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Rächende Geister

Rächende Geister

Titel: Rächende Geister
Autoren: Agatha Christie
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Sobek.«
    Er blickte sie an; ihr Ton hatte ihn veranlasst, ihre Gegenwart wirklich zu bemerken. Er war so daran gewöhnt, ihre Worte nur als untermalende Begleitmusik aufzufangen, dass er in ihr oft gar kein denkendes Menschenwesen sah.
    »Was meinst du, Kait?«
    »Ich meine, ich werde es nicht zulassen, dass du dich wie ein Narr benimmst. Dieses ganze Besitztum gehört deinem Vater, das Land, die Acker, das Vieh, das Holz, die Flachsfelder, alles! Nach dem Tod deines Vaters wird es uns gehören – dir, Yahmose und unseren Kindern. Wenn du dich mit deinem Vater entzweist und fortgehst, dann wird er deinen Anteil Yahmose und Ipy geben – schon jetzt liebt er Ipy allzu sehr. Ipy weiß das und zählt darauf. Du darfst Ipy nichts zuspielen. Es würde ihm wohl gut zupass kommen, wenn du dich mit Imhotep überwerfen und fortgehen würdest. Wir müssen an unsere Kinder denken.«
    Sobek starrte sie an. Dann stieß er ein kurzes, verwundertes Lachen aus.
    »Man weiß nie, was man von einer Frau zu erwarten hat. Ich hatte keine Ahnung, dass du so heftig werden kannst, Kait.«
    Kait sagte ernst: »Streite nicht mit deinem Vater, widersprich ihm nicht. Sei noch eine Weile klug.«
    »Vielleicht hast du Recht – aber es kann noch jahrelang so weitergehen. Mein Vater sollte uns zu Teilhabern machen.«
    Kait schüttelte den Kopf.
    »Das wird er nicht tun. Er findet allzu großen Gefallen daran, uns vorzuhalten, dass wir sein Brot essen, dass wir von ihm abhängig sind, dass wir ohne ihn verloren wären.«
    Sobek musterte sie forschend.
    »Du liebst meinen Vater nicht besonders, nicht wahr, Kait?«
    Aber Kait beschäftigte sich schon wieder mit dem Kind.
    »Komm, schau, da ist deine Puppe. Komm, komm…«
    Sobek blickte auf ihren gebeugten dunklen Kopf nieder. Dann ging er mit verwirrter Miene hinaus.
     
    Esa hatte nach ihrem Enkel Ipy geschickt.
    Ipy, ein schöner, unzufrieden aussehender Knabe, stand vor ihr, während sie ihn mit ihrer hohen, schrillen Stimme anfuhr und ihn mit ihren Augen, die schlau blickten, obwohl sie nicht mehr gut sahen, zu durchbohren schien.
    »Was höre ich da? Du willst dieses und jenes nicht tun? Du willst Yahmose nicht folgen, wenn er dir aufträgt, nach den Pflanzungen zu sehen? Wohin führt das, wenn ein Kind bestimmt, was es tun oder lassen will?«
    Ipy erwiderte finster: »Ich bin kein Kind mehr. Ich bin jetzt erwachsen – und warum soll ich mich da wie ein Kind behandeln lassen? Die ganze Zeit wird mir von Yahmose befohlen, und ich darf nichts tun, was mir gefällt. Wofür hält Yahmose sich eigentlich?«
    »Er ist dein ältester Bruder, und er trägt für alles die Verantwortung, wenn mein Sohn Imhotep abwesend ist.«
    »Yahmose ist dumm. Ich bin viel gescheiter als er. Und auch Sobek ist dumm, obwohl er mit seiner Klugheit prahlt. Dabei hat mein Vater geschrieben, dass ich die Arbeit übernehmen soll, die ich selber wähle, dass ich mehr zu essen und zu trinken bekommen soll und dass er zornig werden wird, wenn er hört, dass man mich schlecht behandelt oder dass ich unzufrieden bin.«
    Ipy lächelte, während er sprach.
    »Du bist ein verwöhnter Junge«, bemerkte Esa nachdrücklich. »Das werde ich Imhotep auch sagen.«
    »Nein, nein, Großmutter, das wirst du nicht tun.« Sein Lächeln wurde schmeichlerisch. »Wir beide, Großmutter, wir sind doch die Gescheiten in der Familie.«
    »Du Frechdachs!«
    »Mein Vater stützt sich auf dein Urteil – er weiß, dass du klug bist.«
    »Das mag sein… ja, es stimmt… aber ich wünsche nicht, dass du es mir sagst.«
    Ipy lachte.
    »Du würdest besser auf meiner Seite sein, Großmutter.«
    »Was soll das heißen?«
    »Meine Brüder sind unzufrieden, weißt du das nicht? Natürlich weißt du es. Henet erzählt dir ja alles. Satipy hetzt Yahmose dauernd auf. Und Sobek hat sich bei dem Holzverkauf übers Ohr hauen lassen, und er fürchtet, dass mein Vater wütend werden wird, wenn er dahinter kommt. Du wirst sehen, Großmutter, in ein bis zwei Jahren bin ich der Teilhaber meines Vaters, und dann wird er alles tun, was ich wünsche.«
    »Du, der Jüngste?«
    »Was bedeutet das Alter? Mein Vater hat die Macht – und ich verstehe mich darauf, ihn richtig zu behandeln!«
    »Das ist üble Rede, die du da führst«, sagte Esa.
    Ipy antwortete sanft: »Du bist klug, Großmutter… Du weißt recht gut, dass mein Vater trotz seines großartigen Auftretens im Grunde ein schwacher Mann ist…«
    Er brach unvermittelt ab, als er merkte, dass Esa den Kopf
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