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Puls

Puls

Titel: Puls
Autoren: Stephen King
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Fahrtrichtung unterwegs, aber das Taxi zog den Kürzeren; während Clay noch immer auf dem Gehsteig kniend zusah, flog der Taxifahrer durch den plötzlich glaslosen vorderen Scheibenrahmen und landete auf der Fahrbahn, wo er einen blutenden Arm hochreckte und laut schrie.
    Der Mann mit dem Schnurrbart hatte natürlich Recht. Der Rest Vernunft, den Clay noch aufbringen konnte - nur wenig davon schaffte es, den Nebel des Schockes zu durchdringen, der sein Denken beeinträchtigte -, sagte ihm, dass es bei weitem das Klügste sei, schleunigst von der Boylston Street zu verschwinden und in Deckung zu gehen. Falls es sich hier gerade um einen Terrorakt handelte, hatte dieser keinerlei Ähnlichkeit mit irgendeinem, den er je gesehen oder von dem er je gehört hatte. Was er . sie tun sollten, war, sich zu verkriechen und in Deckung zu bleiben, bis die Lage sich klärte. Das würde es wahrscheinlich nötig machen, einen Fernseher zu finden. Aber er wollte das bewusstlose Mädchen nicht auf einer Straße liegen lassen, die sich plötzlich in ein Tollhaus verwandelt hatte. Dagegen rebellierte jeder Instinkt seines größtenteils gütigen - und gewiss zivilisierten - Herzens.
    »Gehen Sie nur weiter«, forderte er den kleinen Mann mit dem Schnurrbart auf. Er sagte das mit ungeheurem Widerstreben. Er kannte den kleinen Mann überhaupt nicht, aber er brabbelte wenigstens keinen Unsinn und wedelte nicht mit den Händen in der Luft. Oder stürzte sich mit gefletschten Zähnen auf Clays Kehle. »Sehen Sie zu, dass Sie irgendwo Unterschlupf finden. Ich werde ...« Er wusste nicht, wie er den Satz zu Ende bringen sollte.
    »Was werden Sie?«, fragte der Mann mit dem Schnurrbart, dann fuhr er zusammen und zog die Schultern hoch, weil wieder etwas explodierte. Die Explosion hatte sich direkt hinter dem Hotel ereignet, so klang es jedenfalls, und sofort begann dort drüben schwarzer Rauch aufzusteigen, der den blauen Himmel verschmutzte, bis er hoch genug stieg, dass der Wind ihn verteilen konnte.
    »Ich rufe die Polizei«, sagte Clay wie in einer plötzlichen Eingebung. »Sie hat ein Handy.« Er deutete mit dem Daumen auf Power Suit Woman, die jetzt tot in einer Lache des eigenen Bluts lag. »Sie hat's gerade noch benutzt, bevor ... Sie wissen schon, bevor dieser Scheiß ...«
    Er verstummte, während er sich intensiv daran erinnerte, was sich genau ereignet hatte, kurz bevor dieser Scheiß angefangen hatte. Er merkte, dass sein Blick von der Toten zu dem bewusstlosen Mädchen und dann zu den Bruchstücken des minzegrünen Handys der Bewusstlosen wanderte.
    Sirenengeheul in zwei deutlich unterschiedlichen Tonlagen erfüllte die Luft. Clay nahm an, dass eine Tonlage zu Streifenwagen, die andere zu Feuerwehrfahrzeugen gehörte. Vermutlich konnte man sie voneinander unterscheiden, wenn man in dieser Stadt lebte, aber das tat er nicht, er lebte in Kent Pond, Maine, und wünschte sich von ganzem Herzen, er wäre in diesem Augenblick dort.
    Was sich ereignet hatte, kurz bevor dieser Scheiß angefangen hatte, war, dass Power Suit Woman ihre Freundin Maddy angerufen hatte, um ihr zu erzählen, sie sei beim Friseur gewesen, und dass eine von Pixie Lights Freundinnen sie angerufen hatte. Bei letzterem Gespräch hatte Pixie Dark mitgehört. Danach waren sie alle drei übergeschnappt.
    Du glaubst doch wohl nicht ...
    Hinter ihnen, nach Norden zu, ereignete sich die bisher größte Explosion: ein gewaltiger Knall wie von einer gigantischen Schrotflinte. Clay war mit einem Satz auf den Beinen. Der kleine Mann in dem Tweedanzug und er starrten einander wild an und dann in Richtung Chinatown und Bostons North End. Was explodiert war, konnten sie nicht sehen, aber über den Gebäuden am Horizont stieg jetzt eine viel größere, dunklere Rauchsäule auf.
    Während die beiden sich anstarrten, fuhren drüben vor dem Four Seasons ein Streifenwagen und ein Gerätewagen der Bostoner Feuerwehr vor. Clay blickte gerade rechtzeitig hinüber, um sehen zu können, wie ein zweiter Springer aus einem der oberen Stockwerke des Hotels jumpte; dann folgte ein weiteres Paar von der Dachterrasse. Clay hatte den Eindruck, die beiden vom Dach Kommenden prügelten sich tatsächlich noch auf dem Weg nach unten.
    »Jesus Maria und Josef NEIN!«, schrie eine Frau mit sich überschlagender Stimme. »O NEIN, nicht NOCH MEHR, nicht NOCH MEHR!«
    Der erste des Selbstmördertrios schlug auf dem Kofferraum des Streifenwagens auf, bespritzte ihn mit Haar und Blut und zertrümmerte die
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