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Radau im Reihenhaus

Radau im Reihenhaus

Titel: Radau im Reihenhaus
Autoren: Evelyn Sanders
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und der Schreibtisch im Wohnraum, aber sonst verlief das Ausladen relativ schnell. Der Dekorateur hatte schon die Gardinen angebracht, der Elektriker die bei ihm gekauften Lampen aufgehängt, nur baumelte jetzt die kugelrunde Bastlampe in der Küche, während die Neonröhre Svens Zimmer in ein grellweißes Licht tauchte, aber das waren lediglich kleine Schönheitsfehler. Außerdem wollte Herr Meisenhölder nachher noch mal kommen, um den Herd anzuschließen.
    Frau Obermüller erschien, den brüllenden Sascha unterm Arm. »Ist der immer so lebhaft?«
    »Warum? Was hat er denn angestellt?«
    »Nicht weiter schlimm! Ich weiß nur nicht, wie man Schokoladenpudding von Tapete abkriegt!«
    Michael Obermüller, zehn Jahre alt, mit Sommersprossen und einem unschlagbaren Mundwerk, trompetete lautstark: »Eben is Dr. Brauer nach Hause gekommen – zu wie ‘ne Handbremse! Die letzten hundert Meter ist er im Zickzack marschiert.«
    »Ich habe dir schon hundertmal gesagt, Michael, daß dich das überhaupt nichts angeht. Such lieber deine Schwester, die ist plötzlich verschwunden!«
    »Bin ich ja gar nicht!« tönte es von oben. »Ich spiele Kaufladen.« Ulrike, genannt Riekchen, hatte sich seelenruhig in Svens Zimmer verkrümelt und angefangen, die dort abgestellten Kisten auszupacken.
    »Komm sofort runter, Rieke!«
    »Warum denn?«
    »Du wohnst hier nicht, und außerdem störst du!«
    »Du bist ja auch hier, wieso störst du denn nicht?«
    Frau Obermüller zuckte mit den Schultern. »Kindliche Logik ist selten zu widerlegen.« Dann etwas lauter: »Riekchen, ich gehe jetzt, und die beiden Jungs kommen mit zu uns. Dann bist du hier ganz allein!« Ulrike erschien am Treppenabsatz. »Aber in mein Zimmer dürfen die nich!«
    »Brauchen sie ja auch nicht! Wir kochen jetzt Kaffee und Kakao, und wenn Sanders’ ein bißchen aufgeräumt haben, kommen sie zu uns rüber.« Widerwillig kam Riekchen die Treppe herab. »Na gut, aber nur, wenn ich den Kakao auch an die Wand kippen darf!«
    Um fünf Uhr hatte ich wenigstens die Küche in einen betriebsfertigen Zustand gebracht und begann meine hausfrauliche Tätigkeit. Ich spülte Gläser. Felix und Herr Obermüller waren sich auf der Grundlage von Cointreau nähergekommen, hatten die neue Freundschaft mit kanadischem Whisky begossen und danach mit Bacardi Brüderschaft getrunken.
    Jetzt tauschten sie Kriegserlebnisse aus.
    Rolf war vor zwei Stunden »mal eben kurz« nach Monlingen gefahren und noch nicht wieder aufgetaucht. Dreimal war Michael als Abgesandter erschienen, um zu vermelden, daß der Kaffee fertig, lauwarm und endgültig kalt sei. Dann kam er ein viertes Mal und berichtete, daß Sven und Sascha schliefen – einer im Schaukelstuhl, der andere in Riekchens Bett.
    Ich brachte einen Stoß Aschenbecher ins Wohnzimmer. Felix stand auf der Zentralheizung und malte einen buddhistischen Tempel auf die beschlagene Fensterscheibe. »So ähnlich hat das ausgesehen, und überall waren Affen«, erklärte er dem erstaunten Obermüller.
    »Richtige Affen?«
    »Falsche gibts ja wohl nicht«, gluckste Felix, krampfhaft bemüht, das Gleichgewicht zu halten.
    »Anscheinend hast du dir einen mitgebracht!« sagte ich, aber Felix glotzte mich nur verständnislos an. »Wollt ihr Kaffee?«
    »Wir wollen Rum tralala, Rum tralala, Rum tralala…« sang Obermüller.
    »Die Kneipe ist geschlossen! Macht, daß ihr rauskommt!« Wütend knallte ich die Tür hinter mir zu.
    »Warum brüllst du denn so? Was sollen die Nachbarn von dir denken?« Rolf stand in der Haustür, beladen wie ein Weihnachtsmann.
    »Erstens haben wir noch keine, und zweitens kannst du dich mit den beiden Schnapsdrosseln da drinnen nur schreiend verständigen!«
    Er lud seine Pakete auf dem Küchentisch ab. »Für’s Abendessen.«
    »Hoffentlich sind Rollmöpse dabei!«
    Innerhalb von wenigen Minuten schaffte Rolf Ordnung. Er holte Michael, der seinen Vater mit bemerkenswerter Routine nach Hause führte, zerrte Felix die Treppe hinauf und deponierte ihn auf der Couch im Arbeitszimmer.
    »Der trinkt doch sonst nicht soviel«, wunderte er sich, als er leicht lädiert in der Küche erschien.
    »Er leitet ja auch nicht jeden Tag einen Umzug!«
    Drei Stunden später. Ich hatte Sven und Sascha aus ihrem Exil geholt, ins Bett gesteckt und bezog gerade im Schlafzimmer die Kopfkissen, als es klingelte. Wer wollte denn jetzt noch was von uns?
    Also Tür auf, Treppe runter, sieben Schritte bis zum Eingang, Haustür öffnen – prompt rammte ich
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