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Prost Mathilda - von Wolke sieben ab in den Vollrausch

Prost Mathilda - von Wolke sieben ab in den Vollrausch

Titel: Prost Mathilda - von Wolke sieben ab in den Vollrausch
Autoren: Antje Szillat
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Ich hatte aber keine Kohle. Dann bin ich eben klauen gegangen. Bei meinem Glück haben die mich natürlich gleich beim zweiten Mal erwischt. Ich wurde von den Bullen nach Hause gebracht und meine Alten tickten völlig aus.“ Wieder lachte Lara bitter auf, bevor sie weitererzählte. „An diesem Abend bin ich noch mal abgehauen, obwohl ich eigentlich Stubenarrest bekommen hatte. Und an diesem Abend bin ich dann das erste Mal mit einer Alkoholvergiftung
auf der Bult
gelandet.“
    Mathilda schluckte. Genauso wie sie. Sie war auch mit vierzehn Jahren das erste Mal
auf der Bult
gelandet.
    „Das war echt heftig. Ich habe gedacht, ich bin tot. Ein Radfahrer hat mich mitten auf dem Fußweg in der Innenstadt gefunden. Von meinen Leuten weit und breit keine Spur. Mit Blaulicht ging’s dann ab ins Krankenhaus. Als ich wieder aufgewacht bin, wusste ich erst gar nicht, wo ich bin und ob ich überhaupt noch lebe. Ich war total verkabelt und überall hat es gepiepst. Ich dachte: Geil, jetzt bist du tot. Überall habe ich Alkohol gerochen. Und das Getränk, das mir die Schwester gegeben hat, hat auch nach Alkohol geschmeckt, habe ich mir eingebildet. Allmählich habe ich dann begriffen, dass ich im Krankenhaus bin, auf der Intensivstation!“
    Erneut unterbrach Lara, damit sie den kleinen Rest ihrer Zigarette auf den Boden fallen lassen und ihn mit der Fußspitze ausdrücken konnte. Diesmal nahm sie sich jedoch nicht augenblicklich eine neue aus der Schachtel.
    „Die Ärzte haben mir dann erzählt, was geschehen ist. Dass ich zwei Promille hatte und total unterkühlt war. Am nächsten Tag hatte ich gleich ein Gespräch mit einem Drogenberater. Er ist zu mir ins Zimmer gekommen. War total seltsam, weil ich mich ja an nichts mehr erinnern konnte. Am Nachmittag war ich dann wieder zu Hause.“
    Sie räusperte sich geräuschvoll. Mathilda nutzte die kurze Unterbrechung und sagte: „Genauso war es bei mir. Und wie haben deine Eltern darauf reagiert?“
    „Meine Mutter ist gleich in der Nacht ins Krankenhaus gekommen, hat sie mir erzählt. Die war total geschockt und echt betroffen, glaube ich. Mein Vater hat sich nicht blicken lassen. Der war einfach nur stinksauer.“
    „Und was war mit deinen neuen Freunden?“, wollte Mathilda wissen, während sie sich darüber Gedanken machte, dass auch ihr Dad nicht im Krankenhaus gewesen war. Wo war
er
gewesen?
    „Meine Leute fanden mich cool. Jeder von denen hatte schon mal eine Alkoholvergiftung. Das gehört dazu, haben die mir gesagt. Ich hab mich dann aber trotzdem ein bisschen von denen zurückgezogen. Kurze Zeit später habe ich die Schule mitten in der neunten Klasse geschmissen. Ohne Abschluss! Das war mir völlig egal und mein Vater hatte dann endgültig die Schnauze voll von mir. Ich bin zu meinem älteren Bruder gezogen. Der war inzwischen ausgezogen. Es hat nicht lange gedauert, da habe ich mittags am Bahnhof gesessen und gesoffen. Bis dahin hatte ich schon zig Anzeigen wegen Ladendiebstahl am Haken.
    Nach der nächsten Alkoholvergiftung haben die mich im Krankenhaus mehr in die Mangel genommen. Ich habe dann so eine Art Kurzzeittherapie angefangen. Weniger aus Überzeugung. Ich war damals der Meinung, dass ich kein Alkoholproblem hätte. Die Therapie habe ich dann gleich wieder abgebrochen. Doch bei der dritten Einlieferung ins Krankenhaus habe ich dann beschlossen, eine freiwillige Therapie in
Teen Spirit Island
zu machen.“
    Mathilda schaute Lara fragend an.
    „Was ist
Teen Spirit Island
?“
    Lara ließ ein leises Lachen hören. „Schau mal dahinten. Da siehst du es. Direkt vor deinen Augen.“ Sie deutete mit der ausgestreckten Hand auf ein blaues Gebäude, das mitten im Grünen direkt vor ihnen lag. Nur gute zwanzig Meter und ein hoher Zaun, der das gesamte Grundstück umfasste, trennten sie voneinander.
    „Darf ich vorstellen: mein Zuhause für die nächsten Monate. Und diesmal werde ich es schaffen. Diesmal halte ich durch.“
    Zur Bestätigung ihrer Worte streckte sie ihr Kinn kämpferisch vor, bevor sie sich mit spitzen Fingern die nächste Zigarette aus der Schachtel fischte.
    „Diesmal? Was heißt diesmal?“, wollte Mathilda wissen.
    „Nach der ersten Therapie bin ich wieder rückfällig geworden. Obwohl ich diese harten Wochen hinter mir hatte. Mein Aufenthalt bei
Teen Spirit Island
begann mit dem Entzug. Ich habe zwar Medikamente bekommen, die den Entzug erträglicher machten, aber ich hatte ein echt schweres Alkoholproblem. Zugleich hatte ich aber wohl auch
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