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Prost Mathilda - von Wolke sieben ab in den Vollrausch

Prost Mathilda - von Wolke sieben ab in den Vollrausch

Titel: Prost Mathilda - von Wolke sieben ab in den Vollrausch
Autoren: Antje Szillat
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gestern Nachmittag mit 1,9 Promille hier eingeliefert worden. Ein älteres Ehepaar hat mich bewusstlos bei uns im Stadtpark gefunden. Fast drei Flaschen Rotwein habe ich getrunken.“
    Das Mädchen schien wenig beeindruckt. Sie warf ihre Kippe auf den Boden und drückte sie mit der Fußspitze aus. Sofort kramte sie eine weitere Zigarette aus der Schachtel hervor und zündete sie an.
    „Und warum hast du dich besoffen?“
    Mathilda zögerte. Doch dann sagte sie schließlich: „Aus Liebeskummer. Und weil meine Eltern sich getrennt haben und mein Dad nur noch Augen für seine
tolle Julia
hat und weil ...“ Sie stockte einen Moment, holte tief Luft und sagte schließlich: „Eigentlich, weil mein Leben zu Ende ist, bevor es richtig angefangen hat.“ Und ganz leise fügte sie hinzu. „Und weil ich Tom so sehr vermisse.“
    „Oh weh, ganz schön viele Gründe. So viele hatte ich nicht. Bei mir war es in erster Linie die Langeweile – glaube ich.“
    Mathilda schaute sie aus großen Augen an. „Bei dir?“, fragte sie verwundert.
    Das Mädchen grinste. „Was meinst du, braucht deine Mutter noch ein bisschen? Ist noch genug Zeit, damit ich dir meine Geschichte erzählen kann?“
    Mathilda hatte plötzlich das Gefühl, dass sie die Geschichte des dunkelhaarigen Mädchens unbedingt hören musste. Ganz tief in ihr drinnen schrie etwas ganz laut und unüberhörbar: „Hör dir ihre Geschichte an. Sie ist lebenswichtig für dich!“
    „Die Zeit nehme ich mir“, sagte Mathilda.
    Sucht
    Du zitterst
    Du bist nervös
    Völlig unruhig
    Dir wird heiß
    Dir ist kalt
    Sucht
    Du kommst davon nicht los
    Jule, 15 Jahre

Lara
    Laras Alkoholkarriere hatte schon früh begonnen.
    „Mit dreizehn hatte ich schon meinen ersten Vollrausch“, schilderte sie Mathilda.
    „Bei uns zu Hause hat es regelmäßig heftig gekracht. Ich konnte diesen ganzen Stress und Druck einfach nicht mehr aushalten.“ Während sie das Mathilda erzählte, lächelte sie, nachdenklich und verletzlich zugleich.
    „Alkohol war für mich der einzige Ausweg. Ließ mich den ganzen Scheiß zu Hause wenigstens für eine Weile vergessen.“ Wieder fischte sie mit Daumen und Zeigefinger eine Zigarette aus dem zerknüllten Päckchen hervor und steckte sie zwischen ihre Lippen. Bevor sie weitererzählte, machte sie ein paar tiefe Züge.
    „Ich hab das dann eine Weile so gemacht. Immer wenn es zu Hause Stress gab, habe ich die Hausbar von meinem Alten geplündert und mich heimlich besoffen.“
    „Haben deine Eltern denn davon nichts mitbekommen?“, wollte Mathilda von ihr wissen, obwohl sie selbst erlebt hatte, dass Conni über Wochen nichts von ihren Saufereien mitbekommen hatte. Nun aber, wo sie so etwas aus dem Munde einer anderen hörte, kam ihr das Ganze irgendwie komisch, fast unglaublich vor. Wie konnte es sein, dass Eltern nicht mitbekamen, dass sich ihr Kind regelmäßig besoff – sich sogar an der Hausbar bediente?
    „Zuerst nicht. Ich habe ja immer gesoffen, wenn die zur Arbeit waren. Und zur Schule bin ich damals auch noch regelmäßig gegangen. Und da meine Leistungen sowieso schon immer schlecht waren, ist es auch niemandem großartig aufgefallen, dass sie noch ein bisschen schlechter geworden sind. Doch dann hat mein Vater gemerkt, dass ein paar der Schnapsflaschen nicht mehr mit Alkohol, sondern mit Wasser gefüllt waren.“ Lara lachte bitter auf. Und auch Mathilda konnte sich bei dem Gedanken daran ein kleines Lächeln nicht verkneifen.
    „Der ist völlig abgedreht. Hat meinen großen Bruder windelweich geschlagen, weil er ihn verdächtigt hat. Ich konnte das natürlich nicht zulassen und habe dann eben ausgepackt.“
    Lara atmete tief durch und Mathilda forderte sie ungeduldig auf: „Erzähl weiter. Was ist dann passiert?“
    „Na ja, ich habe das dann eine Weile gelassen. Zumal meine Eltern, nachdem ich ihnen gesagt hatte, warum ich den Schnaps weggesoffen habe, sich auch eine Zeit lang richtig zusammengerissen haben und es einigermaßen gut lief. Aber eben nur eine kurze Zeit. Mit vierzehn hab ich dann ein paar
coole Leute
kennengelernt. Die haben sich regelmäßig zum Komasaufen getroffen. Die waren alle etwas älter als ich und schienen das ganze Leben viel lockerer zu nehmen. Zu Hause war inzwischen wieder der gleiche Stress angesagt. Also habe ich die meiste Zeit mit meinen neuen Leuten verbracht. Wir haben uns getroffen und gequatscht und eben gesoffen. Nach einer Weile verlangten die, dass ich auch mal was zum Saufen besorgen sollte.
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