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Rainer und die Puppenmutter

Titel: Rainer und die Puppenmutter
Autoren: Hans Günter Krack
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freundlich. „Sie hat noch Fieber, aber phan — phansieren tut sie nicht mehr.“
    „Phantasieren heißt das“, verbesserte Helmut.
    „Na ja“, sagte Bällchen. „Räum du mal lieber auf. Wenn Mutti kommt — ogottogott!“
    „Wird sie denn nicht sterben?“ fragte Rainer ängstlich. „Nein, nein. Der Doktor hat gesagt, daß sie sehr brav ist und bald gesund sein wird.“
    „Wenn sie aber fünfzig Grad Fieber hat“, wandte Rainer ein. „Meine Oma sagt, da muß man tot sein.“
    „Ach, fünfzig Grad sind das nicht gewesen“, antwortete Bällchen harmlos. „Das hab’ ich bloß so gesagt.“
    Rainer atmete tief auf. „Da bin ich aber froh!“
    „Wieso?“ fragte Bällchen.
    Leise erklärte Rainer: „Ich hab’ ja so eine Angst gehabt, weißt du. Ich hab’ die Dita mit Schnee eingerieben. Und Rübchen hat gesagt...“
    Bällchen versuchte, die Stirn zu runzeln. Das gelang ihr aber nicht.
    „Na ja“, meinte sie, „mit Rübchen — das ist so’n Ding. Die kann einem ganz gut sein — und auf einmal wird sie böse. Nämlich jedesmal, wenn sie glaubt, daß man etwas Unrechtes getan hat. Aber ...“ Bällchen sah Rainer sehr ernst an und hob dabei den Zeigefinger: „Das war auch nicht gut, was du gemacht hast, du!“
    „Aber ich wollte nicht, daß Dita krank wird.“
    „Ja, das glaube ich dir“, gab Bällchen zu. „Absicht ist es bestimmt nicht gewesen.“
    Da reichte Rainer Bällchen seine Hand und sagte: „Danke

    schön...“ Und dabei kam ihm ein guter Einfall. „Weißt du was, Bällchen? Die Dita spielt doch so gerne mit Puppen, ja?“
    Bällchen verzog ein bißchen das Gesicht. „Ja, sie ist eine richtige Puppenmutter. Du müßtest mal sehen, wie viele sie hat. Drei nimmt sie abends immer mit ins Bett. Na, für mich ist das nichts. Ich bastele lieber ...“
    „Und haust dir mit dem Hammer auf den Daumen“, rief Helmut, der inzwischen mit viel Gelärme das Zimmer aufgeräumt hatte.
    Bällchen zog eine Schnute. „Das eine Mal“, entgegnete sie wegwerfend.
    „Ich werde der Dita eine Puppenwiege bauen“, erklärte Rainer begeistert. „Und die schenke ich ihr. Da wird sie sich bestimmt freuen, was meinst du?“
    „Doch, da wird sie sich freuen“, sagte Bällchen. Und dann hob sie den Zeigefinger wieder: „Dann sieht sie auch, wie du es bereust, daß du sie eingerieben hast..
    Eifrig nickte Rainer.

Ehrenwort !
    „Ich wollte dich auch was fragen“, begann Bällchen wieder. „Nämlich das: Warum bist du nie zu den Pioniernachmittagen gekommen? Die Jungs aus deiner Klasse sagen, sie hätten dich eingeladen.“
    Erst zuckte Rainer nur die Schultern. Dann murmelte er: „Ich hab’ hier ja weiter niemanden gekannt. Bloß den Rolf.“
    „Der ist genauso frech wie du.“
    „Ach Quatsch! Der Rolf ist prima. Der kann fein mit der Schleuder schießen“, entgegnete Rainer patzig.
    „Da kann er sich was drauf einbilden! Mit der Schleuder schießen! So ein Unfug. Mir hat er schon mal an den Hinterkopf geschossen. Eine große Beule habe ich gehabt.“ Bällchen strich sich über ihre Wuschelhaare, als wäre die Beule noch immer darunter verborgen.
    „Das war aber bestimmt nicht mit Absicht“, verteidigte Rainer seinen Freund.
    „Na, ich weiß nicht“, sagte Bällchen. „Und wenn er mal jemanden ins Auge trifft, was dann? — Aber nun weiter..
    „Na, was? Wir wohnen noch kein Vierteljahr hier. Und im Hause waren nur Mädchen, von denen wollte ich nichts wissen.“ „Na, höre mal!“ rief Bällchen empört.
    „Das ist ja jetzt anders“, gab Rainer zu. „Ihr seid ganz prima. Nun laß mich doch ausreden! Zu den Pionieren wäre ich schon ganz gern mal mitgegangen, aber ich dachte immer, da ist es langweilig. Und es hat mir auch nicht gefallen, daß sie immer nur an mir herumgemeckert haben. Eingeladen haben sie mich nur einmal — und da konnte ich nicht kommen, weil ich mit meiner Oma wegmußte. Na, so war’s eben. Aber ich glaube, es ist schön bei euch. Neulich, als wir die Schneemänner gebaut haben — das hat mir gefallen. Und in die Ausstellung werden wir ja auch gehen. Und Fräulein Jüngling ist ganz prima. Darum komme ich auch mal an einem Nachmittag mit.“
    „Bestimmt?“ fragte Bällchen.— „Bestimmt!“ beteuerte Rainer. „Aber gab es denn dort, wo du früher gewohnt hast, keine Pioniere?“ wollte Bällchen wissen.
    „Klar gab’s da welche. Aber damals mußte ich die Wohnung in Ordnung halten. Meine Mutti ist doch tot. Und mein Vati ging zur Arbeit. Ich mußte
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