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Quelle des Unheils

Quelle des Unheils

Titel: Quelle des Unheils
Autoren: H. B. Gilmour , Randi Reisfeld
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Angst und der Unwissenheit hier gehenkt. Meine eigene Urgroßmutter war eine von ihnen. Sie war eine große Heilerin. Heutzutage wäre sie vielleicht eine berühmte Ärztin. Damals gab es noch keine Frauen, die diesen Beruf ausübten. Es gab nur Begabte, die Widerstand leisteten gegen dummen Aderlass und Blutegel und ungesunde Gifte ...«
    »Könnt Ihr Euch an sie erinnern?«, fragte Ileana. »So alt bin ich nun auch wieder nicht«, lachte Karsh. »Aber sie ist mir von Zeit zu Zeit im Traum erschienen.«
    »Ich wünschte, ich wüsste, wer meine Vorfahren waren«, schmollte Ileana. »Ich kenne ja nicht einmal meine Eltern. Wie alt war ich, als Ihr mich fandet?«
    Sie kannte die Antwort natürlich, doch Karsh erzählte es ihr noch einmal. »Etwa drei Monate. Nur wenig älter als die Zwillinge, als wir sie in unsere Obhut nahmen. Was glaubt Ihr wohl, was Euer erstes Wort war?«
    »Ihr habt es mir bereits erzählt. Mehrfach. Mein erstes Wort war Nein. Ihr strecktet die Hand aus, um mich vom Boden aufzuheben, wo ich lag, und ich sagte: >Nein.< Vielleicht habe ich es auch so gemeint«, grübelte Ileana betrübt. »Vielleicht wäre es besser für mich gewesen, wenn ich dort geblieben wäre, bis derjenige zurückgekehrt wäre, der mich dort niedergelegt hat.« Es schmerzte den alten Mächtigen, Ileana so traurig zu sehen. Wenn er ihr doch nur alles erzählen könnte. Wer ihre Eltern waren. Und warum die Ratsversammlung beschlossen hatte, dass sie es nicht wissen durfte.
    Eines Tages würde er es ihr erzählen, schwor sich Karsh. Und bei diesem Versprechen fühlte er, wie der Baum unter seiner Hand sich erwärmte.
    Er hatte diese Wärme schon einmal verspürt. Damals, beim ersten Mal, hatte er es für die Morgensonne gehalten, die auf die zerfurchte Rinde des Baumes schien.
    Auf eben diesem Hügel hatte er gewartet, eines der Babys in seinen Armen. Er hatte sich gefragt, ob er das Amulett entfernen sollte, wie es Ileana angeordnet hatte. Er hatte sich gefragt, ob er die richtigen Eltern für das Kind gewählt hatte. Den richtigen Beschützer.
    Karsh hatte David Barnes auf einem Seminar über die Alten Künste kennen gelernt. Der Anwalt war neugierig und von dem, was er hörte, begeistert - kein geborener Hexer jedoch. Er verfügte über ein gewisses Feingefühl. Er spürte, wenn sich Böses anbahnte - aber er konnte die Gefahr nicht deutlich genug ausmachen. Wenn er all seine Konzentration aufbrachte, dann konnte David Barnes einen Löffel erzittern lassen, die Buchstaben beeinflussen, die beim Gläserrücken erschienen, oder ein solches Unwohlsein in einem Lügner hervorrufen, dass er die Wahrheit sagte.
    Er war, wie Dave selbst es ausdrückte, verrückt nach Unschuld. Er war Anwalt geworden, um Gutes zu tun.
    Und dennoch war sich Karsh nicht sicher gewesen, ob Dave und seine freundliche und geduldige Frau Emily die passenden Eltern für ein solch ungewöhnliches Kind waren.
    Dies hatte Karsh vor fünfzehn Jahren beschäftigt, als er gegen diesen Stamm lehnte und darauf wartete, dass David Barnes erschien.
    Und in jenem Moment hatte seine Urgroßmutter zum ersten Mal außerhalb eines Traumes zu ihm gesprochen. Der Baum in seinem Rücken hatte sich erwärmt. Und ihre Stimme, stark und jung - denn sie war erst dreiundzwanzig Jahre alt gewesen, als man sie henkte - hatte ihm besänftigende Worte zugeflüstert.
    Wohl habt Ihr gewählt, Sohn meiner Tochter Sohn. Dem Zögling wird kein Leid geschehen. Seine Entscheidung war die richtige gewesen; jetzt wusste er es.
    Wieder blickte er Ileana an. Aber hatte er auch die richtige Entscheidung getroffen, hatte der Rat es getan, als er beschloss, dass Ileanas Herkunft ein Geheimnis bleiben sollte? »Erzählt!«, befahl die schöne junge Hexe mit einem Mal. »Ich habe Euch gehört, Karsh. Ich habe Eure Gedanken gehört. Ihr wisst, nicht wahr? Ihr wisst, wer meine Eltern sind und Ihr sagt es mir nicht! Das darf nicht sein. Ihr müsst es mir erzählen! Es ist nicht fair. Selbst die Zwillinge kennen die Namen ihrer Eltern ...«
    »Bald, Ileana«, sagte er.
    Bald , wiederholte die Stimme seiner Urgroßmutter. Sehr bald . Ileana vernahm die Worte des Baumes.
    »Schwört es mir, Karsh. Schwört es bei diesem heiligen Baum. Schwört beim Grabe Eurer Urgroßmutter. Bei diesem Ort, an dem Cam ihrem Beschützer übergeben wurde ...«
    »Ich schwöre«, sagte Karsh. »Vor meinem Tod werde ich den Zwillingsschwestern das Schicksal ihrer Mutter enthüllen - und Euch den Namen Eures Vaters.«
    »Bald,
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