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RAMSES 1 - Der Sohn des Lichts

RAMSES 1 - Der Sohn des Lichts

Titel: RAMSES 1 - Der Sohn des Lichts
Autoren: Christian Jacq
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er, denn ihreGeschicke
dürften sich schwerlich nochmals kreuzen.
    Setaou erinnerte Ramses an die Einladung, zu den
Schlangen zu gehen, versprochen sei versprochen. Diesen mißlichen Aufschub
wolle er nutzen, um einen geeigneten Ort ausfindig zu machen. Er verhehlte
nicht, wie glücklich er war, sein Talent fern der Städte zu erproben und sich
tagtäglich mit der wahren Macht auseinanderzusetzen.
    Zum Erstaunen seines Erziehers akzeptierte Ramses
diesen Rückzug in die Einsamkeit, ohne mit der Wimper zu zucken. Während die
jungen Männer seines Alters die Vergnügungen der großen Überschwemmung
genossen, widmete der Prinz sich der Rechenkunst und den Schriften der Alten.
Nur von Zeit zu Zeit gestattete er sich einen Spaziergang durch die Gärten, in
Begleitung seines Hundes. Die Gespräche mit Sary drehten sich immer nur um die
nüchternsten Sachgebiete, Ramses bewies eine erstaunliche
Konzentrationsfähigkeit und schien ein außerordentliches Gedächtnis zu haben.
In wenigen Wochen war ausdem
Jungen ein Mann geworden. Bald würde der Erzieherüberflüssig werden, ihm kaum
mehr etwas beizubringen haben.
    Mit dem gleichen Ungestüm, mit dem er sich in einen
Ringkampf zu stürzen pflegte, hatte Ramses sich auf diese erzwungene innere
Einkehr eingelassen. Hier galt es, sich selbst zu bezwingen. Seit der Begegnung
mit dem Stier wußte er, daß es noch ein anderes Ungeheuer zu zähmen galt: den
zu selbstsicheren, ungeduldigen und fahrigen Jüngling, der in ihm steckte. Ein
Kampf, der vielleicht nicht minder gefährlich war.
    Seine Gedanken kreisten ständig um seinen Vater.
    Vielleicht würde er ihm niemals mehr begegnen,
vielleicht müßte er sich zufriedengeben mit dieser Erinnerung und dem Bild
eines Pharaos, dem niemand gleichkommen konnte. Nachdem er dem Stier die
Freiheit geschenkt hatte, hatte er Ramses gestattet, ein Weilchen die Zügel des
Gespanns zu halten, sie ihm dann aber wortlos wieder abgenommen. Ramses hatte
nicht gewagt, nach dem Grund zu fragen. Daß er, wenn auch nur wenige Stunden,
bei ihm sein durfte, war schon eine Auszeichnung gewesen.
    Pharao werden? Diese Frage hatte eigentlich keinen
Sinn mehr. Er hatte sich erneut von seiner Begeisterung hinreißen, seine
Phantasie zügellos schießen lassen.
    Aber eine Prüfung war es doch gewesen, diese Begegnung
mit dem Stier. Ein altes, nur in Vergessenheit geratenes Ritual. Und Sethos
handelte doch nicht leichtfertig.
    Anstatt sich Fragen zu stellen, die ins Leere liefen,
hatte Ramses beschlossen, seine Wissenslücken zu schließen und sich
hochzuarbeiten auf den Kenntnisstand seines Freundes Ameni. Wie auch immer sein
späteres Amt aussehen mochte, Mut und Begeisterung genügten nicht, um es
auszuüben. Selbst Sethos war, wie alle anderen Pharaonen, den Weg des
Schreibers gegangen.
    Schon wieder diese wahnwitzige Vorstellung! Wie eine
Welle kehrte sie immer wieder, obwohl er doch alles daransetzte, sie zu
verjagen. Sary hatte ihm auch gesagt, daß sein Name bei Hofe fast in
Vergessenheit geraten war. Widersacher hatte er dort keine mehr. Schließlich
wußte man, daß er in ein vergoldetes Exil, in nur Provinzhauptstadt abgeschoben
werden würde.
    Ramses erwiderte nichts, lenkte das Gespräch auf das
heilige Dreieckzur Errichtung einer Tempelmauer oder die Berechnung derGrößenverhältnisse in der Baukunst nach dem Gesetz der Maat, der zarten und
wundervollen Göttin der Harmonie und Wahrhaftigkeit.
    Unter Anleitung Sarys, der entzückt war, einen
Gelehrten aus ihm zu machen, vergaß er seine Leidenschaft fürs Reiten,
Schwimmen oder für den Ringkampf, vergaß er die Natur und die Außenwelt. Noch
ein paar Jahre, und der frühere Hitzkopf wäre den Baumeistern früherer Zeiten
ebenbürtig! Das Fehlverhalten und dieverbüßte Strafe hatten den jungen
Mann wieder in die richtigen Bahnen gelenkt.
    Am Abend vor seiner Freilassung speiste der Prinz mit
Sary auf dem Dach des Unterrichtsraums. Sie saßen auf Matten, tranken kühles
Bier und labten sich an Dörrfisch und würzigen Puffbohnen.
    »Ich beglückwünsche dich, du hast beachtliche
Fortschritte gemacht.«
    »Eine Frage ist noch offen: Welchen Posten hat man mir
zugedacht?«
    Der Lehrer wirkte befangen.
    »Nun… erst solltest du dich einmal erholen von dieser
übermäßigen Anstrengung.«
    »Warum so ausweichend?«
    »Es ist etwas heikel, jedoch… Ein Prinz kann seinen
Rang geltend machen.«
    »Welchen Posten werde ich bekommen, Sary?« Der Lehrer
wich dem Blick seines Schülers aus. »Im
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