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RAMSES 1 - Der Sohn des Lichts

RAMSES 1 - Der Sohn des Lichts

Titel: RAMSES 1 - Der Sohn des Lichts
Autoren: Christian Jacq
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zitterte nicht. Die Kobra schien
zurückzuweichen. Die gespannten Finger berührten den Kamm der schwarzen
Schlange. Wenige Augenblicke lang hatte die Herrin der Nacht sich dem Sohn des
Königs unterworfen.
    Setaou zog Ramses zurück. Der Angriff der Kobra stieß
ins Leere.
    »Du wolltest zuviel, mein Freund. Solltest du
vergessen haben, daß die Mächte der Finsternis unbesiegbar sind? Auf des
Pharaos Stirn reckt sich eine Kobra, der Uräus. Worauf hättest du gehofft, wenn
sie dich nicht geduldet hätte?«
    Ramses atmete tief durch und betrachtete die Sterne.
    »Du bist unvorsichtig, aber vom Glück begünstigt;
gegen den Bißdieser Schlange gibt es kein Heilmittel.«
     
    SECHS
     
     
    zielstrebig schwamm Ramses auf das Floß zu. Diese kunstvoll aus
Papyrusstämmen und dünnen Schnüren gefertigte Insel würde dem zehnten Ansturm
der Horde von Schwimmern, die mit der Absicht, ihn zu schlagen, gegen den
Prinzen angetreten waren, nicht standhalten, zumal sie heute besonders
stürmisch waren wegen der bewundernden Blicke all der jungen Mädchen, die am
Ufer des Kanals dem Wettkampf zusahen. Weil jeder zu siegen hoffte, trugen sie
Amulette um den Hals, der eine einen Frosch, der andere einen Ochsenschenkel, so
mancher gar das schützende Auge. Ramses war nackt, nahm keinerlei Magie zu
Hilfe, aber er schwamm schneller als die anderen.
    Die meisten wurden von der Dame ihres Herzens
angefeuert. Doch Sethos’ jüngerer Sohn kämpfte nur um seiner selbst willen, um
sich zu beweisen, daß er über seine Kräfte hinauswachsen und auch hier als
erster das Ufer erreichen konnte.
    Ramses gewann den Wettkampf mit fünf Längen Vorsprung.
Er verspürte keine Müdigkeit und hätte noch stundenlang schwimmen können.
Verdrossen und schmallippig beglückwünschten ihn seine Gegner. Jeder kannte den
aufbrausenden Charakter des Prinzen, dem der Weg zur Macht für immer versagt
war und der wohl bald als gebildeter Müßiggänger im tiefen Süden, weit von
Memphis und der Hauptstadt entfernt, residieren würde.
    Eine hübsche Dunkelhaarige von fünfzehn Jahren, die
durchaus schon fraulich wirkte, trat auf ihn zu und reichte ihm ein Tuch.
    »Der Wind ist kühl, hiermit kannst du dich
abtrocknen.«
    »Das brauche ich nicht.«
    Schelmisch schaute sie drein mit ihren reizvollen
grünen Augen,der kleinen, geraden Nase, den schmalen Lippen und dem kaum
hervortretenden Kinn. Sie war anmutig, lebhaft und elegant in ihrem
durchscheinenden Leinenkleid, das gewiß aus einer noblen Werkstatt stammte.
Unter dem Kopfband steckte eine Lotosblüte.
    »Das ist ein Irrtum; selbst die Robustesten erkälten
sich.«
    » Ich weiß nicht, was Krankheit ist.«
    »Ich heiße Iset. Heute abend gebe ich ein kleines Fest
mit meinen Freundinnen. Wirst du mein Gast sein?«
    »Gewiß nicht.«
    »Solltest du es dir anders überlegen, bist du mir
willkommen.« Lächelnd ging sie davon, ohne sich noch einmal umzuwenden.
    Sary, der Lehrmeister, schlief im Schatten einer
großen Sykomore, die den Mittelpunkt seines Gartens bildete. Ramses ging vor
seiner Schwester Dolente, die sich auf einer Ruhebank aalte, auf und ab. Siewar weder schön noch häßlich und nur auf ihre Bequemlichkeit und ihr
Wohlergehen bedacht. Die Stellung ihres Gatten versprach ein geruhsames Leben,
abgeschirmt gegen den Alltagstrubel. Sie war zu groß, fühlte sich ständig
ermattet, hatte eine fettige Haut, die sie von früh bis spät mit Salben
einrieb, rühmte sich aber, als ältere Schwester von Ramses die kleinen
Geheimnisse der besseren Gesellschaft zu kennen.
    »Du besuchst mich nur selten, geliebter Bruder.«
    »Ich bin zu beschäftigt.«
    »Das Gerücht spricht eher von Müßiggang.«
    »Frag deinen Gatten.«
    »Du bist sicher nicht gekommen, um dich an meinem
Anblick zu erfreuen…«
    »Stimmt, ich brauche einen Rat.«
    Dolente war entzückt. Ramses schätzte es gar nicht,
anderen danken zu müssen.
    »Ich höre. Wenn es mir gefällt, werde ich dir
antworten.«
    »Kennst du eine gewisse Iset?«
    »Beschreib sie mir.«
    Der Prinz tat es.
    »Iset, die Schöne! Eine gefährliche, kokette Person.
Manche halten sie für die schönste Frau von Memphis.«
    »Ihre Eltern?«
    »Reiche Honoratioren aus einer seit Generationen im
Palast verkehrenden Familie. Sollte Iset, die Schöne, dich eingefangen haben?«
    »Sie hat mich zu einem Fest geladen.«
    »Da wirst du nicht der einzige sein! Dieses Mädchen
feiert allabendlich ein Fest. Solltest du etwas für sie empfinden…«
    »Sie hat mich
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