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Rache - die Handschrift des kleinen Mannes - Erlebnisse eines Leipziger Antiquitaetenhaendlers

Rache - die Handschrift des kleinen Mannes - Erlebnisse eines Leipziger Antiquitaetenhaendlers

Titel: Rache - die Handschrift des kleinen Mannes - Erlebnisse eines Leipziger Antiquitaetenhaendlers
Autoren: Thomas Schmidt
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zusätzlich in der Gegend um Hof, Braunschweig und München herum. Um meinen Handel als Hobby zu deklarieren, arbeitete ich inzwischen zu professionell. Außerdem hatte ich keine Lust, mich mit dem Finanzamt anzulegen. Ich fasste also den Entschluss, ein Reisegewerbe zu beantragen, ging zum Gewerbeamt und füllte ein Formular aus. Ich setzte alle gängigen Waren dort hinein und entrichtete meine Gebühr. Daraufhin erhielt ich einen Gewerbeschein, der Ähnlichkeit mit einem Reisepass besaß. Nun machte ich mich publik, indem ich in mehreren Tageszeitungen inserierte. Dabei gab ich einige Mehrfachschaltungen in den z. Zt. noch existierenden Leipziger und Hallenser Stadtanzeigern in Auftrag. Besonderen Erfolg beim Inserieren hatte ich jedoch nie. Der erste Anrufer gedachte mich nach Hof an der Saale zu locken. Dazu fehlte mir natürlich auf Grund der Entfernung der Antrieb. Eine Frauenstimme am anderen Ende der Strippe informierte mich auf Bayrisch, dass für die Teilauflösung eines Haushaltes Eile geboten sei. »Hier is Holzenbecher am Dellefon! Wenn’s Ihnen nix ausmacht – komm’s doch emol nach Hof, göll?!« Anfangs fragte ich mich, um welches Hof es sich handeln würde, weil es 59 Hofs gab. Natürlich fiel dann bei mir der Groschen, als ich den bayrischen Dialekt vernahm. Ich dachte dabei erst einmal an das Hof in Franken und lag richtig. »Sagen Sie, Frau Holzbecher, um welche Gegenstände handelt es sich bei dieser Teilauflösung?« »Holzenbecher, Holzenbecher!«, plärrte es am anderen Ende der Leitung. Die Teilnehmerin gab mir zu verstehen, dass sie den wichtigsten Familiennamen der Welt trüge und wiederholte den ,Holzenbecher‘ noch einige Male. Im Nu waren fünf Minuten herum und das Unwesentlichste erörtert. »Was soll’s!«, dachte ich mir, schließlich war ich ja nicht der Anrufer. Dann erkundigte ich mich nach der genauen Adresse. »Also, mer wohnen nicht ßo direkt in Hof!«, gab mir die Dame zu verstehen. Dann trat eine längere Pause ein. Ich nahm an, die Teilnehmerin hätte kapituliert. »Halloo!«, rief ich, »Wie erreiche ich Sie?« »Jaa, ße mössen sich noch e por Killometer in Richtung Süden bewegen, also ... dör Ort heißt Oberkotzau! Kennen ße dös?« Die Anruferin schämte sich wohl des Ortsnamens wegen. Ich fragte noch einmal nach Straße und Hausnummer. »ße bewegen sich in die Hofer Straße!«, bekam ich zur Antwort. »Endlich!«, dachte ich und erkundigte mich noch einmal nach den Dingen, die da wohl zum Verkauf stünden. »Alßo, mer homm echtes Porzellan, wissen ße? Un donn kemmer Ihn’ noch e Bissl wos onneres onbieten!« Ich fragte, worum es sich da wohl handeln würde. Anscheinend begriff die Frau aus Bayern nicht recht, worauf es ankam. Insgesamt hätte ich um die vierhundertfünfzig Kilometer zurück zu legen. »Ach ßo, mer hom e wos on Ölgemälden, owwer die wollmer beholten!« »Ach du grüne Neune!«, dachte ich, »unter diesen Umständen kann ich diese Reise nie und nimmer antreten!« Wiederum plagte mich die Neugier und hätte diesen Haushalt liebend gern inspiziert. »Meine Dame!«, sagte ich, »auf Grund der Entfernung benötige ich schon nähere Angaben zu Ihren Haushaltsgegenständen, denn wie Sie Wissen ... »Ach geh!«, plärrte es zurück, Se sin jo nich groad geschäftstichtig! Also, wenn Se mich scho’ onrufen, doa wärs doch in Ihrm Intresse, doss ße mit Ihren Dellefongebihrn nich zu hoch kemma! Ich hoab Ihn’ olles gesoggt!« Da hatte diese komische Person doch tatsächlich vergessen, dass sie die Anruferin war. Nun machte ich mir einen Jux aus dem Gespräch und nannte wahnsinnig hohe Preise für Dinge, die ich nie gesehen hatte oder die in meinen Vorstellungen mit großer Wahrscheinlichkeit in jedem Haushalt existierten. Jetzt biss die Fernsprechteilnehmerin an und spielte vermutlich mit dem Gedanken, sich nun doch von einigen ihrer Bilder zu trennen. Dabei wurde sie zusehends freundlicher. Dann kam ich auf eventuell vorhandene Signaturen zurück und entlockte der Dame höchst unwichtige Angaben. »Kruzitürken noch emol, mer homm Ihn’ doch oalles gesoggt!«, schnauzte eine Männerstimme durch die Leitung – vermutlich war es die des Oberhauptes der Familie. »Word’n ße mol! Wos zohl’n ße denn für’n Büld?«, fragte dieser Herr jetzt, nachdem er seiner besseren Hälfte den Telefonhörer entriss. Mein Gehirn arbeitete fieberhaft an der Beantwortung dieser Frage. »Es soan schöne Bilder, wissen’s?! Hoammer geörbt von unsen
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