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Puppentod

Titel: Puppentod
Autoren: Katharina Winter
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Strohhut durch die Luft schwenkte.
    In Windeseile wurde vorn am Wasser der Tisch gedeckt, wurden Kerzen angezündet und bunte Cocktails sowie Berge von Hummer und Meeresfrüchten gebracht. Margeritas Calalou -Suppe aber lehnte Michael dankend ab, ebenso den Mamajuana -Schnaps.
    »Sind Sie das erste Mal in der Dominikanischen Republik?«, fragte Lisa, nachdem Margerita und Flavio sich endlich wieder zurückgezogen hatten.
    Michael grinste, weil sie das Spiel fortsetzte, und schob sich eine Garnele in den Mund. »Nein, ich war schon zweimal hier«, sagte er. »Und beim letzten Mal hat es mir so gut gefallen, dass ich mich nun entschlossen habe, für immer zu bleiben.«
    Erstaunt zog sie die Augenbrauen nach oben, während er freudig und aufgeregt zugleich fortfuhr: »Meine Mutter und ich haben die Firma und die Villa am See verkauft, und seitdem suche ich einen Platz zum Leben. Ich war mir lange nicht sicher, wo der sein könnte, doch jetzt habe ich ihn gefunden. Dort oben auf dem Berg steht ein wunderschönes weißes Haus, das ich vor drei Stunden gekauft habe. Es hat einen Kakteengarten und eine riesige Veranda, von der aus man aufs Meer schauen kann. Da werde ich nun Tag für Tag sitzen und meine Romane schreiben.«

    »Aha«, sagte Lisa.
    »Gerade ist mein erster Roman erschienen«, erzählte er voller Stolz. »Ein Wirtschaftsthriller, den ich in China geschrieben habe. Er verkauft sich sehr gut, fast ein richtiger Bestseller, ich kann es kaum glauben. Ich arbeite auch schon an meinem zweiten, nur leider komme ich damit nicht so gut voran.«
    »Wovon soll er denn handeln?«, wollte Lisa wissen.
    »Von einem reichen Japaner, der einer alten Samuraifamilie entstammt«, sagte Michael und beobachtete dabei jede Bewegung in ihrem Gesicht. »Er verteidigt die Ehre der Familie und bringt jemanden um, deshalb muss er Japan verlassen und gelangt auf Umwegen in die Karibik. Nur weiß ich noch nicht, was er dort tun wird. So weit habe ich die Geschichte noch nicht entwickelt. Hast du vielleicht eine Idee?«
    Sie überlegte und sagte nach einer Weile: »Er könnte dort ein traumatisiertes Mädchen kennenlernen und ihr helfen zu überleben, weil er ihren Wunsch nach Rache ernst nimmt, sie lehrt, einen Plan zu entwerfen, und die Umsetzung auch finanziert.«
    »Das wäre eine Möglichkeit«, entgegnete Michael nachdenklich. »Obwohl es sehr unwahrscheinlich klingt und im richtigen Leben wohl nicht vorkommt, oder?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Nein, so etwas gibt es nur in Romanen.«
    Ein spanisches Liebeslied erklang. Julio spielte es auf seiner Gitarre. Es hieß Hasta Mañana und erzählte die Geschichte von zwei Menschen, die sich verloren und wiederfanden, weil ihre Liebe stark genug war. Hasta
mañana, mi amor! Damals, an ihrem ersten gemeinsamen Abend bei Margerita, hatte Julio dieses Lied auch gespielt, während eine Sternschnuppe ins Meer fiel, erinnerte sich Michael.
    Im Lichtschein der Kerzen blickte er in Lisas schwarze Augen und umschloss zärtlich ihre Hand. »Dieses Haus, dort oben auf dem Berg«, sagte er, »ist für mich alleine viel zu groß, und deshalb wollte ich dich fragen …« Mitten im Satz brach er ab und holte noch einmal tief Luft. »Würdest du mich heiraten, Lisa? Ich meine … richtig heiraten … nicht mit einem barfüßigen Pfarrer am Strand … sondern mit einem Standesbeamten und einem gültigen Ehefähigkeitszeugnis und einer legalisierten Heiratsurkunde … und allem, was sonst noch dazugehört? Ich liebe dich, und ich möchte mein Leben mit dir verbringen.«
    Eine Träne lief ihr die Wange herunter.
    Er beugte sich zu ihr und wischte sie weg.
    »Ja«, sagte sie und lächelte - nicht mehr traurig, nur noch glücklich. So glücklich, wie er sie noch nie gesehen hatte. Die Dämonen waren besiegt. Vielleicht hatte der Liebeszauber sie verjagt oder tatsächlich das Quanga seine Wirkung entfaltet - darin war Michael sich nicht ganz sicher. Nur eines stand für ihn fest: Ihre Liebe hatte der Himmel beschützt. Anders konnte es gar nicht sein.

Originalausgabe 10/2010
    Copyright © 2010 by Diana Verlag, München,
in der Verlagsgruppe Random House GmbH
    Umschlagmotiv | © Anna Grossman / Photonica / Getty Images
Umschlaggestaltung | Hauptmann & Kompanie Werbeagentur,
Zürich, Teresa Mutzenbach
Herstellung | Helga Schörnig
Satz | C. Schaber Datentechnik, Wels
     
     
    eISBN 978-3-641-06036-7
     
     
    http://www.diana-verlag.de
    www.randomhouse.de
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