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Rainer und die Puppenmutter

Titel: Rainer und die Puppenmutter
Autoren: Hans Günter Krack
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die Schularbeiten ordentlich machte. Damit hatte es eigentlich keine Schwierigkeiten, denn das Lernen fiel Rainer leicht. Wenn aber niemand auf ihn aufpaßte, verschob er die Schularbeiten gerne bis zum Abend, wenn der Vater nach Hause kam. Rainers Vater arbeitete in einem großen Autowerk.
    „Wir können gleich essen“, sagte die Großmutter. Sie goß das Wasser von den Kartoffeln ab, und dann nahm sie die beiden Bratwürste aus der Pfanne. Über den Küchentisch hatte sie eine Wachstuchdecke gebreitet.
    Mit finsterer Miene setzte sich Rainer. Er sah die Großmutter nicht an. Schweigend begannen sie zu essen.
    „Bringst du mich dann zur Straßenbahn, Rainer?“ fragte die Großmutter den Jungen. Sie war schwarzhaarig, und in den Ohrläppchen trug sie runde, glänzende Ringe.
    „Hm“, brummte Rainer unfreundlich und stocherte mit der Gabel in den Kartoffeln herum.
    Rainers Großmutter hatte in dem vergangenen Herbst ein Bein gebrochen. Wenn es draußen glatt war, fühlte sie sich immer sehr unsicher und freute sich, wenn sie jemand begleitete.
    „Bist ja so brummig heute. Was ist denn? Hast du wieder was ausgefressen?“ fragte die Oma.
    „Nichts hab’ ich ausgefressen. Bist genauso wie die Kinder in der Schule. Die denken immer nur, ich fress’ was aus“, gab Rainer böse zur Antwort.
    „So, so“, sagte die Großmutter nur und legte ein Viertel ihrer Wurst auf Rainers Teller.
    Rainer mußte wider Willen lachen. Aber dann murmelte er bedrückt: „Ich mag heute nicht...“ Er spießte das Wurstende mit der Gabel auf und ließ es wieder auf Großmutters Teller fallen.
    Da war die Oma aber sehr erstaunt! Daß Rainer keine Wurst mehr mochte, hatte sie noch nie erlebt!
    „Vielleicht bist, du krank?“ forschte sie und sah Rainer besorgt an.
    „Nein — ich bin nicht krank.“ Rainer überlegte eine Weile, dann begann er: „Du, Oma, ich wollte dich mal was fragen ...“ „Ich soll dir wohl Laubsägeholz kaufen? Oder Sägeblätter?“ „Nein, nein!“ Rainer winkte ab, wobei er mit dem Messer in der Luft herumfuchtelte. „Wie ist denn das so“, fuhr er fort, „kann man Fieber bekommen, wenn einen einer — hm — einer mit Schnee einreibt? So — ich meine — wenn man geschwitzt hat, und da kommt einer an — na, du weißt schon.“
    Die Oma nickte. Sie überlegte, warum der Junge die Frage stellte, aber das konnte sie nicht herausbekommen.
    „Das ist schon möglich“, antwortete sie. „Wenn man erhitzt ist — und dann die Kälte —puh — das tut nicht gut. Bestimmt nicht.“
    Rainer senkte den Kopf.
    „Mir ist das mal so gegangen. Als wir noch in Erfurt wohnten, weißt du ...“
    „Ja, das weiß ich. Vater hat es mir geschrieben“, erinnerte sich die Oma.
    „Du, Oma“, setzte Rainer wieder an und zupfte dabei an der Tischdecke herum. „Kann man fünfzig Grad Fieber kriegen?“ „Nein, das kann man nicht!“ Die Oma lachte und schüttelte den Kopf so heftig, daß die Ringe an den Ohrläppchen tanzten. „Fünfzig Grad Fieber kann kein Mensch ertragen. Der stirbt schon viel früher.“
    Rainer fuhr auf und starrte die Oma entsetzt an.
    „Weniger — und schon sterben?“
    „Ja, ja, Aber was hast du denn? Du bist ja käseweiß!“ „Ach Quatsch!“ brummte Rainer heiser vor sich hin. „Das denkst du bloß.“
    So eilig wie selten beugte er sich über seine Schularbeiten. Die Oma spülte das Geschirr und wischte den Fußboden der
    Küche auf. Als sie fertig mit dieser Beschäftigung war, hatte auch Rainer seine Schulaufgaben gerade geschafft.
    Gemeinsam gingen sie zur Straßenbahnhaltestelle.

Rainer ist verzweifelt
    Als Rainer dann wieder allein in der Wohnung war, fand er keine Ruhe. Er suchte seinen Werkzeugkasten hervor und spann-te ein Sägeblatt in die Laubsäge. Danach legte er ein hellgelbes Brettchen zurecht. Auf dem Brettchen war ein Hund aufgezeichnet. Den wollte er aussägen und der Großmutter zum Geburtstag schenken.
    Aber er hatte keine Lust zur Arbeit.
    Lange saß er untätig am Tisch und stierte den Hund auf dem Brettchen an.
    Immerzu mußte er an Rübchens Worte denken. Weil er Dita mit Schnee eingerieben hatte, soll sie krank geworden sein, behauptete das Mädchen.
    Aber das war doch Unsinn! Wie kam sie dazu, das zu sagen? Er hatte Dita eine Abreibung für den „Lausejungen“ geben wollen — weiter nichts!
    Ausgerechnet Rübchen brachte ihn in einen solchen Verdacht! Sie hatte ihn zum Gruppennachmittag eingeladen — und heute mittag hatte sie ihn angeschaut, als
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