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Racheakt

Racheakt

Titel: Racheakt
Autoren: F Steinhauer
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hinten.
    Peter Nachtigall starrte entsetzt und fassungslos in das Gesicht des Serientäters, der Cottbus so lange in Atem gehalten hatte. Dann machte er auf dem Absatz kehrt, stürmte zu einem der Einsatzwagen und brauste mit Blaulicht und Martinshorn davon.
     
    »Wir haben ihn!«, informierte Michael Wiener den Kollegen Skorubski, der nur allzu gerne im Büro zurückgeblieben war, um den Telefondienst zu übernehmen. SEK Einsätze waren nichts für ihn und seinen Magen.
    »Günter Grabert schätze ich mal«, Albrecht Skorubski atmete tief durch. Mit dem Gedanken an einen weiblichen Serientäter hatte er sich nie anfreunden können. Gott sei Dank! Nun würde wieder Ruhe in die Stadt einziehen. »Wo ist Hauptkommissar Nachtigall?«
    »Der Hauptkommissar ist mit einem der Wage losgerast. Und der Grabert isch es net. Es isch echt eine Frau! Ich habe sie aber nicht gesehen. Es ware plötzlich nur no Polizischte überall un wie ich wieder was g’sehe hab, da habe se se scho im Wagen g’hät.« Er räusperte sich und als er weiter sprach, war aller Dialekt verschwunden. «Der Einsatzleiter meint, wir werden sicher ziemlich baff sein. Er bringt sie direkt ins Präsidium. Ich bin auch schon auf dem Weg. Es hat einen schwer verletzten Polizisten gegeben. Er ist schon in der Notaufnahme des Carl -Thiem – Klinikums. Der Täter hatte versucht einen der Beamten als Geisel zu nehmen und ihn mit einem Messer am Hals übel verletzt. Er hat wohl ziemlich viel Blut verloren. Aber er kommt durch, meint der Arzt. Der Laptop, mit dem er sich ins WLAN gehackt hat, wurde bei der Verhaftung zwar beschädigt, aber die Technik hält den Schaden für nicht so dramatisch. Sie werden alle Dateien rekonstruieren können«, fasste Michael Wiener alle Informationen zusammen, die er gerade vom Einsatzleiter bekommen hatte.

49
    Das kleine Haus lag dunkel und einsam am Ende der Straße zum Reha – Zentrum in Burg. Es war etwas zurückgebaut und von der Straße aus kaum zu sehen.
    Peter Nachtigall hatte Sirene und Blaulicht schon am Ortseingang ausgeschaltet. Jetzt hielt er mit quietschenden Reifen am Straßenrand und sprang aus dem Wagen. Das Gartentor war nicht abgeschlossen.
    »Jule!«, rief er gedämpft. »Jule!«
    An der Rückseite des Hauses fand er ein gekipptes Fenster, öffnete es und stieg ein.
    Im Haus war es kalt.
    »Jule! «, donnerte seine Stimme durch das leere Haus. »Jule!«
    Sie musste hier sein. Er war ganz sicher!
    »Jule!«
    i m Flur führte eine Treppe ins Dachgeschoss und in den Keller. Geiseln wurden doch eher im Keller versteckt, entschied Nachtigall und rannte nach unten.
    »Jule! Jule!«
    Jede der vier Türen war aus Stahl. Brandschutzvorkehrungen?
    Nachtigall rüttelte an der Klinke und die erste Türe links von ihm ließ sich öffnen.
    Ein Heizungsraum.
    »Jule!«
    Grenzenlose Verzweiflung überflutete ihn. Sie hatte Jule getötet, bevor sie losgefahren war, um sich wieder bei Büro & Style einzuloggen. Vielleicht hatte sie schon befürchtet, später dazu keine Chance mehr zu haben. Hinter einer dieser Türen würde er seine tote Tochter finden, verstümmelt, entstellt – weil er so schrecklich blind war!
    Mit zitternden Fingern drückte er die nächste Klinke herunter.
    »Jule!«
    Er schaltete das Licht ein.
    Hier hing Wäsche.
    Er schluchzte und wischte sich die Tränen mit dem Ärmel aus dem Gesicht.
    Noch eine weitere Tür.
    Nachtigall schloss mit dem Leben ab. Wenn seine Jule nun ermordet worden war, würde er auch nicht mehr weiterleben. Für wen denn auch? Und vor allem, wie? Mit dieser Schuld!
    Wieder schaltete er mit flatternden Fingern das Licht ein.
    Dieser Raum war möbliert.
    Ein Schreibtisch, ein Regal – und ein Matratzenlager!
    »Jule!«
    Er stürzte auf das Bett zu. Jule lag zusammengerollt unter der Bettdecke, in ihren Armen hielt sie einen träge ins Licht blinzelnden Kater.
    »Jule!«, ächzte Nachtigall und berührte vorsichtig ihr Gesicht. Sie war warm, sie atmete – allerdings flach und unregelmäßig. Er entdeckte mehrere leere Tablettenpackungen und versuchte zu entziffern, was für ein Medikament sie ihr eingegeben hatte. Luminal, las er, Wirkstoff Phenobarbital.
    Er bettete ihren Kopf auf seinen Schoss, lehnte sich schwer an die Wand und rief einen Rettungswagen.
    Jule lebte! Noch!

50
    »Du? Warum?« Peter Nachtigall starrte sein Gegenüber hasserfüllt an, als er eine Stunde später den Raum betrat, in dem Verhöre durchgeführt wurden.
    Plötzlich kam ihm diese intime Anrede unpassend
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