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Push up

Push up

Titel: Push up
Autoren: Doris Lösel
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wichtiger, als eine Anzeige wegen Zechprellerei.
    Was es damit auf sich hatte, konnte er
ja später der Polizei erklären.
    „Hat es der Dame nicht
geschmeckt?“
Der plötzlich neben dem Tisch aufgetauchte
Kellner setzte Toms Fluchtgedanken ein jähes Ende.
    „Ihr wurde plötzlich
schlecht“, würgte Tom hervor.
    Das stimmte vermutlich sogar. Nur, dass
daran nicht das sicher ausgezeichnete Essen schuld war.
    Zumindest vermutete er, dass es
ausgezeichnet war. Sie hatten es ja beide nicht mal angerührt.
Nein.
Tom war schuld. Er allein.
    Er griff in seine Hosentasche und holte
einige Geldscheine aus seinem Portemonnaie, um sie dem verdutzten
Kellner in die Hand zu drücken.
    „Entschuldigen Sie, bitte“,
stieß er hervor, erhob sich und machte sich mit zitternden
Beinen auf den Weg, um zu retten, was noch zu retten war.

Wir
müssen reden!

    Als es Tom endlich gelungen war, aus der kleinen
Pizzeria zu flüchten, schüttete es wie aus Eimern.
    Scheiße! Hatte Lea wenigstens einen Schirm
dabei?
Er konnte sich nicht entsinnen, dass sie einen in der Hand
gehabt hatte.
    Außerdem hatte er gesehen, dass sie zu Fuß
gekommen war. Es sei denn, sie hätte ihren Wagen irgendwo um die
Ecke geparkt.
    Himmel, sie holte sich womöglich den Tod.
    Großer Gott, jetzt wurde er auch noch dramatisch.
    Aber er hatte, verdammt nochmal, Angst um Lea.
    Hastig sah Tom sich nach allen Seiten um.
    Aus welcher Richtung war sie nochmal gekommen? Rechts?
Nein, links. Oder war es doch rechts? Das andere Rechts?
    Tom dachte nicht länger nach und sprintete los.
    Binnen weniger Sekunden war er bis auf die Knochen
durchweicht.
    Lea hatte sich bestimmt ein Taxi gerufen, wenn sie denn
nicht doch mit ihrem eigenen Auto gekommen war.
    Die Möglichkeit bestand ja immerhin auch noch.
    Tom rannte weiter. Inzwischen stellte sich auch noch
Seitenstechen ein.
    Egal! Alles egal!
Wenn er nur endlich …
    „ Lea!“
    Da vorne lief sie. Nein, sie ging. Langsam.
Wahrscheinlich konnte sie in ihren Sandaletten gar nicht
schneller laufen. Aber nein, sie trug ihre Schuhe in der Hand.
    Barfuß! Sie ging tatsächlich barfuß
durch den strömenden Regen.
    Sie schien nicht mal zu bemerken, dass es goss wie aus
Kübeln.
    Hatte er sie so sehr verletzt?
„Lea! Bitte,
bleib stehen!“
    Ein greller Blitz zuckte über den dunklen Himmel
und nur Sekunden später erscholl ein gewaltiger Donnerschlag,
der die Fenster der umliegenden Geschäfte zum Klirren brachte.
    „ Lea!“,
rief Tom und hetzte weiter hinter der jungen Frau her.
    Was glaubte er denn? Dass sie tatsächlich eine
Runde small talk in diesem Unwetter mit ihm halten würde?
    Aber, danke, lieber Gott, es geschahen tatsächlich
noch Zeichen und Wunder!
Lea blieb stehen und Tom prallte gegen
sie.
    Um sie vor einem Sturz zu bewahren, umfasste er ihre
Arme.
    Himmel, sie war eiskalt.
    Sie drehte sich nicht um. Aber sie schüttelte auch
seine Hände nicht ab.
    Und ganz egal, wie kalt und nass ihre Arme waren …
ihre Haut fühlte sich so verdammt gut unter seinen Handflächen
an.
    „ Was
willst du denn noch von mir?“
    Ganz belegt klang ihre Stimme. Sie hatte geweint. Ganz
sicher. Und wieder war er schuld.
    „ Wir
müssen reden!“
    „ Du
hast alles gesagt, was gesagt werden muss.“
    Oh ja – er hatte es sowas von verdient.
    Tom kniff verzweifelt seine Augen zu, warf seinen Kopf
in den Nacken und schaute gen Himmel.
Oder jedenfalls in diese
Richtung. Zu sehen war sowieso bei diesem Sauwetter nichts davon.
„Lea, bitte, dreh dich um!“
    Mit einem bitteren Lachen kam sie seiner Aufforderung
nach.
    „ Und?
Bist du nun zufrieden?“, schleuderte sie ihm entgegen und
deutete sein erschrecktes Gesicht falsch.
    Die Wimperntusche war verlaufen – vom Regen oder
von ihren Tränen? - und schwarze Streifen zierten ihre bleichen
Wangen.
    Wahrscheinlich hatte sie sogar versucht, ihre Tränen
wütend wegzuwischen.
    Das würde jedenfalls die Pandabären-mäßigen
Ringe um die wunderschönen dunkelgrünen Augen erklären.
    Smaragde, die im Moment jegliches Funkeln verloren
hatten.
    „ Nein“,
sagte Tom leise, „bin ich nicht. Ich bin ein Arschloch und ich
weiß, es reicht nicht mal annähernd, wenn ich mich bei dir
entschuldige. Bitte, lass uns zurückgehen und miteinander
reden!“
    „ Zurückgehen?
Hast du keine Augen im Kopf? Sieh doch nur, wie ich aussehe!“
    Da Lea seine Hände noch immer auf ihren Oberarmen
tolerierte, wagte Tom einen Vorstoß.
Sanft wischte er mit
seinen Daumen über ihre schwarzen Wangen …
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