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Push up

Push up

Titel: Push up
Autoren: Doris Lösel
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(K)ein
Tag wie jeder andere …

    „ Was
habt ihr gesagt?“
    Lea
stand zwischen ihren Freundinnen und gestikulierte wild mit den
Händen, um ihre Frage optisch zu unterstreichen.
    Allerdings
war es ebenso unmöglich, dass eine ihrer Freundinnen sie
verstand, wie Lea zuvor hätte hören können, was Bess
und Joe ihr abwechselnd zugebrüllt hatten.
    Kein
Wunder bei der Lautstärke – schließlich waren Open
Air-Konzerte nicht gerade dafür bekannt, dass es dort sehr leise
zuginge.
    Der
wummernde Bass erfüllte die Körper der überwiegend
jugendlichen Besucher mit angenehmen Vibrationen und die kreischenden
Gitarrentöne, die aus den gigantischen Lautsprecheranlagen durch
den riesigen Park röhrten, hatten schon nach zwanzig Minuten
dazu geführt, dass Lea sich nicht mal mehr selbst denken
hören konnte.
    Wie
sollte sie da, bitteschön, auch nur ein Wort davon verstehen
können, was ihre Freundinnen von ihr wollten?!
    Bess
verdrehte genervt ihre schokoladenbraunen Augen
und Joe tat es ihr gleich.
Das war auch nicht anders zu erwarten.
    Die
beiden bildhübschen Blondinen, die Kurven aufwiesen wie
Topmodels, waren eineiige Zwillinge. Sie ähnelten einander nicht
nur im Aussehen wie ein Ei dem anderen. Nein, auch ihre Mimik und
Gestik war identisch.
    Selbst
Lea, die mit den Zwillingen seit dem ersten Schultag befreundet war,
musste sich morgens, wenn sie sich trafen, abwarten, bis eine von
ihnen etwas sagte. Erst dann wusste Lea sicher, wen von den beiden
sie gerade vor sich hatte.
    Bess'
Stimme war nämlich einen Hauch tiefer, als die ihrer Schwester
Joe.
Okay, das konnte allerdings nur Lea unterscheiden, denn sie
war mit dem absoluten
Gehör auf die
Welt gekommen.
    Was
ihr bei gefühlten tausend Dezibel jedoch
auch nicht weiter half.
    Sie
machte eine hilflose Geste mit ihren Händen, woraufhin Bess ihr
Handy zückte.
Lea grinste. Kluges
Mädchen!
    Sekunden
später zog sie ihr vibrierendes Handy aus der Gesäßtasche
ihrer Jeans-Shorts, strich sich eine Strähne ihrer
taillenlangen, pechschwarzen Mähne hinters Ohr und las die SMS,
wobei ihr die Kinnlade herunterklappte.
    „ Das
ist nicht dein Ernst, oder?“
Lea war so verblüfft über
Bess' SMS, dass sie vergaß, dass die Freundin sie eh nicht
hören konnte.
    Kopfschüttelnd
überflog sie die Textnachricht erneut … nur für den
Fall, dass sie sich
verlesen haben sollte.
    Aber
nein! Hab dich für
die Ausschreibung angemeldet! stand
da.
    Sie
hatte sich also nicht verlesen. Hast
du sie noch alle?
    Joe
lugte über die Schulter ihrer Schwester, um Leas SMS ebenfalls
lesen zu können.
Dann grinsten die Zwillinge, als hätten
sie gerade im Lotto gewonnen, und nickten so heftig, dass ihnen die
blonden Locken nur so ums Gesicht flogen, ehe Bess wie wild erneut
auf ihrem Handy herumtippte.
    Mach
dir mal nicht ins Hemd … ist ja noch nicht raus, ob du
gewonnen hast.
    Gewonnen?
    Lea
fühlte, wie ihr schlecht wurde. Ihr Magen glich einer Achterbahn
und in ihrem Kopf herrschte eine unangenehme Raumleere.
Was hatten
diese beiden Mistkröten denn da bloß wieder
angerichtet?
Natürlich hatten die drei Mädels sich vor
nicht allzu langer Zeit mal darüber
unterhalten, wie es wohl wäre, als eine der
Background-Tänzerinnen beim nächsten Joe
Cocker-Konzert aufzutreten.
    Schließlich
hatten sie gemeinsam vor gerade mal einer Woche ihre Ausbildung an
der Performing Arts School hier in Los Angeles abgeschlossen. In Leas
Fall mit Auszeichnung.
    Sie
hatte sogar ein Angebot einer renommierten Tanzgruppe erhalten, die
Lea nur zu gerne sofort in ihre Truppe integriert hätte.
    Das
hätte allerdings bedeutet, dass sie sofort alle Brücken
hier in L.A. hinter sich abbrechen müsste, um mit dem Ensemble
für knapp zwei Jahre nach Europa zu gehen, wo dieses eine
Festanstellung bei einer Show hatte, die für zwanzig Monate in
Frankreich gastierte.
    Und
dazu war Lea einfach noch nicht bereit.
    Nicht
jetzt.
    Gerade
jetzt nicht!
    Gut,
sie war zweiundzwanzig Jahre alt. Also beileibe kein kleines Kind
mehr.
Sie war außerdem selbständig genug, um auf
eigenen Füßen zu stehen.
    Allerdings
war sie noch immer nicht über den plötzlichen Unfalltod
ihrer Mom hinweg.
Gerade mal sechs Monate war das schreckliche
Unglück her und hatte Lea und ihren Dad, den sie schon immer
vergötterte, zunächst in ein tiefes Loch gestürzt und
anschließend noch fester zusammen geschweißt.
    Sie
war sogar für ein viertel Jahr wieder zu ihm nach Hause gezogen
und erst vor sieben Wochen wieder in ihre eigene
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