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Rain Wild Chronicles 02 - Drachenkämpfer

Titel: Rain Wild Chronicles 02 - Drachenkämpfer
Autoren: Robin Hobb
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so, wie sie es auf dem Elderlingswandteppich in der Halle der Händler gesehen hatte. Sonnenstrahlen berührten die glitzernden Steine des Kartenturms und brachen sich an den Kuppeln der majestätischen Bauwerke. So gerne wäre sie dort gewesen, so gerne wollte sie auf den breiten Straßen wandeln, die Stufen hinaufsteigen und sehen, welche Wunderwerke die Elderlinge zurückgelassen hatten. Leftrin hatte ihr ein Dutzend Mal erklärt, dass die Strömung am anderen Ufer tief und reißend war. Auf dieser Seite dagegen war es ein Leichtes gewesen, Teermann an Land zu bringen. Drüben, wo der Fluss schäumend dahineilte, konnte man den Kahn nirgends festmachen. Zwar hatten sie die Überreste der steinernen Kaimauer entdeckt, die in den Fluss hineingeragt hatte, aber das Gemäuer war vom Alter zerfallen und von der Strömung abgetragen worden. Teermann traute ihm nicht über den Weg, und Leftrin würde sich nicht über das Unbehagen seines Schiffes hinwegsetzen. Er hatte Alise versichert, dass der Hafen Kelsingras, wenn er einmal wieder repariert wäre, ein sicherer Ort zum Anlegen sein würde. Doch fürs Erste, für eine kleine Weile, war sie dazu verdammt, Kelsingra aus der Ferne zu bewundern.
    »Nun, ich denke, ich habe Euch alles gesagt, oder nicht?« Rapskal erhob sich wieder. Er sah den Hang hinab zu den anderen Hütern, die die Überreste der Siedlung erforschten, ein steinernes Skelett entlang des Ufers. Es fanden sich Hunderte Fundamente und sogar noch ein paar Gebäude, in die sich die Hüter bei Nacht zurückziehen konnten. Als Leftrin auf den Hügel gestiegen war, hatte er die fast vollständig erhaltene Schäferhütte entdeckt und entschieden, dass der Ort perfekt für sie war. Alise war geneigt, ihm zuzustimmen, denn hier waren sie so alleine wie nie zuvor. In der ersten Nacht hatte er in dem alten Herd ein prasselndes Feuer gemacht und festgestellt, dass der Kamin noch zog, nachdem er das alte Vogelnest entfernt hatte. Das goldene Licht der Flammen hatte den kleinen Innenraum der Hütte erfüllt. Vor dem Herd hatten sie ihre Schlafmatten ausgebreitet und eine Decke in die Türöffnung gehängt, in der früher einmal eine Holztür gewesen war. Zum ersten Mal in ihrem Leben hatte Alise das Gefühl, tatsächlich Herrin ihres Hauses zu sein, wenn es auch winzig war. Gleich am nächsten Morgen hatte sie ihre Aufzeichnungen und Schreibutensilien vom Kahn geholt und hierhergebracht. Jetzt saß sie auf der steinernen Türschwelle und betrachtete ihr Reich. Von hier hatte man einen herrlich weiten Blick auf die Flussbiegung und Leftrins Schiff. Ganz Kelsingra konnte sie von hier überblicken, Verlockung und Hohn zugleich.
    Sie rief ihre Gedanken wieder in die Gegenwart zurück. Die vier letzten Blätter guten Papiers lagen auf dem ramponierten Schreibpult. »Du hast mir gar nichts erzählt, Rapskal.«
    Er holte Luft, und dabei hoben sich seine schmalen Schultern. Seine weißen Zähne bildeten einen eigenartigen Kontrast zu dem rot geschuppten Gesicht, als er sie anlächelte. »Nun. Es war ungefähr so. Ich habe mit Tats gesprochen, und er war wütend auf mich, weil ich Thymara gesagt habe, dass ich mit ihr gern das machen würde, was Jerd mir gezeigt hat … Warum schreibt Ihr nicht?«
    »Weil, nun ja, das ist nicht der wichtige Teil der Geschichte«, gab Alise zurück und errötete in einem Anfall von alter Bingtown-Prüderie.
    »Nun gut, dann fange ich danach an. Da hat uns die Welle erwischt. Die hat mich weggeschwemmt.«
    »Ja.«
    »Und dann hab ich versucht, zu schwimmen, und gemerkt, dass Heeby in der Nähe war. Also hab ich nach ihr gerufen, und sie ist zu mir gekommen. Eine Zeit lang sind wir zusammen geschwommen. Dann ist ein richtig großer Holzhaufen an uns vorbeigetrieben. Vielleicht war es ein Teil des Lagerfeuers, keine Ahnung. Aber er ist mit uns zusammengeprallt, und wir haben uns irgendwie darin verheddert. Nun ja, ich nicht. Ich bin draufgeklettert, aber Heeby hat sich verheddert. Sie ist nicht ertrunken, aber sie konnte sich auch nicht davon befreien, deshalb habe ich ihr gesagt: ›Wehr dich nicht dagegen, häng dich einfach dran.‹ Und das haben wir gemacht. In der Nacht und auch am nächsten Morgen war uns klar, dass wir viel zu weit in der Mitte des Flusses waren und kaum das Ufer sehen konnten. Da ich nicht geglaubt habe, dass wir bis zum Ufer schwimmen konnten, dachte ich mir, nun, dann bleiben wir halt auf dem Holzknäuel, bis wir das Ufer wieder sehen. Das war eine schwere Zeit für uns
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