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Quest

Quest

Titel: Quest
Autoren: Andreas Eschbach
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besorgtes Gesicht, und Dawill räusperte sich und fragte voller Zurückha ltung, ob er ihnen berichten wolle, was sich auf Hiden zugetragen habe, dem Planeten des Ursprungs.
    Jemand reichte einen Rekorder nach vorne, um jedes Wort aufzuzeichnen.
    »Ich bin gelandet. Und dann bin ich ausgestiegen…«, sagte Quest schwerfällig. Sein Blick wanderte, ins Ungefähre, Ferne.
    Alles Harte und Entschlossene war daraus verschwunden, kein Ehrgeiz, keine Willenskraft war mehr darin zu entdecken. »Ich bin ausgestiegen und einfach losgelaufen, irgendwohin. Ich wei ss nicht, warum. Ich hätte ja starten können, hätte den Planeten absuchen können nach irgend etwas, irgend jemand, nach Gott, nach seinem Palast oder wo immer er zu finden sein würde.
    Aber ich bin gelaufen. Gelaufen über diesen weichen, dunklen, braunen Boden, und der Himmel war eine blutige braune Blase über mir, ich hatte irgendwann das Gefühl, durch eine riesige Gebärmutter zu wandern. Und dann habe ich damit begonnen, ihn zu rufen.«
    Er schlo ss die Augen, schien in die Erinnerung an das einzutauchen, was hinter ihm lag. »Ich habe ihn gerufen.
    Verrückt, oder? Ich habe ihn mit allen Namen gerufen, die ich kannte. Ich habe immer lauter geschrien und geschrien und schlie ss lich nicht mehr gewartet, sondern alles hinausgeschrien, was ich ihm vorwerfen wollte. Nein, das ist nicht ganz richtig.
    Es war… Ich war so im Schreien begriffen, da ss es aus mir herausgebrochen ist, ohne da ss ich es hätte verhindern können.
    Es war, als erbräche ich Worte. Ich habe ihn geschmäht, habe ihn einen Feigling genannt, ihn aufgefordert, da ss er sich stellen soll, da ss er mich wenigstens mit einem Blitzschlag niederstrecken soll, wenn er sich schon nicht traut, mir entgegenzutreten. Ich habe alle Flüche hinausgebrüllt, die ich kenne.« Er blickte grinsend hoch und sah plötzlich überhaupt nicht mehr aus wie Eftalan Quest, der ehrwürdige Patriarch, sondern wie ein naseweiser Junge, der sich freut, da ss ihm ein Schabernack geglückt war. »Und ich kenne eine Menge Flüche, das könnt Ihr mir glauben.«
    Unwillkürlich mu ss ten sie lachen, kurz nur und bedrückt, aber sie mu ss ten lachen. »Und dann?« fragte jemand, und alle spannten sich in Erwartung der phantastischsten Geschichte, die sie je in ihrem Leben hören würden, wie ein Mensch dem Schöpfer des Universums von Angesicht zu Angesicht gegenübertritt. »Was geschah dann?«
    Quests Gesicht bekam etwas Durchscheinendes, Leeres.
    »Nichts«, sagte er. »Es geschah nichts.«
    »Nichts?« Es war ein Flüstern, doch es klang wie ein Schrei.
    Man glaubte beinahe zu hören, wie die Erwartungen zerbrachen.
    »Ich habe geschrien und geflucht, bis mir die Lunge blutete«, fuhr Quest fort. »Zumindest hatte ich das Gefühl, da ss sie blutete, und hörte auf zu schreien. Dann wu ss te ich nicht mehr weiter. Ich stand da, allein unter dem leeren Himmel, und sagte mir, da ss ich alles versucht hatte, was man nur versuchen kann, da ss ich mir alle Mühe gegeben hatte, die in mir gewesen war…
    und trotzdem hatte ich nichts erreicht. Nur Fragen, keine Antworten. Ein Leben lang gesucht und nichts gefunden. Ein Leben lang…« Er nickte, und in der sanften Bewegung seines Kopfes konnte man abgrundtiefe Verzweiflung erahnen. »Ich habe einfach aufgegeben. Vielleicht gibt es überhaupt nichts, das man finden könnte, sagte ich mir. Womöglich existiert nichts, das man erreichen könnte. Das ging mir wie ein Blitz durch den Kopf. Ich hatte plötzlich das Gefühl, das Spiel zu durchschauen. Ein infames Spiel. Wir sind so geschaffen, da ss wir den Drang in uns fühlen, nach etwas zu streben, etwas zu wollen, uns nach etwas zu sehnen, aber wir wissen nicht genau, was eigentlich. Solange wir jung sind, suche n wir es in der Liebe zwischen Mann und Frau, später im Reichtum, im Einflu ss , in Reisen oder Abenteuern, und immer, wenn wir etwas erreicht, etwas gefunden, etwas erlangt haben und feststellen, da ss es nicht das war, wonach wir gesucht haben, sagen wir uns, da ss wir einfach noch ein Stück weitergehen müssen, da ss es nicht mehr weit sein kann, da ss es gleich um die nächste Ecke sein mu ss , endgültig und ein für alle Mal. Aber was, wenn dieser Drang einfach ins Leere läuft, wenn er uns nach etwas suchen lä ss t, das überhaupt nicht existiert? Wenn er nur dazu da ist, uns ein Leben lang in Bewegung zu halten, damit das Schauspiel immer weitergeht, das Drama der Hoffnungen und Leidenschaften, über das
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