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Prinzessin der Nacht - Phantastischer Roman (German Edition)

Prinzessin der Nacht - Phantastischer Roman (German Edition)

Titel: Prinzessin der Nacht - Phantastischer Roman (German Edition)
Autoren: Thomas Endl
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Kulissenwand lag sie am Boden. Trauben von Menschen drängelten sich um die lustigen Figuren und schauten denen zu, die sich darauf vergnügten, Kinder ebenso wie Erwachsene, Solterraner genauso wie Moxólesen. Oder sollte man sie besser gar nicht mehr so nennen?
    „Sagen wir einfach: ‚Hey, wir sind die Mosoláner aus Mosolánien’“, schlug Mikolo vor.
    Obwohl das in ihren Ohren eher komisch klang, nickte Skaia. Auch deshalb, weil sie Mikolo das Gefühl nicht nehmen wollte, ein neues Zuhause gefunden zu haben. Er sah sich noch viel neugieriger um als Skaia, und seine Augen leuchteten dabei.
    Auf der Lichtung vor dem Glaspavillon grasten Pferde. Und am Rande der Wiese stand ein Tier, das aussah, wie ― Skaia konnte es kaum glauben ― ein Bonsai-Quagga. Dummerweise verschwand es zu schnell im Gebüsch, als dass Skaia sich hätte sicher sein können.
    „Wie hübsch diese Streifen am Hals aussahen“, schwärmte Lallah sofort.
    Skaia und ihre Begleiter hüpften eine halbe Ewigkeit zwischen Büschen und Bäume hindurch, aber sie fanden das Tier nicht. Doch immerhin wusste Skaia jetzt, dass es noch existierte. Und im Laufe der nächsten Jahre würde sie es aufspüren ― am besten gemeinsam mit Mikolo.
    Aus dem Pavillon nahmen sie für den Kapellmeister die Zauberinstrumente mit. Schließlich hatte er geunkt, er müsse, nachdem sein herrlicher Opernautomat verschollen war, ein neues Werk verfassen. Und zur Premiere konnte nur die beste Besetzung gut genug sein. Er hatte mit Papa ausführlich über die neue Oper gesprochen, nur wollten beide Skaia gegenüber nichts Genaues verraten.
    Vielleicht wäre es ihr egal gewesen, wenn sie nicht den Eindruck gehabt hätte, beinahe alle in der Burg diskutierten lautstark über nichts anderes. Und nur wenn Skaia sich dazugesellte, gerieten die Gespräche urplötzlich in ganz andere Bahnen. Aber möglicherweise bildete sie sich das auch nur ein.
    So oder so ― einmal schlich sich Skaia über die Wendeltreppe in den Sonnensaal, als das gesamte Ensemble probte. Und wieder einmal bot ihr eine der Säulen Schutz. Unentdeckt konnte sie ihre Blicke schweifen lassen. Der Umbau in ein Theaterrund nahm sichtlich Formen an. Wegen des Regens, der jetzt öfter als früher vom Himmel fiel, hatten Papas Leute Seile über die ganze Fläche des Saals gespannt. Ballten sich die Wolken, konnte man mit ihrer Hilfe dichte Stoffbahnen zuziehen.
    Hinter der Bühne versuchte Mikolo Tabbi davon zu überzeugen, dass ihm ein orientalisches Sultansgewand noch wesentlich besser stünde als der „alte Hofrat“.
    „Hattest du denn je das Sultansgewand an?“, fragte Tabbi entnervt.
    Mikolo schüttelte den Kopf.
    „Also!“ Damit war die Diskussion beendet, und Tabbi konnte sich wieder Papajano zuwenden, der damit kämpfte, über seine nachgewachsenen, fröhlich-bunten Federn einen dunkel befiederten Overall zu ziehen.
    Auf der Bühne schob Moll gerade Ola unsanft von der einen auf die andere Seite.
    „Schubs mich nicht gar so abscheulich hin und her“, gab sie mit empörter Miene von sich und stolperte in den Silberpantoffeln, die zwar gut zu dem Sklavinnenkostüm passten, aber offenbar sehr locker saßen.
    Mikolo mischte sich vorsichtig ein: „Ein bisschen anders ist das aber schon abgelau...“
    „Mikolo, sei nicht albern“, rief Papa, der offenbar die hinterste Sitzreihe auf ihre Tauglichkeit testete, quer durch den Saal. „Es geht nie um die wirkliche Wahrheit. Die dramatische Wahrheit ist das einzige, was in der Kunst zählt. Und ich sage dir: Das Leben wäre froh, könnte es sein wie die Kunst!“
    Guras Balletteinlage schien sich diesmal besonders eigentümlich zu gestalten. Sie studierte sie nicht nur mit Papageni ein, sondern auch mit Robolden. Wie sie dabei ausgerechnet an Simpel und Gimpel geraten war, hätte Skaia wahrhaft interessiert. Das Tänzchen, bei dem die Papageni anmutig die Reihe der steif staksenden Robolde kreuzten, klappte schon vorzüglich. Und wenn einer trotzdem einen Fehler machte oder nicht bei der Sache war, bat Gura sanft um Konzentration. „Und wer vielleicht doch nicht mitmachen möchte, der soll es nur sagen. Das ist gar kein Problem!“
     
    Nachts war der Sonnensaal leer. Die Kulissen standen auf der Seite, und Skaia konnte sich den Stuhl des Guten Herrschers holen, der bei den Requisiten gelandet war. Dann zog sie am Schnürmechanismus, der die Stoffplanen raffte, und setzte sich in die Mitte des Saales. Schaute hinaus in den Himmel. Grüßte den Mond und
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