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Projekt Sakkara

Titel: Projekt Sakkara
Autoren: Andreas Wilhelm
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Komplimenten.
    »So, nun noch Lord Thornton, dann sollten wir unbedingt etwas essen. Ah, dort hinten ist er ja.«
    Lord Thornton war eine stattliche Erscheinung. Der fast zwei Meter große, breitschultrige Herr war mit einem hellen Anzug bekleidet, stilvoll und dem Klima angemessen. An sich war daran nichts außergewöhnlich, dennoch wirkte er darin wie eine Lichtgestalt, ein Eindruck, der durch einen weißen Vollbart und lange weiße Haare, die unter seinem Hut hervortraten, noch verstärkt wurde.
    »Lord Thornton, darf ich Ihnen Wolfgang Morgen vorstellen, den wissenschaftlichen Attache der Deutschen Gesandtschaft.«
    Morgen betrachtete den Hünen aus der Nähe. Das Alter des Mannes war schwer zu schätzen, er mochte um die siebzig sein, aber seine Augen funkelten so außerordentlich wach und ernsthaft, dass der Deutsche unwillkürlich zusammenzuckte. Als er ihm die Hand gab, bemerkte er einen schweren, rotgoldenen Siegelring mit konzentrischen Kreisen an dessen Hand.
    »Lord Thornton ist schon seit Menschengedenken in Ägypten, eine wandelnde Legende. Wenn Sie irgendetwas über das Land oder die Menschen hier wissen möchten, sind Sie bei ihm an der richtigen Adresse.«
    »Sehr erfreut, Ihre Bekanntschaft zu machen, Lord Thornton.«
    »Die Freude ist ganz meinerseits, Herr Morgen. Ich habe von Ihnen gehört. Und von Ihrer beeindruckenden Karriere. Ihr Landsmann Ludwig Borchardt hat sich lobend über Sie geäußert.«
    »Das wusste ich nicht. Es ehrt mich natürlich.«
    »Was treibt einen so jungen Mann wie Sie nach Ägypten?«
    »Ein Geschichtsstudium und die Ägyptologie.«
    »So viel eilt Ihnen voraus. Doch welche Ziele verfolgen Sie? Wandeln Sie in den Fußstapfen Carters oder Champollions?«
    »Weder noch. Mein Vater pflegte zu sagen: Wer den Pfaden anderer folgt, wird sie nicht überholen können.«
    Ein Lächeln wanderte über das Gesicht von Lord Thornton. »Eine schöne Belehrung. Glauben Sie denn, Sie fänden Pfade, die nicht schon ausgetreten wären?«
    »Und sei es, um eigene Spuren zu hinterlassen, ja.«
    »Dann folgt nun mein Beitrag zum Austausch von Weisheiten: Stolz mag zur Tugend werden, doch nur, wenn er zur Ehre gereicht.« Er machte eine Pause, und der Deutsche widerstand, etwas zu erwidern. »Zweifellos sind Ihre Ziele ehrgeizig«, fuhr Lord Thornton dann fort, »und Ihre Leistungen anerkannt, sonst würden wir uns jetzt nicht unterhalten. Aber sagen Sie mir, Ikarus: Sehen Sie sich dabei als Schatzsucher oder als Wissenschaftler?«
    Wolfgang Morgen wollte schon mit einer bissigen Antwort darauf reagieren, doch stattdessen trat er einen halben Schritt zurück. »Ich bin auf der Suche nach Wissen. Und das ist der größte Schatz.«
    Den Deutschen traf ein Blick von durchdringender Schärfe. »Herr Morgen, Sie ahnen nicht, wie recht Sie haben.«
    »Sie sind ein ausgezeichneter Gastgeber«, sagte Wolfgang Morgen, als sich Sir Guardner zu später Stunde erneut zu ihm gesellte. Ihm folgten zwei Diener mit Tunika und Fez. Der eine trug eine große, mit goldenem Blech verzierte Wasserpfeife, der andere ein kleines Kohlegefäß. Sir Guardner setzte sich neben den Deutschen, während die beiden Ägypter die Pfeife aufbauten. Nachdem sie den Tabak zum Glühen gebracht hatten, entfernten Sie das Mundstück, ersetzten es durch ein neues, reichten Sir Guardner den Schlauch und zogen sich zurück.
    Der Engländer reichte den Schlauch seinem Gast, und dieser sog kräftig daran. Bald darauf atmete er eine fruchtig parfümierte Wolke aus. »Danke sehr«, sagte er, indem er den Schlauch zurückgab.
    »Ich hoffe, Sie hatten einen angenehmen Abend?«, fragte Sir Guardner.
    »Unbedingt. Nicht nur die Bewirtung, auch Ihre Gäste sind außerordentlich.«
    Guardner nickte. »Erzählen Sie mir etwas über Ihre eigene Arbeit. Sie haben einen Aufsatz über die Rosenkreuzer verfasst, über den man spricht.«
    »Ja, das stimmt.«
    »Sie erwähnen darin die Freimaurer, die katholische Kirche, die Illuminaten und allerlei geheime Gruppierungen und behaupten schließlich, dass es eine Art Weltverschwörung der Juden gäbe. Zumindest wird das daraus gelesen.«
    Der Deutsche hob abwehrend die Hand. »Ich habe das nicht als bewiesene Tatsache hingestellt. Mir lag es lediglich daran, aufzuzeigen, dass es möglich ist, diese Schlüsse zu ziehen.«
    »Tatsächlich? Und machen Sie sich keine Sorgen darüber, wie dies von bestimmten Strömungen in Ihrem Land ausgelegt wird?«
    »Nein, warum sollte ich? Auch wenn sie schmerzhaft ist,
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