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Raecher des Herzens

Titel: Raecher des Herzens
Autoren: Jennifer Blake
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beiden Frauen die Treppe hinabstiegen, und stellte zufrieden fest, dass die Zofe ihre Herrin mit einem Schleier verhüllte und dafür sorgte, dass das Cape das verräterische weiße Kleid gänzlich bedeckte. Langsam verhallten die Schritte und das Rascheln der langen Röcke auf den Treppenstufen.
    Rio hätte den Damen gern seine Begleitung angeboten, doch mit ihm gesehen zu werden, hätte ihnen nicht gerade zur Ehre gereicht. Er gab Olivier ein paar Anweisungen und ließ sich von ihm Mantel, Hut und Handschuhe bringen. Dann nahm er seinen Degen und den Stock aus dem Ständer neben der Tür und ging hinaus in die Nacht.
    Er folgte Celina Vallier und ihrer Zofe unauffällig durch die enge Gasse bis in die Seitenstraße, die zur Rue Royale führte. Rio ließ die beiden so weit vorausgehen, dass er sie gerade noch sehen konnte. Gelegentlich wurden sie vom Lichtschein der Gaslaternen erfasst, die die Straßenecken erhellten. Sie überquerten die Rue Royale und gingen an den Mauern der Höfe entlang. Der betörende süße Duft von Jasmin drang aus den Gärten. Man hörte das leise Plätschern unsichtbarer Brunnen. Ein oder zwei Straßenecken weiter stand das Stadthaus der Valliers. Im Erdgeschoss befand sich eine Hutmacherwerkstatt, denn in New Orleans galten ebenerdige Wohnräume als zu schmutzig und auch als zu gefährlich. In das schmiedeeiserne Hoftor war eine
    Fußgängerpforte eingelassen. Geräuschvoll fiel sie hinter den Damen ins Schloss. Minuten später drang der schwache Schein von Kerzenlicht durch die Ritzen der Fensterläden eines Eckzimmers. Es lag hinter dem in traditionellem Blau und Grün gestrichenen Geländer des oberen Balkons.
    Rio merkte sich die Lage des Zimmers genau. Sie auszukundschaften war ihm mindestens ebenso wichtig gewesen wie mit eigenen Augen zu sehen, dass die Damen wohlbehalten zu Hause ankamen. Eine Zeit lang blieb er noch auf seinem Beobachtungsposten und verfolgte die Schatten, die sich hinter den Fensterläden bewegten. In ihm stritten sich Zufriedenheit und Zweifel. Ein starker Beschützerinstinkt kämpfte gegen aufkeimenden Besitzerstolz an, und die Vorfreude wurde durch eine unbestimmbare innere Unruhe gedämpft.
    Celina Vallier war ihm ausgeliefert. Sie hatte ihm die letzten Schritte auf dem langen, beschwerlichen Weg seines Rachefeldzuges gewiesen. Ihr gegenüber brauchte er kein schlechtes Gewissen zu haben, denn sie durfte sich glücklich schätzen, ihre ersten intimen Erfahrungen mit ihm zu sammeln statt mit ihrem zukünftigen Gatten. Jeder andere Mann wäre besser gewesen als jener. Es durfte nur ein einziges kurzes Treffen geben. Danach würde Rio nie wieder mit ihr sprechen, ihr nie wieder gegenübertreten. Die Geheimnisse, die sie mit in ihr Ehebett nahm und sogar später als Witwe noch weiter hüten würde, waren bei ihm sicher aufgehoben.
    So sollte es geschehen, so verlangte es die Gesellschaft, in der sie lebten. Für Reue oder Bedauern gab es keinen Platz und keinen Grund. Rio fragte sich, warum sich diese ungebetenen Gefühle dennoch in sein Herz schlichen.
    Neben den immer spürbarer werdenden Gewissensbissen regte sich langsam ein Verdacht in ihm. Er bemühte sich, seine Gedanken zu sortieren.
    Celina Vallier war nicht auf den Kopf gefallen, sie hatte Courage und war dabei doch arglos und geradlinig. Dass sie sich plötzlich gegen den Bräutigam auflehnen würde, den ihr Vater für sie ausgesucht hatte, war so weit hergeholt, dass Rio diese vage Idee vor allem seinem übermäßigen Branntweingenuss zuschrieb. Die junge Frau setzte alles daran, ihren Bruder zu retten. Nur dafür war sie bereit, ihren zukünftigen Gatten zu betrügen. Aber wie konnte sie hoffen, dass er weder in der Hochzeitsnacht noch irgendwann danach Verdacht schöpfen würde?
    Dennoch hatte sich Celina Vallier auf den teuflischen Handel eingelassen. Nach anfänglichem Widerstand hatte sie sich in all ihrer jungfräulichen Unschuld und Schönheit Rios Willen gebeugt und ihm ihr Wort gegeben.
    Rio stieß einen leisen Fluch aus. Dann hieb er mit dem Gehstock in die Luft. Herr im Himmel, was für ein Tölpel er doch war! Sie führte etwas im Schilde. Sie hatte einen Plan. Doch er hatte im Nebel des Alkohols und seiner Gelüste nicht durchschaut, was hinter ihrem Einlenken steckte. Was konnte das nur sein?
    Warum, bei allen Heiligen, war sie zu diesem Handel bereit?

Zweites Kapitel
    Was hatte sie nur getan?
    Wie der Schlag einer Kirchenglocke hallte die Frage durch Celinas Kopf, während sich
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