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Quelle des Unheils

Quelle des Unheils

Titel: Quelle des Unheils
Autoren: H. B. Gilmour , Randi Reisfeld
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ich Boris in eine Schlange verwandeln können«, grummelte sie. »Das war der erste Zauberspruch, den Ihr mir damals beigebracht habt - als ich zehn Jahre alt war! Ein Kinderspruch, Karsh, keiner, mit dem man Lord Thantos aufhalten kann!« Sie räusperte sich. »Thantos ist ein Mörder. Er hat seinen eigenen Bruder getötet«, fuhr sie fort. »Es war unsere Aufgabe, ihn auf die Insel zurückzubringen, damit er sich der Ratsversammlung stellt.« Ileana schlang ihren dunklen Seidenumhang enger um ihren Körper. »Und das wäre uns auch gelungen, wenn Ihr ihn in etwas verwandelt hättet, das sich leicht einfangen lässt. Aber nein. Ihr zogt es vor, Euren Mit-Mächtigen, den hinterhältigen Lord Thantos, in ein flinkes, gleitendes Band, ein scheußliches Reptil zu verwandeln, das sich durchs Unterholz in die Freiheit geschlängelt hat. Und das ist er jetzt auch, Karsh, frei! Und er hat es Euch zu verdanken. Es steht ihm frei, Apolla und Artemis mit seiner finsteren Magie zu verfolgen. Es steht ihm frei, sie zu ergreifen und anschließend zu versklaven - die beiden sind doch nur Kinder. Unschuldig. Wehrlos.«
    Blödsinn, dachte Karsh. Apolla und Artemis - oder Camryn und Alexandra, wie man sie jetzt nannte - waren weder unschuldig noch wehrlos. Sie waren vierzehn Jahre alt, keine Kinder mehr. Und nur Kinder schon gar nicht. Sie waren herausragende junge Hexen. Jugendliche Meister, die sich ihrer Talente rasch bewusst wurden. Von Anbeginn war viel von ihnen erwartet worden - Zwillingstöchter von Aron und Miranda, zwei der mächtigsten und verehrtesten Vertreter ihres Handwerks.
    Apolla - die starke, gelassene Schönheit, die nunmehr Camryn genannt wurde - war nach dem mythischen Herrscher der Sonne benannt worden.
    Artemis - oder auch Alexandra, rastlos und rebellisch - nach der griechischen Göttin des Mondes.
    Beide waren geschickte, mitunter grimmige Jägerinnen. Aber wie jene, nach denen sie benannt waren, war auch den Mädchen eine schützende Liebe für Tiere und Kinder zu eigen -überhaupt für alles Unschuldige, was in Gefahr schwebte. Es war, dachte Karsh, als könnten sie sich noch an diesen schrecklichen Tag erinnern, an dem ihr Vater gestorben war, ihre Mutter ins Unglück gestürzt wurde und ihr Onkel sie rücksichtslos durch die Wälder von Coventry Island verfolgt hatte. Ihr Onkel, der mächtige Lord Thantos.
    Sie waren zu dieser Zeit noch Säuglinge gewesen, so winzig, dass Karsh in jeder seiner Hände eine von ihnen hatte tragen können. Um ihr Leben zu retten, hatte man sie rasch voneinander getrennt, sie vom Ort ihrer Geburt fortgebracht und sie Beschützern anvertraut, die Karsh ausgewählt hatte und bei denen sie aufwachsen sollten.
    Eines der Kinder war ins ländliche Montana gekommen, nach Crow Creek. Das andere ins kleinstädtische Marble Bay in Massachusetts. Vierzehn Jahre lang hatten dreitausend Kilometer zwischen ihnen gelegen, keine von beiden hatte von der Existenz der anderen gewusst. Und dennoch hatten sie einander vor drei Monaten gefunden.
    Und nur wenige Wochen nach ihrer ersten Begegnung war es notwendig geworden, dass sie unter einem Dach wohnten. »Und genau deshalb sind sie in Gefahr geraten ... in Thantos Nähe!«, platzte es aus Ileana heraus, die Karshs Gedanken gelesen hatte. »Ihr betrügerischer Onkel hatte keinerlei Interesse daran, nur eine von ihnen zu stehlen. Er will sie immer beide. Getrennt voneinander sind sie wertlos für ihn. Nur gemeinsam werden sie ihre wahre Macht und die glühende Magie nutzen können, ihr Erbe vervollkommnen. Wenn Ihr nicht beschlossen hättet, sie zusammenzubringen - natürlich noch dazu ohne mich vorher zu Rate gezogen zu haben -, dann hätte sie Thantos vielleicht niemals aufgespürt. Allein Ihr habt es zu verantworten, dass der gierige Attentäter sie beinahe in seine Gewalt gebracht hätte ...«
    »Es ist ihm aber nicht gelungen, Ileana. Nur das zählt.«
    »Aber es wird ihm noch gelingen! Oh bitte, Karsh, bitte«, flehte sie, völlig Ileana-untypisch. »Lehrt mich das Geheimnis der Verwandlung. Ich könnte Euch und den Mädchen so viel besser zur Seite stehen, wenn ich eine andere Gestalt annehmen könnte.«
    Der erschöpfte Mächtige blickte in die verblüffend grauen Augen Ileanas, seines Lehrlings. Einen Moment lang betrachtete er sie aufmerksam. »Ihr enttäuscht mich«, sagte er, nachdem er ihre Gedanken durchdrungen hatte. »Nicht zum Wohl von Camryn und Alexandra erbittet Ihr dieses kostbare Wissen, sondern um Brice Stanley damit zu
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