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Ramses 4 - Die Herrin von Abu Simbel

Ramses 4 - Die Herrin von Abu Simbel

Titel: Ramses 4 - Die Herrin von Abu Simbel
Autoren: Christian Jacq
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erstrahle…»
    Tujas Stimme erstarb in einem Seufzer so tief wie das Jenseits.

    NEUNUNDFÜNFZIG

    IM TAL DER KÖNIGINNEN, der Stätte der Schönheit und Vollkommenheit, lag Tujas Grab ganz in der Nähe von jenem, das für Nefertari vorgesehen war. Die Große königliche Gemahlin und der Pharao leiteten die Beisetzung der Witwe Sethos’. In Osiris und Hathor verwandelt, würde Tuja in einem Leib aus Licht weiterleben, das jeden Tag die aus der Weite des Himmels kommende Kraft erneuerte. Das rituelle Mobiliar, die Kanopenkrüge, die ihre Eingeweide enthielten, kostbare Stoffe, Krüge mit Wein, Gefäße mit Ölen und Salben, haltbar gemachte Speisen, die Gewänder der Priesterin, die Zepter, Halskragen und Schmuck, goldene und silberne Sandalen sowie weitere Schätze wurden in das Haus für die Ewigkeit getragen, damit Tuja sorglos auf den Pfaden des Westens und durch die Gefilde des Jenseits wandeln konnte.
    Ramses versuchte, das Leid mit gleicher Seelenstärke zu tragen wie das Glück, die Freude über den so sehr ersehnten Frieden mit den Hethitern und die Vollendung seines Tempels der Millionen Jahre wie die Trauer über Tujas Ableben. Der Sohn und der Mensch waren zutiefst niedergeschlagen, doch der Pharao durfte nicht Verrat üben an seiner königlichen Mutter, die so unerschütterlich gewesen war, daß selbst der Tod ihr nichts hatte anhaben können. Er mußte ihren letzten Willen erfüllen: Ägypten hatte Vorrang vor seinen Gefühlen, seiner Freude und seinem Kummer.
    Und Ramses unterwarf sich den Erfordernissen seines Amtes, von Nefertari unterstützt. Er hielt weiterhin das Ruder des Staatsschiffes in der Hand, als wäre Tuja noch an seiner Seite.
    Künftig mußte er lernen, ohne ihren Rat und ohne ihre tatkräftige Hilfe auszukommen. Nun fielen die Aufgaben, die Tuja erfüllt hatte, Nefertari zu. Ungeachtet der beherzten Entschlossenheit seiner Gemahlin spürte Ramses, daß die Bürde erdrückend wurde.
    Nachdem es die Morgenriten vollzogen hatte, hielt das königliche Paar jeden Tag in der Tuja und Sethos gewidmeten Kapelle des Ramesseums innere Einkehr. Der König bedurfte dieser unsichtbaren Kraft, die von den durch das Wort zum Leben erweckten Steinen und Hieroglyphen ausging. Indem sie sich mit den Seelen ihrer Vorgänger vereinten, nahmen Ramses und Nefertari dieses verborgene Licht in sich auf, das ihr Denken bestimmte.

    Nach den siebzig Tagen der Trauer hielt Ameni es für unerläßlich, Ramses über die Dinge in Kenntnis zu setzen, die keinen Aufschub duldeten. Mit seinen zwar nicht so zahlreichen, aber tüchtigen Schreibern in den Amtsstuben des Ramesseums untergebracht, war er durch Boten in ständiger Verbindung mit Pi-Ramses und hatte in der Bearbeitung seiner Schriftstücke keinen Augenblick Zeit verschwendet.
    «Die Überschwemmung ist vielversprechend», berichtete er Ramses, «das königliche Schatzhaus ist nie so gut gefüllt gewesen, die Verwaltung unserer Nahrungsmittelvorräte weist keinerlei Mängel auf, und die Handwerker arbeiten unermüdlich.»
    «Wie steht es um das Gold aus Nubien?»
    «Der Abbau und die Beförderung sind zufriedenstellend.»
    «Beschreibst du mir ein Paradies?»
    «Gewiß nicht… Aber wir bemühen uns, Tujas und Sethos’
    würdig zu sein.»
    «Und weshalb schwingt in deiner Stimme dieser Mißmut mit?»

    «Nun… Acha würde dich gern sprechen, aber er weiß nicht, ob der Augenblick…»
    «Man möchte meinen, er habe dir das Geschick des Unterhändlers beigebracht. Ich erwarte ihn in der Bibliothek.»

    Die Bibliothek des Ramesseums hätte selbst dem Haus des Lebens von Heliopolis Ehre gemacht. Tag für Tag trafen Papyrusrollen und Schrifttafeln ein, deren wohldurchdachte Anordnung und Unterbringung der Herrscher persönlich überwachte. Ohne die Kenntnis der Riten und der gelehrten Schriften wäre es nicht möglich, Ägypten weise zu regieren.
    Elegant, in einem mit farbigen Fransen besetzten Gewand aus feinstem Leinen, geriet Acha in helles Entzücken.
    «Hier zu arbeiten, Majestät, ist eine wahre Freude.»
    «Das Ramesseum wird eine der lebenswichtigen Stätten des Königreichs. Wolltest du mit mir über ein Buch der Weisen sprechen?»
    «Ich wollte dich nur sehen.»
    «Mir geht es gut, Acha. Nichts vermag den Schmerz über Tujas Tod auszulöschen, und ich werde Sethos nie vergessen, aber sie haben mir einen Weg vorgezeichnet, von dem ich nicht abweichen werde. Bereiten uns die Hethiter Verdruß?»
    «Nicht den geringsten, Majestät. Hattuschili ist von
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