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Puna - Toedliche Spurensuche

Puna - Toedliche Spurensuche

Titel: Puna - Toedliche Spurensuche
Autoren: Bernd Scholze
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waren. Der absolute Horror stelle sich dann immer während des Landesvorganges ein. Auch da schloss er die Augen. Er wollte sein Ende nicht sehenden Auges miterleben. Er hoffte darauf, dass das Ende schnell kommen würde. Seine Hände verkrampften sich jedes Mal in die Armlehnen. Und er achtete immer darauf, dass der Sicherheitsgurt geschlossen und angezogen war, sobald er den Platz eingenommen hatte. Und er achtete darauf, dass der Sicherheitsgurt erst geöffnet wurde, wenn das Flugzeug endgültig zum Stillstand gekommen war.
    Nein, von Kleinflugzeugen ging für ihn keine Freude aus. Sie waren ein Übel. Ein notwendiges Übel. Wo es ging, versuchte er, darauf zu verzichten.
    Aber heute ging es nicht anders. Die Zeit war knapp. Der Anruf von Anja Koswig klang erschreckend. Die Warnungen der Polizei waren nicht besser. Sollte das ganze Vorhaben so dicht vor dem Ziel noch scheitern? Der Tod von Haydee. Er konnte es immer noch nicht glauben. Seiner Tochter hatte er es immer noch nicht erzählt. Mal abgesehen davon, dass die Zeit ohnehin sehr eng begrenzt war. Er hätte gar nicht gewusst, wie er ihr das hätte erklären sollen.
    Seine Sekretärin hatte wieder einmal Wunder vollbracht. Den Flug nach La Paz in so kurzer Zeit organisiert. Den Weiterflug von La Paz nach Uyuni. Sie hatte auch noch schnell Kartenausschnitte von Uyuni und Chuvica ausgedruckt, damit er eine ungefähre Vorstellung hatte, wohin er musste. Und sie hatte ein kurzes Dossier zu Bolivien erstellt, damit er ein paar Hintergrundinformationen hatte. Sie war Gold wert. Das wusste er. Dennoch fand er selten Zeit, ihr das auch einmal zu verstehen zu geben. Überhaupt fand er, dass viel zu viel über solche Dinge geredet wurde. Sie alle waren erwachsene Menschen. Da könne man auch erwarten, dass sie sich wie erwachsene Menschen verhalten. In dem Fall muss man nicht betonen, dass irgendjemand etwas sehr gut gemacht hat. Entweder er merkt es oder er ist auf Dauer nicht für den Job geeignet. ‚Ich bin doch kein Animateur‘, pflegte er sich in solchen Situationen immer wieder selbst zu sagen.
    Jetzt saß er in diesem Kleinflugzeug. In Kürze sollte er, Ferdinand Lochner, auf dem Aeropuerto Joya Andina stehen. Sofern das Flugzeug wirklich die Landung schafft. Die Fingerkuppen bohrten sich weiß in die Armlehnen. Seine Atmung ging stoßweise. Schweiß trat ihm auf die Stirn. Die braune Landschaft glitt draußen ungesehen vorüber. Wie an einem unsichtbaren Faden näherte sich das Flugzeug der langen, schwarzen Bahn aus Asphalt. Die erste Berührung mit der Landebahn, als der hintere Teil des Fahrwerks aufsetzte. Für einen kurzen Moment hielt er die Luft an. Er spürte das Rollen der Reifen. Bildete er sich das nur ein, oder heulten die Triebwerke tatsächlich hochtouriger als notwendig? Musste der Start abgebrochen werden? Er atmete mit noch größerer Geschwindigkeit weiter. Nur nicht die Augen aufmachen. Mittlerweile war er sich sicher, dass die Piloten einen neuen Start vorbereiteten. Er hatte doch geahnt, dass die kleineren Flugzeuge Probleme bereiten. Jetzt ... Ein weiteres Rütteln. Das Geräusch quietschender Reifen. Das Gefühl von starken Bremsen. ‚Die werden es doch nicht trotzdem versuchen. Die können doch nicht mit unseren Leben spielen‘, dachte er. Die Flugzeug verlor schnell an Geschwindigkeit und rollte in seine Parkposition. Ferdinand Lochner wartete noch einen Moment, bevor er die Augen öffnete. Um ihn herum waren die Menschen schon in Aufregung, um ihr Gepäck zusammenzuraffen.
    »Señor, ist bei ihnen alles in Ordnung ?« , fragte eine asiatisch aussehende junge Frau, die gerade einen kleinen Rucksack aus dem Gepäckfach holte.
    Ferdinand Lochner nickte und bedankte sich für die Nachfrage. Er löste seinen Sicherheitsgurt und holte eine kleine schwarze Aktentasche aus dem Gepäckfach. Seine Atmung ging immer noch ziemlich schnell. War das noch die Restanspannung? Lag das an der Höhe von über 3.000 m? Er verließ als einer der Letzten das Flugzeug über die Gangway.
    Anja betrat das Flughafengebäude. Die weißen großen Fliesen auf dem Boden wirkten neu. Licht durchflutete die Halle. Große Fensterscheiben auf dem schrägen Dach.
    Erste Passagiere kamen. Anja wartete. Am Ende folgte schließlich Ferdinand Lochner. Ein Koffer, eine Aktentasche. Ein etwas derangierter dunkelblauer Anzug. Sein weißes Hemd war durchschwitzt. Die Krawatte gelockert.
    Anja sah ihm an, dass ihm die Höhe zu schaffen machte. Sie ging auf ihn zu und
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