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Purpur ist die Freiheit 02 - Die Perlen der Wueste

Purpur ist die Freiheit 02 - Die Perlen der Wueste

Titel: Purpur ist die Freiheit 02 - Die Perlen der Wueste
Autoren: Doris Cramer
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fühlten sich stets kühl und glatt an, nicht jedoch die Akoris. Ein Windstoß fuhr über ihre Handfläche. Rasch schloss sie die Hand über den Perlen, verstaute sie wieder in ihrem bestickten Beutel und wandte sich endlich der Arbeit zu.
    Nur noch wenige der dunkelgrünen Staubperlen, dann waren alle Teile der neuen Pantoffeln fertig bestickt und konnten zusammengenäht werden. Dieses Mal hatte sie sich für allerfeinstes Ziegenleder in einem wunderbaren Sonnengelb entschieden und die Innenseiten der Kappen mit der Unterwolle junger Kamele ausgefüttert. Es war nicht einfach, mit der Nadel das Leder zu durchstechen, schon gar nicht, wenn es sich, wie in diesem Fall, um ein besonders feines Muster handelte. Doch weil ihr Vater oft über kalte Füße klagte, eine Folge der ständigen Feuchtigkeit auf See, sollten diese Pantoffeln ihn in Zukunft gut wärmen. Auch das Muster – angedeutete Wellen in Blau, Grün und Schwarz – gefiel ihr immer besser, je weiter die Arbeit voranschritt. Ihr Vater behauptete oft, sie würde alles besticken, was nicht schnell genug davonlaufen konnte. Sarah lächelte.
    Seine Neckerei hatte tatsächlich einen wahren Kern, überlegte sie und fädelte einige der kaum mehr als sandkorngroßen Perlen in sattem Grün auf die Nadel, als ein herannahendes Schiff ihre Blicke auf sich zog.
    Zunächst blitzte es durch die Gischtwolken, dann teilte ein hoher, goldgeschmückter Bug die Nebelschwaden wie einen Vorhang. Bereits im nächsten Augenblick erschien ein venezianisches Handelsschiff mit scharlachrotem Schwalbenschwanzbanner, das stolz über dem Deck wehte. Geschickt wich das Schiff den tückischen Untiefen zwischen den Inseln aus und rauschte auf einer schaumigen Welle heran. Ihr Vater wäre von dem Anblick begeistert gewesen.
    Handelsschiffe, noch dazu aus Venedig, sah man höchst selten so weit im Süden, sie scheuten die Gefahr, von Korsaren aufgebracht und ausgeraubt zu werden. Seit Jahren schon trieben die Piraten an der gesamten Atlantikküste ihr Unwesen, raubten Waren und Menschen, ja, ganze Schiffe mitsamt Ladung und Besatzung, und niemand konnte ihnen das Handwerk legen. Sie wurden immer reicher und dreister, während hiesige Kapitäne genötigt waren, im Schutz von bewaffneten Konvois zu reisen, um überhaupt noch Fernhandel betreiben zu können. Andere griffen tief in den Beutel, um sich die freie Passage zu erkaufen, oder sie entluden ihre Schiffe und umgingen die besonders gefährlichen Orte auf dem Landweg, um erst in sichereren Regionen die Fahrt auf dem Meer fortzusetzen.
    Aber hier nun traf ein einzelnes fremdes und reiches Schiff ein, das offensichtlich unbeschadet die Korsarenküste passiert hatte. Entweder verfügte der Kapitän über exzellente Beziehungen, oder er war ein besonders wagemutiger Mann. Sie bemühte sich, jedes Detail der schönen Karavelle aufzunehmen, um ihrem Vater später genauestens davon berichten zu können. Er war noch unterwegs, und sie rechneten erst in einigen Wochen mit seiner Rückkehr.
    Das Schiff verlangsamte seine Fahrt, und beim Näherkommen entdeckte sie die Männer in der Takelage, die die Segel einholten. Eine Decksglocke erklang, eine Ankerkette klirrte, und die vergoldeten Schnitzereien am massigen Rumpf glänzten in der Sonne auf, als dieser herumschwang, bis er der Stadt Mogador sein mächtiges Achterkastell zuwandte.
    An Deck begann nun das übliche Aufräumen, wusste Sarah: Tauwerk aufschießen, Segel zusammenpacken, Deck und Frachträume schrubben. Alles wurde für eine mögliche Inspektion in Ordnung gebracht, bevor der Kapitän zur Kommandantur an Land ging, um sich anzumelden. Es würde also eine Weile dauern, bevor es wieder etwas zu sehen gab.
    Erneut nahm Sarah die Nadel mit den vorbereiteten Perlen auf und stach durch das Leder. Sorgfältig rückte sie das Muster zurecht, dann sicherte sie den Faden auf der Unterseite und überprüfte das Farbenspiel, bevor sie sich an die nächste Reihe machte. Sie war zufrieden. Genauso sollte die Stickerei aussehen: wie das Meer bei Mogador.
    Sie mochte vielleicht neun oder zehn Jahre alt gewesen sein, als ihr ihre Mutter eines Tages einen altersmürben Lederbeutel überreicht hatte. Er war mit rätselhaften Zeichen bemalt und mit fremdartigen Muscheln, winzigen Silberscheiben und Korallenstäbchen besetzt.
    » Ist das für mich?«, fragte sie. Der Beutel war prall gefüllt mit unterschiedlichsten Perlen und Schmucksteinen, denen ein schwerer, fremder Duft anhaftete. Ihre Mutter nickte.
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