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Purpur ist die Freiheit 01 - Das Leuchten der Purpurinseln

Purpur ist die Freiheit 01 - Das Leuchten der Purpurinseln

Titel: Purpur ist die Freiheit 01 - Das Leuchten der Purpurinseln
Autoren: Doris Cramer
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kleinen Tropfen.
    Ganz plötzlich wallte die Wut in ihm auf, und ihm wurde heiß. Zustechen, schrie es in ihm, los, worauf wartest du! Schneid ihm die Kehle durch, und mach dem Ganzen ein Ende, ein für alle Mal! Das Blut in seinen Ohren rauschte, Schweiß brach ihm aus. Wilde Mordlust hatte ihn gepackt, und ihm war, als führe jemand seine Hand.
    Madre de Deus, durchzuckte es ihn im gleichen Atemzug, das wäre glatter Mord! Er wäre keinen Deut besser als dieser schlechte Mensch, stünde auf gleicher Stufe mit ihm …
    Miguel atmete tief aus. Seine Hand zitterte, als er den Druck der Klinge lockerte.
    Die Lider des Advocaten flatterten. Hatte er bemerkt, dass er nur einen Herzschlag vom Grab entfernt gestanden hatte? Noch einmal holte Miguel tief Luft. Dann räusperte er sich.
    » Ihr werdet wohl kaum vergessen haben«, Miguel zwang sich zur Ruhe, » dass Ihr keineswegs mit Mirijam van de Meulen verwandt seid, Joaqim Valverde. Oder wollt Ihr etwa leugnen, den wirklichen Onkel der kleinen Lea, ihrer Mutter, umgebracht zu haben? Ihr wisst, wen ich meine? Ganz recht, den freundlichen Mann mit dem dunklen Mal im Gesicht.«
    Die Blicke des Advocaten hatten sich an Miguels Gesicht festgesaugt.
    » Ihr habt die Drahtschlinge um Jakob Cohns Hals gelegt und ihn erwürgt, war es nicht so? Und danach seid Ihr mit dem Vermögen der Familie, mit Beuteln voller Gold und Edelsteine, verschwunden. Ja, so war es. Es gab dafür Zeugen, Senhor Valverde. Später habt Ihr die Identität Eures Mordopfers angenommen und tut seitdem, als wärt Ihr der angesehene Jakob Cohn.« Angewidert schüttelte Miguel den Kopf. » Aber das war, jedenfalls soweit ich weiß, lediglich der Anfang. Die vollständige Aufzählung Eurer Missetaten würde Stunden dauern. Mit was für einem Sündenregister Ihr vor Euren Schöpfer treten werdet!«
    » Wer ist denn dieser Joaqim? Ihr verwechselt mich. Und was gehen Euch diese alten Geschichten aus Granada eigentlich an?«
    » Ha!« Miguel triumphierte. » Alte Geschichten aus Granada? Damit habt Ihr Euch verraten!«
    » Was redet Ihr denn da! Habt Ihr Wahnvorstellungen? Ihr solltet dringend einen Aderlass vornehmen lassen.«
    » Das ist kein Wahn. Mit Freuden teile ich Euch mit, Mirijam van de Meulen ist nicht tot, gottlob. Sie ist vielmehr gesund und lebt herrlich und in Freuden als meine vor Gott und den Menschen offiziell angetraute Ehefrau.«
    » Ihr lügt!« Cohn sprangen beinahe die Augen heraus. Was für eine Genugtuung dieses vor Wut und Verzweiflung verzerrte Gesicht doch war. Miguel lächelte zufrieden. Ja, dachte er, genau so sollte Rache aussehen!
    Dabei übersah er, wie Cohns Rechte sich hob, wie der Diamantring aufklappte und einen Dorn freigab. Als der Hieb kam und er den Dorn an seiner Wange spürte, wusste er, dass er vergiftet wurde. Starr vor Schreck ließ er das Messer sinken. Gift! Das sah ihm ähnlich, diesem feigen Mordgesellen!
    Der Advocat nutzte seine Chance. Mit einem Satz war er an einer in der Wandvertäfelung versteckten Tür, riss sie auf und sprang hinaus.
    » Atenção! Que diabos, er entwischt!« Dieser Ruf war das Einzige, wozu er imstande war.
    Als habe die eigene Stimme ihn aus der Starre geweckt, die ihn plötzlich überfallen hatte, setzte er dem Mann durch die Tür in die dunkle Gasse zwischen den Häusern nach. Ein Pfiff, ein Ruf, jemand brüllte, ein Fluch, das dumpfe Geräusch eines Fausthiebs, leises Röcheln. Und dann Stille.
    Miguel fühlte seine Beine schwach werden. Er musste sich an der Wand abstützen und ließ das Messer fallen. Das verdammte Gift!, dachte er, doch er zwang sich vorwärts.
    Als er endlich zum Schauplatz des Kampfes kam, erhoben sich drei Matrosen der Santa Anna und gaben den Blick frei auf einen Körper, der mit ausgebreiteten Armen am Boden lag. Wams und Hose waren zerfetzt, der Kopf unnatürlich verdreht, die Arme ausgestreckt.
    Es war der Advocat, der mit einem Messer in der Brust in seinem Blute lag.
    In Miguels Ohren rauschte es, und als er neben dem Advocaten zusammenbrach, sah er dessen schwarze Augen blicklos in den Himmel über Antwerpen starren.

75
    SANTA CRUZ DE AGUÈR APRIL 1528
    Im letzten Tageslicht kreuzte die Santa Anna vor der Hafeneinfahrt. » Was ist los? Warum zögert Ihr?«, fuhr der Kapitän, der sich nur mit Krücken auf den Beinen halten konnte, den Rudergänger an.
    » Ihr habt doch Mogador selbst gesehen, Kapitän. Was, wenn die Portugiesen hier das Feld nun doch räumen mussten? Man weiß es schließlich nicht
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