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Puna - Toedliche Spurensuche

Puna - Toedliche Spurensuche

Titel: Puna - Toedliche Spurensuche
Autoren: Bernd Scholze
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beschleunigte auf der Startbahn. Anja sah die braune Landschaft, die Häuser von El Alto und La Paz. In der Entfernung zog sich die Andenkette. Die Schneefelder des Illampu leuchteten in der Sonne.
    Die Beschleunigungskräfte pressten Anja in ihren Sitz. Sie sah aus dem Fenster. Sie sah, wie die Landschaft immer schneller an ihr vorbei zog. Unermüdlich. Unbarmherzig. Die Nase des Flugzeuges hob sich und Anja spürte in der Magengegend, dass die Maschine abhob. Sie wischte sich mit den Zeigefingern über die Augen. Ihr wurde bewusst, was sie alles hinter sich lassen würde. Es schmerzte, wenn Sie daran dachte, Haydee für immer verloren zu haben. Obwohl sie von ihrer Existenz vor wenigen Tagen noch nichts wusste, war sie doch eine wichtige Freundin geworden. Umso schlimmer war das Gefühl, wenn sie daran dachte, dass Haydee aus ihrem Leben herausgerissen wurde und dass Anja bis zum Schluss keine Möglichkeit hatte, ihr Grab zu besuchen. Haydee wurde in jener Nacht umgebracht und Anja fand keine Möglichkeit, von ihr Abschied zu nehmen. Sie fühlte sich schuldig, weil sie sich von ihr damals getrennt hatte. In der Situation schien es die vernünftigste Lösung zu sein. Und jetzt?
    Anja dachte an die neuerliche Entwicklung zurück. Der Tod von Ferdinand Lochner. Sie wollte nicht, dass er nach Bolivien kommt. Und als er dort eintraf, hatte er keine Chance. So kurz vor dem Ziel. Es war sein ganz persönliches Ziel. Jetzt hatte sie die traurige Aufgabe, seine sterblichen Überreste nach Deutschland zu begleiten ...
    Lautsprecherdurchsagen auf Spanisch. Fern, ganz weit weg, realisierte die Stimme.
    Sie dachte an Maria Assunta, die ihr in den letzten Tagen sehr behilflich gewesen war. Maria Assunta war es sogar gelungen, Paulino Esteban Pinto Staller nach Uyuni zu bringen.

    Anja war nach der Zeugenbefragung bei der Polizei zurückgekommen, hatte sich mit einem Kaffee an den leeren Tisch gesetzt und grübelte über die Vorgänge der letzten Tage nach. Die Tür ging auf, und ein kleinerer Mann, um die 1,60 m groß, trat zusammen mit Maria ein. Sein rundliches Gesicht war durch die Sonne stark gealtert. Die grau-schwarzen Haare waren kurz geschnitten. Noch während die beiden in der Tür standen hatte sich Maria durch ein angedeutetes Kopfschütteln mit ihr verständigt.
    Anja stand auf und ging dem Mann entgegen. Maria machte beide miteinander bekannt und zog sich dann unbemerkt zurück. Etwas verlegen standen beide voreinander und musterten sich. Schließlich drehte sie sich um und bot ihm einen Platz am Tisch an.
    Anja erklärte ihm kurz den Hintergrund und erzählte ihm von dem Tod von Ludwig Staller, dessen Erbe er nun war. Paulino zeigte keinerlei Überraschung oder Freude. Sie konnte keinen Hinweis einer einsetzenden Gier bemerken. Nach kurzer Pause antwortete er ihr, dass er zwar wisse, dass seine Vorfahren aus Deutschland stammten. Aber er hatte nie Kontakt zu irgendwelchen Verwandten in Europa gehabt. Es seien fremde Menschen für ihn. Seine Mutter hatte immer wieder von ihrer Flucht aus Deutschland vor den Nazis erzählt. Das sei das Einzige, woran er sich erinnerte.
    Anja erklärte ihm, was es mit der Erbschaft auf sich haben würde. Er könne unter Umständen die Unterlagen, die Teil der Erbmasse seien, unter Umständen teuer verkaufen. Allerdings erzählte sie ihm auch, welche Opfer bisher zu verzeichnen waren. Wieder trat eine Pause ein. Paulino überlegte und bedankte sich. Schließlich sagte er, dass er nicht an dem Erbe interessiert sei. Anja möge das nicht persönlich nehmen. Aber er wolle das Erbe nicht.
    Anja nickte. Sie hatte nicht vor, ihn umzustimmen. Angesichts der Opfer fühlte sie sich verpflichtet, ihn zu schützen. Sie erläuterte ihm, warum sie gerne eine Verzichtserklärung hätte. Nur so würden weitere Sucheinsätze nach seiner Person unterbunden. Paulino nickte.
    »Señora, Maria hat mir erzählt, was hier in den letzten Tagen passiert ist. Ich danke Ihnen, dass Sie sich um meine Person sorgen ... Vielleicht ...«, seine kleinen Augen ruhten auf ihrem Gesicht. »Ich weiß nicht so recht, wie ich es sagen soll ...«
    Anja bot ihm Kaffee an, schob ihm Milch und Zucker hin. Beide hielten ihre Tassen in den Händen und schienen ins Leere zu starren.
    »Señora ...«, setzte er erneut an.
    »Entschuldigen Sie, sie können ruhig Anja zu mir sagen ... aber nur, wenn es für Sie Okay ist .« , unterbrach sie ihn.
    »Ähm, ... ich bin Paulino. Danke. Sie müssen wissen, dass meine Mutter nach Chile
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