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Purpur ist die Freiheit 01 - Das Leuchten der Purpurinseln

Purpur ist die Freiheit 01 - Das Leuchten der Purpurinseln

Titel: Purpur ist die Freiheit 01 - Das Leuchten der Purpurinseln
Autoren: Doris Cramer
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aufgeregt und ungeduldig wie das einer jungen Frau. Endlich war sie hier, und endlich würde sie Mirijam wiedersehen.
    Keinen Augenblick hatte sie gezögert, als der Kapitän gefragt hatte, ob sie nicht mit ihm reisen wolle. Mit Freuden hatte sie ja gesagt und Gott auf den Knien für diese große Gnade gedankt. Ihre Augen verzehrten sich nach dem Anblick ihrer Kleinen, wie auch die Hände sich danach sehnten, ihr die Haare zu richten, ihr beim Ankleiden zu helfen, Essen für sie zu kochen. Und wie früher würde sie über sie wachen und sie behüten. Wie lange hatte sie ohne ihre Mädchen auskommen müssen!
    Die Segel knallten gegen den Mast und rissen Gesa in die Wirklichkeit zurück. Sie tastete rasch nach einem Halt. Sie durfte nicht vergessen, dass Mirijam jetzt eine erwachsene Frau war. Und dass sie ihre hübsche, liebliche Lucia nicht wiedersehen würde. Was ihr dieser ungestüme, im Kern aber herzensgute Mann nicht alles über ihre Mädchen erzählt hatte – nicht zu glauben! Schrecklich, unfassbar! Unwillkürlich schlug sie das Kreuz vor ihrer Brust.
    Ohne ihre Betreuung hätte der Kapitän noch eine geraume Weile nicht an Rückfahrt denken können. Das Gift hatte sich schon weit in seinem Körper ausgebreitet, als man sie endlich zu ihm gelassen hatte. Dabei war sie sofort zur Stelle gewesen, als der teuflische Advocat seinen letzten Atemzug ausgehaucht hatte. Hoffentlich schmorte er inzwischen in der schlimmsten Höllenglut!
    » Nun, gute Gesa, zufrieden? Hab ich’s nicht gesagt, não tem problema? Du wirst sehen, jetzt wird alles gut. In meinem Haus ist Mirijam in Sicherheit, und mit Gottes Hilfe komme ich vielleicht rechtzeitig, um meinen Sohn auf Erden bewillkommnen zu können«, sagte der Kapitän mit rauer Stimme.
    Die kleine Mirijam mit den wilden Locken sollte Mutter werden? Sie wusste es zwar, natürlich, der Kapitän hatte schließlich während der gesamten Reise kaum von etwas anderem gesprochen, aber begreifen konnte sie es trotzdem nicht.
    Beide seufzten gleichzeitig tief auf. Sie sahen sich an wie zwei Verschwörer, und ausnahmsweise ließ Gesa es gerne zu, dass der Kapitän den Arm um ihre Schultern legte und sie einen Moment lang fest an sich drückte.
    Die Ankunft der Santa Anna zu dieser späten Stunde scheuchte die Hafenarbeiter aus ihrer Feierabendruhe auf. Sie sprangen herbei und vertäuten in Windeseile das Schiff. Lachen und Rufe gingen hin und her, und noch bevor die Bohlen für den Landgang ausgelegt und festgemacht waren, hatte die gute Nachricht die Reling der Santa Anna bereits überwunden. Lúis, der Bootsmann, nahm seine Mütze ab, spuckte ins Wasser und meldete voller Stolz: » Willkommen daheim, Capitão, Gottes Segen liegt offenbar auf unserer Heimkehr. Euer Eheweib befindet sich wohlbehalten und gesund in Eurem Haus hier in Santa Cruz.«
    » Ihr solltet jetzt aber wirklich Schluss machen«, mahnte Cadidja. » Ich könnte Euch Rücken und Beine massieren. Oder möchtet Ihr lieber baden, bevor Ihr Euch zur Ruhe legt?«
    Mirijam hob die Näharbeit in die Höhe, und ein Lächeln ging über ihr Gesicht. Aus feinster Baumwolle war unter ihren Händen ein weiteres winziges Leibchen entstanden, mit feinen Nähten, die die Haut eines neugeborenen Kindes nicht aufscheuern konnten. » Baden? Ja, gleich.« Doch anstatt aufzustehen und den Hamam aufzusuchen, ließ sie sich in die Kissen zurücksinken. Selbst die Aussicht auf warmes Wasser und duftende Seife brachte sie nicht hoch. Stattdessen schloss sie die Augen.
    Die Damaszener Rose im winzigen Innenhof stand in voller Blüte und erfüllte alle Räume mit ihrem betörenden Duft. Ein Sehnsuchtsduft, denn ein wenig roch es wie in Mogador. Aber Mogador war weit, sehr viel weiter als die Tagesetappe, die Santa Cruz und ihre frühere Heimat eigentlich voneinander trennten.
    Die Enttäuschung darüber, dass niemand sie vor dem Angriff der Sa’adier gewarnt hatte, weder die Nachbarn noch ihre Arbeiter, wirkte immer noch nach. Sie verstand es nicht, sie hatte sich ihnen doch zugehörig, wie eine der ihren gefühlt! Wie es dort wohl jetzt aussah? Ob ihr Haus noch stand, und die Teppichweberei mit dem Turm, von dem man diesen wunderbaren Blick hatte? Irgendwann musste sie dorthin zurück und nach ihren Manufakturen und den Arbeitern sehen. Irgendwann, dachte sie, sicher, aber noch nicht so bald.
    Sie setzte sich bequemer zurecht. Wie schwer es ihr doch zurzeit fiel, selbst die einfachsten Entschlüsse zu fassen, überlegte sie. Jede noch so
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