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Pünktchen und Anton

Pünktchen und Anton

Titel: Pünktchen und Anton
Autoren: Erich Kästner
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Wellen kamen, in die Schüssel mit dem Birnenkompott, daß es nur so spritzte. Anton war der Wind und heulte.
    Endlich ließ das Unwetter nach, der Junge schob den Tisch ans Bett, und in Rio de Janeiro stiegen sie an Land. Die dortige Bevölkerung begrüßte die Ozeanfahrer aufs herzlichste. Sie wurden zu dritt fotografiert.
    Piefke hatte sich zusammengerollt und leckte begeistert sein klebriges Fell. Es schmeckte nach Birnentunke.
    »Vielen Dank für den freundlichen Empfang«, sagte Pünktchen. »Es war eine Zeit voller Entbehrungen, aber wir werden gern daran zurückdenken. Mein Kleid ist leider hin, und heimwärts fahre ich mit der Eisenbahn. Sicher ist sicher.«
    »Ich bin Antonio Gastiglione, der Oberbürgermeister von Rio de Janeiro«, brummte der Junge. »Ich heiße Sie und mich bei uns herzlich willkommen und ernenne Sie und Ihren Hund zum Weltmeister im Ozeanfahren.«
    »Vielen Dank, mein Herr«, sagte Pünktchen. »Wir werden Ihren Pokal stets hochhalten.« Damit nahm sie die Butterbüchse aus dem Boot und meinte mit Kennermiene: »Echt Silber, mindestens zehntausend Karat.«
    Dann ging die Tür auf, und Antons Mutter kam herein. Da war die Freude groß. »Herr Pogge hat mich mit dem Auto abgeholt«, erzählte sie. »Aber wie sieht es denn hier aus?«
    »Wir haben soeben den Ozean überquert«, teilte Pünktchen mit, und dann räumten sie das Zimmer auf, Piefke wollte sich aus freien Stücken noch einmal in das Birnenkompott setzen, aber Antons Mutter schlug es ihm rundweg ab.
    Währenddem hatte Herr Pogge ein ernsthaftes Gespräch mit seiner Frau. »Ich will, daß Pünktchen ein anständiger Kerl wird«, sagte er. »Ein Fräulein Andacht kommt mir nicht zum zweitenmal ins Haus. Mein Kind soll keine hochnäsige Gans werden. Sie soll den Ernst des Lebens kennenlernen. Pünktchen hat sich ihre Freunde gewählt, ich billige diese Wahl. Wenn du dich mehr um das Kind kümmertest, wäre das etwas anderes. Aber so bleibt es bei meinem Entschluß. Kein Wort der Widerrede! Ich habe lange genug zu allem ja und amen gesagt. Das wird nun anders.«
    Frau Pogge hatte Tränen in den Augen. »Also schön, Fritz! Wenn du's durchaus willst«, meinte sie und fuhr sich mit dem Taschentuch übers Gesicht. »Mir ist es recht, aber du darfst nicht mehr böse sein.« Er gab ihr einen Kuß. Dann holte er Antons Mutter ins 1Zimmer und fragte, wie sie über seinen Plan dächte.
    Frau Gast war gerührt und sagte, wenn es seiner Frau recht wäre, sie schlüge mit Freuden ein. Sie war sehr glücklich.
    »Nun paßt mal auf, Kinder!« rief er. »Achtung! Achtung! Antons Mutter zieht noch heute in Fräulein Andachts Zimmer. Für den Jungen richten wir die Stube mit der grünen Tapete her, und von nun an bleiben wir alle zusammen. Einverstanden?«
    Anton brachte kein Wort heraus. Er schüttelte Herrn Pogge und dessen Frau die Hand. Dann drückte er seine Mutter an sich und flüsterte: »Nun haben wir keine so großen Sorgen mehr, wie?«
    »Nein, mein guter Junge«, sagte sie.
    Dann setzte sich Anton wieder neben Pünktchen, und sie zog ihn vor lauter Freude an den Ohren. Piefke hoppelte gemütlich durchs Zimmer. Es sah aus, als ob er in sich hineinlächelte.
    »Na, ist es so recht?« fragte der Vater und strich Pünktchen übers Haar. »Und in den großen Ferien fahren wir mit Frau Gast und Anton an die Ostsee.«
    Da lief Pünktchen aus dem Zimmer, und als sie zurückkam, hielt sie eine Zigarrenkiste in der Hand und in der anderen Streichhölzer. »Zur Belohnung«, sagte sie. Der Vater steckte sich eine Zigarre an, ächzte gutgelaunt, als er das erste Rauchwölkchen ausstieß, und sagte: »Die hab ich mir verdient.«

    Die sechzehnte Nachdenkerei handelt: VOM GLÜCKLICHEN ENDE

    Somit wäre die Geschichte zu Ende. Und dieses Ende ist gerecht und glücklich. Jeder ist dort angekommen, wo er hingehört, und wir können, der Zukunft vertrauend, sämtliche Personen getrost ihrem weiteren Schicksal überlassen. Fräulein Andachts Bräutigam sitzt im Gefängnis, Anton und seine Mutter sitzen im Glück, Pünktchen sitzt neben ihrem Anton, und Fräulein Andacht sitzt in der Tinte. Jeder hat die seiner Sitzfläche angemessene Sitzgelegenheit gefunden. Das Schicksal hat nach Maß gearbeitet.
    Nun könntet ihr womöglich daraus schließen, daß es auch im Leben immer so gerecht zuginge wie in unserem Buch hier! Das wäre allerdings ein verhängnisvoller Irrtum! Es sollte so sein, und alle verständigen Menschen geben sich Mühe, daß es so wird.
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