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Rachel ist süß (German Edition)

Rachel ist süß (German Edition)

Titel: Rachel ist süß (German Edition)
Autoren: Anne Bax
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schrie ihr ins Ohr. „Du lässt mich nicht herausfallen, oder?“ Inga schloss ihre Hände demonstrativ über Kais Bauch und zog sie dicht an sich. Christian legte Inga ebenfalls die Hände um den Körper und so stürzten sie zu dritt die lange Abfahrt der Wasserbahn hinab. Unter ihren Händen fühlte sie Kai atmen und wollte weinen. Mein Gott, dachte sie, mein Gott.
     

Zehn Jahre zuvor
     
    Drei Jahre Fernbeziehung gehen hiermit offiziell ihrem Ende entgegen, dachte Inga, während sie ihren Schreibtisch probeweise in die Zimmerecke hinter das Bücherregal rückte. Hier hatte sie zwar weniger Licht, aber der Raumteiler schuf eine eigene kleine Nische. Das würde bald nicht mehr ihr Arbeitszimmer sein, sondern es würde, wie alle anderen Zimmer in der Wohnung auch, Christian und ihr zusammen gehören. Im Bad und im Schlafzimmer standen schon seit einiger Zeit seine Sachen friedlich neben ihren und in der Küche hatte sein Toaster ihr veraltetes Modell letzten Monat ganz nebenbei ersetzt. Eigenartigerweise fiel es ihr bei diesem Zimmer besonders schwer, sich an diesen Gedanken zu gewöhnen. Hier breitete sie Hefte, Notizen, Arbeitsblätter, ihr ganzes Berufsleben ungestört um sich aus und nahm sich, was sie brauchte, wenn sie es brauchte. Christian war anders, das Arbeitszimmer in seiner Wohnung war vollkommen aufgeräumt und organisiert, so wie er. Seine Ordnung wird mir gut tun, sagte sie sich und schob mit dem Fuß einen kleinen Aktenstapel näher an die Wand. Der Stapel fiel um und rutschte auseinander. Das wird schon, bestätigten alle Freunde und Freundinnen, die diesen Schritt ebenfalls gewagt hatten. Als klar war, dass Christian wirklich aus dem fünfhundert Kilometer entfernten Gelsenkirchen in eine Schule nach Berlin versetzt werden würde, hatten sie sich beide so gefreut, dass sie gar nicht auf die Idee gekommen waren, weiter getrennt zu wohnen. Natürlich würde Christian zu ihr ziehen, das war es doch, wovon sie in den letzten Jahren immer geträumt hatten. Endlich nicht mehr nur die Wochenenden und die Ferien miteinander verbringen und ein gemeinsames Leben beginnen können. Inga betrachtete den Schreibtisch in der Ecke und suchte vergeblich nach dem Glücksgefühl, das sie damals überkommen hatte. Jetzt, wo alles beschlossen und geregelt war, machte ihr der Schritt Angst. Mit zweiunddreißig Jahren ist man eben nicht mehr so überschwänglich, beruhigte sie sich. Das Klingeln des Telefons riss sie aus ihren Grübeleien. Hoffentlich war das nicht wieder ihre Mutter, die in Christians Einzug den Vorboten für die überfällige Traumhochzeit ihrer einzigen Tochter, der strebsamen Studienrätin, mit dem erfolgreichen Oberstudienrat, sah.
     
    „Ja?“, sagte sie deshalb abweisend in den Hörer und hörte Christians Stimme. „Ich bin nicht deine Mutter.“
     
    „Und dafür bin ich dankbar und werde Gott bei nächster Gelegenheit ein Jungtier opfern.“ Sie lachten beide. Inga suchte in seinem Lachen nach dem Glück, das sie empfinden sollte, und es machte ihr sofort wieder Angst, dass sie es nicht finden konnte.
     
    „Ich habe schon mal meinen Schreibtisch verschoben“, sagte sie deshalb eifrig und mit ein wenig schlechtem Gewissen.
     
    Christian bemerkte keine dieser Emotionen. „Das ist ideal, ich habe nämlich ein Attentat auf dich geplant, für das du etwas Platz im Arbeitszimmer brauchen könntest. Was hältst du von einem netten Gast für ein paar Wochen?“
     
    „Entschuldige?“ Inga nahm den Hörer ans andere Ohr. „Ich hatte gerade den Eindruck, dass du die Worte „netter Gast“ und „ein paar Wochen“ in einem Satz verwendet hast.“
     
    „Drei Wochen, ganz genau.“ Christian blieb ungerührt. „Ich habe dir doch von Kai erzählt? Die gerade Abitur gemacht hat und Medizin studieren will?“
     
    „Die junge Frau, mit der du unnatürlich viel Zeit – für einen Lehrer – verbringst?“ Inga konnte sich den ironischen Einwurf nicht verkneifen, obwohl sie an Christians Motiven nie gezweifelt hatte.
     
    „Die junge Frau, die es wert ist, wenn ihr jemand ein wenig zur Seite steht, ja.“ Was Kai und ihre schwierigen Familienverhältnisse anging, verstand Christian wenig Spaß. Er nahm seine Aufgaben als Vertrauenslehrer sehr ernst und hatte seiner Schülerin schon mit siebzehn dabei geholfen, eine eigene Wohnung zu finden und dafür gesorgt, dass sie in Ruhe ihr Abitur machen konnte. Ihr hervorragendes Abitur, wie er gern betonte.
     
    „Sie kann vor ihrem Medizinstudium
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