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Quercher 01 - Quercher und die Thomasnacht

Quercher 01 - Quercher und die Thomasnacht

Titel: Quercher 01 - Quercher und die Thomasnacht
Autoren: Martin Calsow
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ließ sich nicht beirren. »Die Kollegen in Siebenhütten fanden neben Schlickenrieders Leiche Querchers Jacke mit seinem Handy und seinem Ausweis. Querchers Mutter hat uns bestätigt, dass die Jacke ihrem Sohn gehört. Schlickenrieder starb durch einen Skistock. Jemand hat den Stock in sein Auge gerammt. Wohl kaum seine Frau. Dafür braucht es die Kraft eines Mannes. Laut den Kollegen von der Spurensicherung gab es am Tatort nur Spuren von Schlickenrieder, seiner Frau sowie einer zweiten, vermutlich männlichen Person, die sich wieder Richtung Siebenhütten wegbewegt hat. Quercher hat gestern erfahren, dass sein Elternhaus versteigert werden soll. Neuer Besitzer der Altschulden ist Herr Brunner. Der wiederum sagt aus, dass Quercher ihn bedroht haben soll. Vermutlich wollte Quercher seine Familie schützen, das ist es. Dann ist er Amok gelaufen. Für Ihren Immobilienskandal gibt es keinerlei Anhaltspunkte. Oder möchten Sie mir etwas vorlegen?«
    Pollinger drehte sich zur Seite. Ein Kollege goss sich gerade etwas Kaffee in eine Tasse ein.
    »Schau an, der Dr.   Picker. Was machst du denn hier? Ich dachte, du leckst deine Wunden wegen des verpatzten Einsatzes?«, fragte Pollinger eine Spur zu hämisch.
    Picker trat auf ihn zu und schüttelte den Kopf. »Wiesbaden bat mich, hier zu unterstützen. Ich habe mich mit Herrn Dr.   von Stock ins Benehmen gesetzt. Du warst ja nicht erreichbar, da du bei deinem Krebsarzt warst.«
    Pollinger konnte mangelnden Respekt nicht ertragen. Zu gerne wäre er aufgestanden und hätte Picker vor allen Kollegen zusammengestaucht. Aber weder hatte er die Kraft noch die Argumente dafür. Er musste abwarten, was das BKA und Picker in der Hand hatten. Und er brauchte Quercher – lebend. So wie es jetzt aussah, bauten das BKA und andere interessierte Kreise darauf, dass Quercher von der Lawine verschüttet und tot war. Nur so konnte man ihm die ganze Schuld in die Schuhe schieben. Und Picker witterte die Chance, mit seiner Unterstützung für das BKA sein persönliches Desaster vom gestrigen Morgen auszugleichen. Durchschaubar, aber bestechend.
    Picker setzte seine Tasse ab und begann, dem BKA-Beamten seine Version zu erzählen: »Wussten Sie, dass Quercher ein Haus auf einer italienischen Insel gekauft hat? Und in seiner Wohnung fanden wir Flug- und Fährtickets für die kommende Woche. Der syrische Geschäftsführer des Restaurants, an dem Quercher beteiligt war, soll nach unseren Angaben für den Geheimdienst gearbeitet haben.« Picker konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. »Ich sehe das so: Quercher wollte weg aus Deutschland. Bei uns im LKA war er längst abgeschrieben. Kurz, er besaß keine Zukunft. Dann fährt er an den Tegernsee, sieht, dass seine Familie vor dem Aus steht. Seine Schwester, hoch verschuldet, wie wir wissen, muss sich wegen gravierender Hygienemängel verantworten. Seine Mutter steht bald auf der Straße. Sein Mentor, Herr Dr.   Pollinger, ist krank, wird bald ausscheiden. Quercher ist verzweifelt …«
    Picker stockte. Jetzt hatte er den Rubikon überschritten. Nun gab es kein Zurück mehr. Er hatte seinen Kollegen verraten. Und er stellte sich gegen den alten, kranken König Pollinger. Auch der BKA-Beamte sah ihn skeptisch an. Ein kurzer Gedanke schoss Picker durch den Kopf: Man liebt den Verrat, aber nicht den Verräter.
    Der Referent Dr.   von Stock hatte sich zu den Männern gesellt und wandte sich an Pollinger: »Herr Pollinger, wollen Sie uns nicht etwas mehr erzählen?«
    Pollinger fischte sich aus dem Kessel eine neue Wurst heraus, nahm den Pappteller mit zu seinem Tisch und klappte dort seinen Laptop auf. Er griff zu seinen Kopfhörern, klickte in seinem Musikarchiv auf eine Oper von Puccini und sagte laut: »Diese heitere Raterunde gefällt mir. Aber solange Herr Quercher nicht gefunden wird, bitte ich Sie, mich mit Ihren mageren Erkenntnissen zu verschonen.«

Kapitel 43
    Wolfsschlucht, Gemeinde Kreuth, Donnerstag, 21.   12., 00.45   Uhr
    Er würde erfrieren. Erst sind es die Füße und die Finger. Dann kommen die Ohren und die Nase dran. Zum Schluss der Körperkern. So hatte Quercher es bei den Gebirgsjägern gelernt. Nie soll man die betroffenen Stellen warmrubbeln. Sonst gerät das kalte Blut aus den Fingern in die Herzgegend, was zum berüchtigten Bergungstod führt.
    Sein Bein schmerzte wieder. Und das hielt ihn wach. Er hatte seinen Hund mit unter die modrige Decke genommen. Lumpi zitterte und winselte. Quercher steckte seine Nase in ihr
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