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Puppentod

Titel: Puppentod
Autoren: Katharina Winter
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von ihm denken?
    Doch sie lachte nur und sagte: »Dieses Büro ist nicht für große Männer gebaut.«
    Dann blickte sie ihn mit ihren großen, schwarzen Augen so unverhohlen an, dass er ganz nervös wurde.
    »Ich habe meine Taucherausrüstung zurück ins Gerätehaus gebracht und dort auf die Bank gelegt«, sagte er und musste aufpassen, bei ihrem Anblick nicht ins Stottern zu geraten. Ihr Lächeln war einfach umwerfend.
    »Geht es dir wieder besser?«, wollte sie wissen.
    Er nickte. »Ich glaube, ich habe den Schock überwunden, und wollte mich noch einmal bei Ihnen … bei dir … «, verbesserte er sich. Menschen sofort zu duzen war für ihn ungewohnt, doch das war beim Tauchen so üblich. »Also, ich wollte mich auf jeden Fall noch einmal bedanken!«
    Sie winkte ab. »Kein Problem, es ist ja alles gut gegangen.«
    Gott sei Dank, dachte er, denn er hing an seinem Leben und hatte vor, über die erreichten dreiunddreißig Jahre hinauszukommen.

    »Ich habe dir trotzdem ein Zertifikat ausgeschrieben«, sagte sie lächelnd und gab es ihm. »Da steht, dass Michael Westphal seinen Anfängerkurs erfolgreich absolviert hat. Und das stimmt auch! Bis auf die kleine Panikattacke hast du deine Sache sehr gut gemacht. Aber das kann beim ersten Tauchgang passieren. Ich hoffe, du wirst deswegen nicht mit dem Tauchen aufhören.«
    Er lachte kurz auf. Kleine Panikattacke war eine nette Beschreibung für das, was er in acht Meter Tiefe empfunden hatte, als er keine Luft mehr bekam. Pure Todesangst hatte ihn in der Dunkelheit des Ozeans überfallen. Während Fischschwärme und seltsame Meeresbewohner stumm an ihm vorbeigezogen waren, hatte er mit seinem Leben bereits innerlich abgeschlossen. Tauchen war nicht seine Sache, das stand nach dem heutigen Tag für ihn fest. Er hatte sich nur aus Spaß zu diesem Tauchkurs angemeldet und weil ein Gutschein dafür auf seinem Hotelzimmer gelegen hatte. Das einzig Erfreuliche an dieser Geschichte war, dass ihn diese schöne Frau aus dem Karibischen Meer gerettet hatte, die sich nun - mit viel Glück - von ihm zum Essen einladen ließ.
    Er betrachtete das Zertifikat und versuchte, ihre Unterschrift zu entziffern.
    »Heißt das Lisa M. Elbert?«, fragte er.
    Sie nickte.
    »Wofür steht das M?«
    »Für Marie.«
    »Lisa Marie - das ist ein schöner Name«, meinte er und fragte: »Würde eine Frau mit einem so schönen Namen mit mir essen gehen?«

    Leicht verdutzt sah sie ihn an, weshalb er schnell hinzufügte: »Als Dankeschön, sozusagen … weil ich froh bin, dass ich noch lebe.« Er begegnete ihrem Blick. Diese Augen brachten ihn vollkommen durcheinander. So sanft, wie sie zu lächeln schienen, so feurig funkelten sie ihn an.
    »Nette Männer aus den Tiefen des Ozeans zu retten ist zwar mein Job«, sagte sie, »aber deine Einladung nehme ich trotzdem gern an.«
    In einem weißen, leicht durchscheinenden Leinenkleid, unter dem sich die Silhouette ihres schlanken Körpers abzeichnete, kam sie um den Schreibtisch herum. Er konnte seine Augen nicht von ihr abwenden.
    »Ganz in der Nähe, direkt am Strand, gibt es ein gutes Fischlokal«, sagte sie. »Es gehört Margerita, und dort gibt es den besten Fisch der ganzen Insel.«
    »Ich liebe Fisch«, entgegnete er gut gelaunt.
    Sie griff nach dem Büroschlüssel. »Dann lass uns gehen.«
    Als sie die Tür abschloss, fiel ihm auf, dass sie barfuß war.
    »Wir gehen unten am Strand entlang«, erklärte sie. »Das ist der kürzeste Weg.«
    Also zog er seine Flip-Flops aus und krempelte seine Hose auf.
    Es war ein schöner Abend. Ein kräftiges Orangerot überzog den Horizont, während am Himmel bereits der Vollmond aufstieg.
    Durch den Sand stapften sie hinunter zum Wasser. Das Meer war ganz ruhig, und die auslaufenden Wellen umspülten ihre Füße.

    Lisa zeigte strandaufwärts. »Siehst du die bunten Lichter da vorn? Sie gehören zum Lokal - es ist überhaupt nicht weit.« In diesem Augenblick jedoch schien sie etwas zu bemerken, was sie stutzig machte.
    »Im Gerätehaus brennt Licht«, murmelte sie, »obwohl um diese Zeit dort niemand mehr sein sollte. Warte einen Moment, ich gehe schnell nachschauen.«
    Sie lief eilig zum Gerätehaus zurück. Kurz darauf hörte Michael das Quietschen der Holztür.
    Als sie wiederkam, fragte er besorgt: »Alles in Ordnung?«
    »Alles in Ordnung«, antwortete sie. »Es hatte nur jemand vergessen, das Licht auszumachen.«

    Margeritas Fisch- & Cocktailbar war eine kleine Attraktion. Die einfachen Holztische, die unter
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