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Quest

Quest

Titel: Quest
Autoren: Andreas Eschbach
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das die Sage von Gondwaina schilderte. Man konnte nicht hinabsehen, ohne darüber nachzusinnen, an welchem Punkt genau der erste Same gekeimt haben mochte, von dem der Mythos von Amdyra sprach. Man konnte nicht hinabsehen, ohne an die Verhei ss ung von Unsterblichkeit zu denken.
    Doch die meisten der Edlen standen an den Fenstern ihrer Kabinen, blickten auf die müden Gebirgsfalten eines alten Planeten und fragten sich, warum Gott sich gerade diese Welt als Wohnsitz erwählt haben sollte. Und wie das sein mochte, vor Gott zu stehen. Wie sah er aus? Was tat er den ganzen Tag? Das sagt sich so leicht dahin, wenn man Kindern vor dem Einschlafen davon erzählt, aber nun wirklich und wahrhaftig hier zu sein, an dem Ort der ältesten Legenden, das war etwas ganz anderes. Es war kein Triumph. Dies war die Wirklichkeit, kein Märchen. Man konnte nicht hinabblicken auf diese sagenhafte Welt, ohne zu fühlen, wie einem die Gewi ss heit schwand über alles, woran man glaubte und worauf man sein Leben lang gebaut hatte.
    Und einer von ihnen war dort unten, war hinuntergegangen, um sich der Wahrheit zu stellen, wie immer sie aussehen mochte.
    Der Monitor zeigte immer noch an, da ss er lebte.
    Es war kein Warten mehr, es war, als habe die Zeit selbst geendet. Sie sahen hinaus und hatten das Gefühl, der Planet, die Sonne, das ganze Universum kreise um die MEGATAO.
    Dann, unerwartet, die Stimme Hunots aus den Lautsprechern des Oberdecks: »Wir haben die Signatur eines Jägers. Quest kommt zurück.«
    Sie erwarteten ihn im Stirnhangar. Die Sichtblenden des Innenschotts fuhren wie Vorhänge eines Schautheaters beiseite, und als der Jäger langsam aus dem Dunkel des Alls in das Hell der Schleuse glitt, sah er aus wie eine Erscheinung. Dann jedoch öffnete sich das Schott, landete das klobige Raumschiff auf knirschenden Sto ss dämpfern, und der durchdringende, ozonartige Geruch des abgeschalteten Triebwerks lie ss keinen Zweifel daran, da ss dies die Wirklichkeit war und nichts anderes.
    Sie umringten den Jäger, lösten die Verriegelung der Kanzel und schraken zurück, als sie den Mann sahen, der geistesabwesend im Pilotensessel sa ss . Es war Quest, ohne Zweifel, aber zugleich war er es auch nicht. Nicht mehr. Etwas war mit dem Mann geschehen, den sie gekannt hatten. Etwas, das ihn in seinen eigenen Geist verwandelt hatte.
    »Edler Quest?« rief Hunot ihm zu. »Könnt Ihr mich hören?
    Wie geht es Euch?«
    Ganz langsam kehrte Leben in die starren Augen zurück, gerieten sie wieder in Bewegung, richteten sich auf den Patriarchen von Suokoleinen. »Mir?« fragte der Mann, der einmal Quest gewesen war, als müsse er sich erst vergewissern, von wem die Rede war. »Wie es mir geht?« Er dachte angestrengt nach. »Gut. Ich den ke, gut.« Es klang, als rede er von jemand anderem.
    »Sollen wir Euch beim Aussteigen helfen?«
    Ein langsames, würdevolles Nicken. »Ja.«
    Also halfen sie ihm alle, lediglich Smeeth hielt sich abseits und beobachtete das Geschehen mit finsterem Blick. Sie halfen ihm aus der Kanzel und die schmale Leiter hinab, und mit jeder Bewegung, die Quest tat, wurde er ihnen fremder und rätselhafter. Er war zwar immer noch eine massige, schwergewichtige Gestalt, doch er wirkte nicht mehr wuchtig und furchteinflö ss end, vielmehr waren seine Bewegungen anmutig wie die eines Schattentänzers, sanft geradezu und weich, und diejenigen, die seine Hand hielten beim Aussteigen, sollten später einmal sagen, es sei gewesen, als hielten sie das Blütenblatt einer Udbera.
    »Seid Ihr Gott begegnet, Edler Quest?« fragte Ogur atemlos, unbedacht und ungeduldig herausplatzend mit der Frage, die jeden hier bewegte wie keine andere.
    Quest hielt inne und sah den jungen Edlen an, mit Augen, die wie Brunnenschächte in eine unauslotbare Unendlichkeit waren.
    »Gott?« fragte er, als könne er sich nicht einmal mehr an das Wort erinnern.
    »Ja. Ihr seid losgeflogen, um ihm gegenüberzutreten.«
    »Bin ich das?« Seine Lider blinzelten müde. »Richtig, ich erinnere mich. Gott, ja. Was für ein Wort…«
    Beklommene, fragende Blicke wurden gewechselt. Man half ihm auf den Boden hinunter, und dort wollte er sich erst einmal setzen, sich ausruhen, wie er sagte, und da niemand daran gedacht hatte, einen fahrbaren Stuhl mitzubringen oder auch nur eine gewöhnliche Sitzgelegenheit, setzte sich Quest eben auf den Boden, den Rücken gegen ein Landebein gelehnt, und die Männer scharten sich um ihn. Der Heiler fühlte Quest den Puls und machte ein
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