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Projekt Sakkara

Titel: Projekt Sakkara
Autoren: Andreas Wilhelm
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Schriftstück. In wenigen Augenblicken wurde ihm klar, dass der Mann nicht übertrieben hatte. Die Zeichnungen sprachen eine allzu deutliche Sprache. Wortlos betrachtete er die Figur eines Pharaos, der neben einer Stele stand und darauf die Quelle seiner Weisheit schilderte. Wolfgang Morgen erkannte die Darstellung auf der Stele, wie sie auch der Codex Guillaume unbeholfen beschrieb, und sah das strahlende Auge in der Pyramide. Die Namenskartusche schrie ihm förmlich entgegen, so sehr war sie ihm vertraut. Ein Schauer rann seinen Nacken hinab. Guardner hatte den Schlüssel also tatsächlich gefunden! Und er, Morgen, hatte es geahnt! Vor ihnen lag der Zugang zum größten Geheimnis der Menschheitsgeschichte, zu jener versunkenen Hochkultur, aus der alle anderen hervorgegangen waren. Lange vor den griechischen Gelehrten, lange vor den Ägyptern. Dies hier führte in eine Vergangenheit zurück, die Zehntausende von Jahren zurücklag. Mit zittrigen Fingern griff er nach dem Glas des Engländers, hielt es kurz in der Hand und reichte es dann seinem Gastgeber. »Das ist ... einfach fantastisch! Eine Weltsensation! Ein Prost auf Ihre Entdeckung!«
    Sir Guardner ergriff das Glas, nachdem er seinen Blick von dem Dokument gelöst hatte, und leerte den Drink. »Cheers, Sportsfreund. Ja, tatsächlich, dieses Stück ist mit Gold nicht aufzuwiegen. Unsere ganze Geschichte wird neu geschrieben werden müssen.« Er verschloss die Kassette wieder.
    »Wie lange besitzen Sie es schon, und was haben Sie damit vor?«, fragte Morgen. »Wann werden Sie es übersetzen?«
    »Ach, ich habe es nicht besonders eilig. Ich muss es alleine tun, weil ich nicht möchte, dass es in die falschen Hände gerät.«
    »Verraten Sie mir, wie um alles in der Welt Sie es erworben haben?«
    »Nun, das wäre eine zu lange Geschichte. Dazu müssen Sie wissen, dass ich mit Lord Carnarvon gut befreundet war, möge er in Frieden ruhen.«
    »Ist der Papyrus etwa aus dem Grab Tutanchamuns?«
    »Ja, ganz richtig! Sozusagen aus seinem privaten Erinnerungsschatz der Ausgrabungen. Sie wissen vielleicht, dass er sich ein paar Stücke ausgesucht hatte, wie Carter ja im Übrigen auch ... Nichts Großes, keine Kostbarkeiten, keine Statuen oder gar so etwas wie die Büste der Nofretete, die Ihr Landsmann mit nach Berlin genommen hat. Es waren eher Souvenirs. Und eines davon, diesen unscheinbaren Papyrus, konnte ich Lord Car ... Carnarvon abringen. Sicherlich wissen Sie, dass er ... « Sir Guardner fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. » ... dass er kein gelernter Ägyptologe war.« Der Engländer runzelte die Stirn und griff sich mit der Hand an den Mund, um sich hektisch über seine Lippen zu reiben.
    »Sir Guardner?« Morgen lächelte.
    »So taub ... «, erklärte er und bewegte weiter testweise den Mund. Dabei wurden seine Bewegungen ruckartig und ungelenk.
    Wolfgang Morgen trat eilig auf den Mann zu und stütze ihn, als dem Engländer auch schon die Beine versagten und einknickten.
    Mühsam kamen einige unartikulierte Laute über die Lippen des Alten, der mit schreckensstarren Augen immer weiter in sich zusammensackte.
    Wolfgang Morgen ließ den Mann auf den Boden gleiten. Dann richtete er sich auf und sah eine Weile zufrieden auf ihn herab. Es war geschafft!
    »Sie wundern sich zu Recht«, sagte er schließlich. »Ich weiß, dass Sie mich noch hören können, deswegen will ich Sie noch schnell aufklären. Sie sind gelähmt, Sportsfreund. Wie Sie bemerkt haben, fängt es an den Extremitäten an. Ich bin allerdings selbst erstaunt, dass es so schnell geht. Nun, umso angenehmer für Sie. Bald werden Sie auch nicht mehr atmen können. Aber ich denke, bevor Sie ersticken, wird wahrscheinlich Ihr Herz stehen bleiben.«
    Der Engländer starrte ihn vom Boden aus an, entsetzt und unfähig, sich zu rühren.
    »Dieses Gift produziert der Kugelfisch in seinem Gedärm«, fuhr Morgen nach einer Weile fort. »Wussten Sie das? Er lebt gar nicht weit von hier, im Roten Meer. Außerordentlich praktisch. Sie haben doch nichts dagegen, wenn ich mir Ihr Glas nehme? Und selbstverständlich die Schatulle.«
    Der Deutsche trat an den Schreibtisch und nahm beides an sich. Er nippte noch einmal aus seinem eigenen Glas und wanderte ein wenig im Arbeitszimmer auf und ab, betrachtete einige der gerahmten Dokumente, überflog die Rücken der Bücher im Regal und wandte sich schließlich wieder um. »Los, sterben Sie schon! Dann haben wir es hinter uns!«
    Der Brustkorb von Sir Guardner hob
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