, und blickte auf die zitternde Kontur seiner Hand. Sein Kopf und seine Zunge fühlten sich geschwollen an. Er wollte Wasser. Schweiß rann von seinem Körper, tropfte zu Boden. Durch die weißen Fassaden der Gebäude war die Sonne noch greller und das Schweigen nach all dem Lärm betäubend, als er ziellos über die staubige Straße wankte. Nirgendwo war Hilfe. Lysistrata war nirgendwo. Das lockende, schöne Bild war verschwunden. Eine Straße stieß auf die nächste, dann wieder eine andere, jede schmaler, schlechter und verlassener, bis seine Knie plötzlich nachgaben und auf scharfe Steine schlugen. Schlamm quoll durch seine gespreizten Finger. Er saß schlaff an eine bröckelnde Wand gelehnt. Er spürte die Hitze jetzt mehr als den Schmerz und musterte den feuchten Schlamm in seinen Händen, dann das naßkalte Wasser darum. Wasser. Der schmutzige Spiegel zeigte ein irgendwie bekanntes Gesicht. Nicht Lysistratas. Er hob schwach eine Hand, um das Gesicht beiseite zu wischen, verlor den Halt an der Wand und sank in den Schlamm. In warme, feuchte Schwärze.
    Naswral warf einen raschen Blick auf den schmalen, sonnengleißenden Eingang zu der Gasse und zog dann sein Messer. »Schade auch, daß ich dich nicht ertränken kann, aber eine Zunge, die ich nicht richtig zum Schweigen bringen konnte, hat heute geredet. Diesen Fehler werde ich nicht wieder machen.« Er hob Rams schmutzigen Kopf hoch.
    »Rühr keinen Muskel, Mann«, herrschte eine scharfe Stimme. »Laß das Messer fallen.«
    Das Messer fiel in den Schmutz, aber Naswral drehte sich auf den Knien, wobei seine Hand nach dem Revolver griff.
    Aus dem gelben Funkeln feuerte Harry.
    Die Untergebenen folgten ihm langsam, um den toten Mann zu betrachten, der ausgestreckt im Schlamm lag. »Sie hätten erwähnen sollen, Sir«, stellte einer fest, »daß ein Adams-Revolver auf seinen Schädel gerichtet war.«
    Als Harry sich kniete, um Ram auf den Rücken zu drehen, zwinkerte der Untergebene. »Scheint, als hätte der auch das Ende der Straße erreicht.«
    Der junge Offizier, der ihm gegenüber hockte, öffnete Rams Hemd und rümpfte die Nase über den stechenden Gestank der Wunde. »Kein Wunder. Was machen wir mit ihm, Leutnant?«
    »Sie tragen ihn.«
    Der junge Offizier blickte auf seine makellose Uniform, dann auf den mit Schlamm und Unrat beschmierten Ram. »Sir?«
    Harry lächelte grimmig. »Zumindest bis ich einen Gharry finde.«
    »Könnten wir nicht warten, bis Sie...« setzte der Untergebene an.
    »Sie haben gerade einen ausgezeichneten Geruchssinn bewiesen, Sir«, schnappte Harry. »Schließen Sie etwa, wir hätten Zeit?«

KAPITEL 18
Eine Frage der Stärke
    Schau in mein Gesicht.
    Mein Name ist Könnte-gewesen-sein
    DANTE GABRIEL ROSETTI
    »Ihr wußtet es also!?« griff Lysistrata Dr. Heriott und Leacock an, während sie vor Herriotts Schlafzimmertür auf und ab ging. »Ihr habt Ram vor zwei Tagen in diesem dreckigen Gefängnis besucht! Sein kritischer Zustand muß offensichtlich gewesen sein. Dieses Gemurmel im Gerichtssaal... warum habt ihr mir das nicht gesagt? Ich hatte ein Recht, das zu wissen!«
    »Ihre Aussage hätte nicht zu Rams Vorteil benutzt werden können, wenn Sie es gewußt hätten, Lysistrata«, erwiderte Leacock nur. »Er hielt es für das Beste, und Ihr Vater und ich wollten Ihnen diese zusätzliche Belastung ersparen.«
    Lysistrata erkannte die kalte Logik hinter der Argumentation des Anwalts, war aber noch wütender über ihre maskuline Anmaßung und Zusammenarbeit. Sie war fast hysterisch, weil ihr verboten war, Rams Krankenzimmer zu betreten, in dem sich Herriott und Lighter mit ihm den ganzen Nachmittag beschäftigt hatten. Mit tränenglänzenden Augen wandte sie sich an Herriott. »Das meintest du also heute morgen, als du sagtest, ich könne Ram verlieren. Nicht an ein Militärgericht, nicht an einen gottverlassenen Ort, zu dem er ins Exil geht. Du meintest, er würde durch Infektion und Vernachlässigung und die Dummheit eines Gefängnisquacksalbers sterben! Du hättest ihn ärztlich betreuen können! Das werde ich dir nie verzeihen... niemals!«
    Leacock sah Herriott erblassen und fiel ein: »Ihr Vater hatte in dieser Angelegenheit wenig zu sagen, Lysistrata. Ram wußte, daß er schwerkrank war. Er lehnte ärztliche Hilfe von Dr. Herriott und Dr. Lighter während des Prozesses ab, obwohl sie ihn dazu drängten. Er war entschlossen, Sie aus dieser Geschichte herauszuhalten, wollte aber nicht noch ein
    Militärgericht über sich
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