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Radau im Reihenhaus

Radau im Reihenhaus

Titel: Radau im Reihenhaus
Autoren: Evelyn Sanders
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das Auto bis auf weiteres neben – ›Köbes‹ Scheune abzustellen.
    »Und nich drum kümmern, wenn er meckert. Der wartet ja bloß druff, det eener hier steckenbleibt und ihm wat in die Hand schiebt, damit er ihn wieder aus die Brühe zieht!«
    Die Rückfahrt verlief ziemlich schweigsam. Rolf behauptete, sich auf den Verkehr konzentrieren zu müssen, und ich stellte in Gedanken schon wieder Listen zusammen von Dingen, die gekauft, erledigt oder sonstwie beachtet werden mußten. Bedauerlicherweise waren diese Gedächtnisprothesen immer im entscheidenden Augenblick verschwunden und tauchten erst dann wieder auf, wenn ich sie nicht mehr brauchte, weil sowieso schon alles schiefgegangen war.
    Unsere Umzüge schienen von Mal zu Mal problematischer zu werden. Den ersten hatten wir noch spielend bewältigt, vor allem deshalb, weil wir kaum Möbel und keine Kinder gehabt hatten. Beim zweiten hatte Sven das Spektakel außerhalb des unmittelbaren Gefahrenbereichs von seinem Kinderwagen aus verfolgt und sich lediglich einen verdorbenen Magen geholt, weil unsere neuen Nachbarn ihn mit Süßigkeiten vollgestopft hatten. Aber diesmal würden wir nicht nur die Möbelmänner beaufsichtigen müssen, sondern gleichzeitig zwei unternehmungslustige Knaben, die flink wie Wiesel waren, neugierig wie junge Dackel und stur wie sizilianische Maulesel.
    »Wir werden Felix als Hilfskraft anheuern!«
    Rolf mußte Gedanken lesen können. Genau dasselbe hatte ich auch gerade gedacht, obwohl mir sofort Zweifel kamen, ob diese Idee wirklich so gut war.
    Felix Böttcher war von Rolf mit in die Ehe gebracht worden – rein symbolisch natürlich. Inzwischen ist er auch mein Freund geworden, was er als besondere Ehre ansieht, denn ich kenne ja sein bewegtes Liebesleben und mag ihn trotzdem. Angeblich ist er nur deshalb noch Junggeselle, weil ich nicht mehr zu haben sei.
    Felix ist mittelgroß, schlank und hat ein Dutzendgesicht, das sich auch durch die verschiedenartigsten Barttrachten nicht vom männlichen Durchschnittsbürgerantlitz unterscheidet. Seitdem ihm Sven einmal unverblümt erklärt hatte: »Aber Onkel Felix, Bärte sind doch bloß was für junge Leute!« geht er wieder ohne.
    Er ist Buchbindermeister – Kenner behaupten, sogar ein sehr guter – und Kapazität für alle Situationen außerhalb des gewöhnlichen Alltags. Niemand kann so originelle (und so mangelhafte) Parties organisieren wie Felix. Man bekommt zwar nichts zu essen, sitzen muß man auf Lederresten oder Stapeln von Kaliko, rauchen darf man nur vor der Tür, weil sonst die ganze Werkstatt hochgehen könnte – aber man lernt jedesmal neue interessante Leute kennen. Es ist also immer amüsant.
    Niemand außer Felix wird mit so unfehlbarer Sicherheit die mieseste Inszenierung heraussuchen, die gerade auf dem Programmplan steht, wenn er jemanden ins Theater einlädt. Und hinterher behauptet er dann noch strahlend: »Ein Glück, daß ich vorher die Kritiken gelesen habe, sonst hätte es mir womöglich noch gefallen!«
    Nur Felix kriegt es fertig, sich einen rassereinen Chow-Chow andrehen zu lassen, der sich später zu einem keineswegs rassereinen Spitz auswächst. Und Felix war es auch, der aus eigener Erfahrung den Begriff ›Düsenzeitalter‹ so definierte: »Frühstück in London, Mittagessen in New York, Abendessen in San Francisco, Koffer in Buenos Aires. Ein Glück, daß Weltraumreisen noch nicht gang und gäbe sind. Da müßte man seinem Fluggepäck ja durchs ganze Sonnensystem nachjagen!«
    Im übrigen ist Felix ein wahrhafter Freund: Immer dann zur Stelle, wenn er uns braucht.
    Jetzt brauchten wir
ihn.
    »Wann wollt ihr umziehen? Ersten September? Und dann macht ihr jetzt schon die Pferde scheu? Nächste Woche fliege ich nach Bangkok, aber ganz privat, Ende Juli muß ich nach Rom, geschäftlich natürlich, irgendwann dazwischen drei Tage nach Stockholm und Mitte September zu einer Hochzeit nach Münstereifel. Sonst liegt nichts an. Ist doch klar, daß ich euch helfe. Soll ich die Einstandsparty gleich mitorganisieren? Und was ist als Mitbringsel genehm? Wieder’n Gummibaum, oder darf’s auch etwas anderes sein? Wolltet ihr nicht schon immer mal ‘nen gipsernen Beethoven? Oder war’s Wagner? Ich könnte aber auch…«
    Wütend knallte Rolf den Hörer auf die Gabel. »Entweder ist er blau oder endgültig reif für die Klapsmühle. Ich versuche es nächste Woche noch mal, vielleicht ist er dann wieder zurechnungsfähig.«
    »Bestimmt nicht, dann ist er doch in
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