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Purpur ist die Freiheit 02 - Die Perlen der Wueste

Purpur ist die Freiheit 02 - Die Perlen der Wueste

Titel: Purpur ist die Freiheit 02 - Die Perlen der Wueste
Autoren: Doris Cramer
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unzähliger herausgeputzter Boote auf den Kanälen, der er beigewohnt hatte. Sie musste lächeln.
    Obwohl er mit zunehmendem Alter natürlich ruhiger geworden war, ließ er sich immer noch für alles Neue begeistern. Seine wilden Locken waren zwar längst ebenso grau wie ihre eigenen, auch plagte ihn das Gliederreißen wie so viele ältere Seeleute, doch nach wie vor steckte ein großer Junge in ihm. Offenbar, so las sie zwischen seinen Zeilen, hatte er gegenüber den reichen Adelsfamilien mit ihrem Purpur angegeben, hatte stolz auf ihre familiäre Bindung verwiesen und vermutlich sogar – so jedenfalls schätzte sie ihn ein – jede Menge Versprechungen gemacht. Sie konnte sich gut vorstellen, wie im lockeren Gespräch aus einer kleinen Übertreibung plötzlich eine feste Vereinbarung wurde.
    Dabei wusste Miguel, wie schwer die Arbeit war und dass sie eigentlich weniger Zeit mit der Färberei zubringen wollte. Würde er denn seiner Spontanität niemals Zügel anlegen oder wenigstens die Konsequenzen seines Handelns bedenken? Seufzend streckte sie den Rücken.
    Aufträge gab es mehr als reichlich, wenngleich allerorten die Färberei mit Rubiakraut und griechischem Kermes zunahm. Andererseits, welcher Herrscher oder Kirchenfürst hätte sich wohl die Blöße gegeben, einer öffentlichen Zeremonie in krappgefärbtem Ornat beizuwohnen? Wer auf sich hielt, seine Macht darstellen wollte oder eine Stellung zu verteidigen hatte, brauchte nach wie vor purpurne Festkleidung, und wenn es nur für eine Besatzborte auf dem Uniformrock oder für ein Brusttuch reichte.
    Es gab Zeiten, da hätte sie mehr als die doppelte Menge an Wolle, Tuchen und leichten Stoffen verarbeiten und verkaufen können, trotz kräftig gestiegener Preise. Stattdessen hatte sie die Produktion allmählich eingeschränkt, inzwischen lieferte sie sogar ausschließlich an wenige, ausgewählte Zwischenhändler. Die wiederum hatten die Waren zusätzlich verknappt und so den Preis noch weiter in die Höhe getrieben. Glaubten die geschäftstüchtigen und eitlen Venezianer etwa, die üblichen Handelswege umgehen und über Miguel an zusätzliche Ware gelangen zu können? Wie sollte sie sich verhalten, ohne ihren Mann bloßzustellen? Es sah ganz danach aus, als sei es ihm wieder einmal gelungen, sie in die Bredouille zu bringen.
    » Ich mache Schluss für heute, wir bekommen Besuch«, verkündete sie. Ein letztes Mal fuhr sie mit ihrem Rührholz durch die heiße Küpe. Der von jahrelangem Gebrauch blank polierte Stiel ihres Rührspatels fühlte sich angenehm geschmeidig an und wäre ihr weich vorgekommen, wenn das bei Holz nicht unsinnig gewesen wäre. Aber seine Länge und Gewicht stimmten, er war glatt und warm und ihren Händen seit langem vertraut. Mirijam zog ihn aus dem stinkenden, suppigen Brei und beobachtete gespannt, wie von der Oberfläche schwacher Dampf aufstieg.
    Zoubeida hob fragend die Augenbrauen.
    » Es ist ein Schiff aus Venedig, sein Banner zeigt einen geflügelten Löwen. Ich werde Vorbereitungen treffen müssen, um den Kapitän zu empfangen.«
    *
    Mit raschen Schritten eilte Sarah zum Hafen. Unter dem geschwungenen Tor, das Stadt und Hafenbereich trennte, blieb sie stehen, richtete die Haare und strich das Gewand glatt, um dann mit weniger Hast weiterzugehen. Niemand rannte, und obwohl es ihr meistens schwerfiel, hatte auch sie gelernt, sich zu zügeln. Endlich stand sie zwischen den Schaulustigen am Hafen. Die Menschen erkannten sie, viele grüßten, und man machte ihr bereitwillig Platz, so dass sie bis in die vorderste Reihe vordringen konnte.
    Das Boot hatte den Strand erreicht. Auf ein Kommando wurden die Riemen eingezogen, aus den Dollen gehoben und himmelwärts gereckt. Den Blick geradeaus, als existiere dieses Spalier tropfender Ruderblätter nicht, schritt der goldbetresste, schlanke Mann zum Bug, drückte den Hut auf seine schwarzen Locken und schwang sich über Bord ins flache Wasser. Es spritzte unter seinen Stiefeln auf, als er an Land watete. Er erklomm die Leiter, trat auf den gepflasterten Anleger und ließ seinen Blick umherschweifen.
    Der Venezianer war nicht so groß, wie Sarah zunächst gedacht hatte, aber noch nie hatte sie einen schöneren Mann gesehen. Die breiten Schultern und muskulösen Schenkel, die eleganten Bewegungen, das eckige Kinn und die glitzernden, dunklen Augen unter dichten Brauen, dazu die kräftige Nase – alles an diesem Fremden war wie aufeinander abgestimmt.
    Als er näher kam, in die Runde nickte
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