Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Rache verjährt nicht: Roman (German Edition)

Rache verjährt nicht: Roman (German Edition)

Titel: Rache verjährt nicht: Roman (German Edition)
Autoren: Reginald Hill
Vom Netzwerk:
Bedeutung war.
    Sie beschleunigte das Tempo auf dem schmalen Pfad. Immer häufiger wurde der Weg vor ihr von Nebel verhüllt. An einem großen Steinmann, an dessen Sockel eine Gedenktafel geschraubt war, blieb sie erneut stehen, um kurz durch ihr Fernglas zu spähen. Wie auf Kommando lichtete sich der Nebel, und zum ersten Mal sah sie den Pillar Rock. Es war ein Ehrfurcht gebietender Anblick. Sie konnte oben auf der Spitze niemanden entdecken, aber als sie das Fernglas etwas senkte, um den Zugangspfad abzusuchen, kam die Gestalt des anderen Wanderers in Sicht.
    Das war gut, sagte sie sich. Der Mann wollte anscheinend ebenfalls auf den Pillar Rock, und die Anwesenheit eines Fremden würde Wolf doch wohl daran hindern, seiner Exfrau gegenüber gewalttätig zu werden.
    Gerade als sie das Fernglas sinken lassen wollte, blieb der Mann stehen. Er schien etwas aus seiner Jacke zu ziehen. Jetzt zeigte er damit nach vorne …
    Um Gottes willen!, dachte sie. Das ist eine Pistole!
    John Childs Botschaft schoss ihr durch den Kopf. Sagen Sie ihm, dass Nikitin Bescheid weiß und der Mann mit dem gebrochenen Kiefer noch frei herumläuft .
    Sie konnte nicht sehen, worauf der Mann zielte, nahm aber an, dass es Hadda war. Sie versuchte, einen Warnschrei auszustoßen, doch der Wind trieb ihr die Stimme zurück in die Kehle. Sie konnte nur auf das Geräusch des Schusses warten.
    Es kam nicht. Der Mann steckte die Waffe ein, und gleich darauf war er hinter einem Felsen verschwunden.
    Sie eilte weiter. Es war riskant, sich in diesem Tempo zu bewegen, dabei wusste sie, dass es vergeblich war. Der Schütze war zu weit entfernt. Falls er Wolf ins Visier bekam, während der den Pillar Rock hochkletterte, wäre das das Ende. Ihre einzige Hoffnung war, dass Wolf unversehrt oben ankam und sie ihn dann irgendwie warnen könnte. Wie zum Teufel sie das anstellen sollte, war ihr schleierhaft, aber als sie fast im Laufschrift die Stelle erreichte, wo der Steig abzweigte, auf dem sie den Mann gesehen hatte, nahm schemenhaft eine Idee in ihrem Kopf Gestalt an. Dieser Steig verlief offenbar um den gewaltigen Felsen vor ihr herum bis zum Fuße des Anstiegs. Der Hauptpfad dagegen führte einen steilen Geröllhang hinauf zur Spitze des Felsens und ging von dort vermutlich weiter bis hinauf zum Gipfel. Von dort oben musste es möglich sein, direkt auf den Pillar Rock zu blicken.
    Sie stürmte mit wilder Entschlossenheit den Hang hinauf. Nach einem Moment merkte sie, dass Snecks Wahl auf den Steig gefallen war, den sein Herrchen genommen hatte. Zum ersten Mal fühlte sie sich wirklich und beängstigend allein. Am oberen Ende des Hangs bog der Pfad auf eine etwas sanfter geneigte Felsplatte, die rechts von ihr steil ins Tal abfiel. Ein Kasten der Bergwacht, in dem sich eine Rettungstrage befand, kam in Sicht, eher eine schauerliche Warnung denn ein Trost. Jetzt führte der Pfad wieder einen Geröllhang hinauf. Der Pillar Rock ragte rechts von ihr auf, aber sie war noch immer nicht hoch genug, um auf die Spitze blicken zu können.
    Bald, sagte sie sich. Bald!
    Aber was würde sie sehen, wenn sie schließlich hoch genug war?
    Sie erinnerte sich an die schimmernde Schneide der Axt, die Wolf aus Birkstane mitgenommen hatte.
    Aber er war kein Killer, sagte sie sich. Das unnötige Töten hatte zu seinem Zerwürfnis mit JC geführt.
    Unnötig .
    Da lag der Haken. Der Tod Unschuldiger hatte ihn empört.
    Aber der Tod der Schuldigen …
    Sie zwang sich, noch schneller zu gehen.

8
    Als Lady Kira ihre Geschichte am Frühstückstisch erzählte, hatte Imogen leicht angewidert bemerkt, dass ihre Stimme unter dem Einfluss sinnlicher Erinnerungen ganz sanft wurde.
    »Es war kurz nachdem ich ins Schloss gekommen war«, sagte ihre Mutter. »Dein Vater, nun ja, lass es mich so ausdrücken, dein Vater hatte eine sehr englische Einstellung zum Liebesakt. Er war der vollkommene Gentleman, sehr besorgt, er könne mir Schmerzen zufügen, weshalb er das, was seiner Meinung nach eine für mich nicht sehr angenehme Erfahrung sein könnte, möglichst schnell zu Ende bringen wollte. Ich versuchte ihm zu vermitteln, dass mir Schmerzen nichts ausmachten, solange ich in Verzückung geriet, aber … jedenfalls, es lief nicht gerade gut, und nach einer besonders unbefriedigenden Nacht ging ich morgens nach draußen, spazierte über den Rasen und in den Wald.
    Ich hörte ihn, bevor ich ihn sah. Das vollkommen regelmäßige, wuchtige Geräusch einer Axt, die in einen Baumstamm kracht. Ein
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher