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Prinzessin der Nacht - Phantastischer Roman (German Edition)

Prinzessin der Nacht - Phantastischer Roman (German Edition)

Titel: Prinzessin der Nacht - Phantastischer Roman (German Edition)
Autoren: Thomas Endl
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Unterricht nur einen Bruchteil all dieser Dinge benötigen, nur hatte Skaia keine Ahnung, welche davon.
    Natürlich war ihr vor ein paar Tagen der neue Lehrmittelplan in die Hand gedrückt worden, und auf dem hatten die Erzieher alles ganz genau aufgelistet. Aber was nützte ihr der Zettel, wenn sie ihn in der morgendlichen Hektik nicht fand? Sie hatte sogar kräftig in den Spalt zwischen dem Fußboden und der schweren, alten Kleiderkiste gepustet und auf ein Flattergeräusch gehofft. Warum sollte der Zettel nicht versehentlich darunter gesegelt sein? Immerhin war dort schon einmal ein kompletter Bastelbogen des Weisheitstempels zum Vorschein gekommen. Diesmal aber wirbelte ihr nur Staub entgegen, sodass sie husten und sich die Augen reiben musste. Der Zettel blieb verschwunden. Also hatte Skaia kurzerhand so ziemlich alles eingepackt, was man als Mädchen an einer solterranischen Erziehungsanstalt brauchte.
    Mit Schwung schlitterte sie die letzten Meter über den glatten Steinboden bis zur Tür des Klassenzimmers. Da gongte die Stundenkugel in ihrer Hand. Fast schien es Skaia, als sei sie noch lauter als sonst, um sogar durch die Finger hindurch deutlich vernehmbar zu sein. Schlagartig wich das Rot aus der Kugel und machte dem üblichen, milchig-trüben Weiß Platz. Skaia kam aus ihrer Rutschpartie gerade noch zum Stehen, da flog vor ihrer Nase die Tür auf.
    Heraus trat ausgerechnet ihr Haupterzieher Klirr. Seine fettig glänzende Stirn warf sich gefährlich in Falten, und seine Augen quollen hinter den dicken Brillengläsern noch weiter aus dem Kopf. Hinter seinen beträchtlichen Ausmaßen drängte, zu Paaren geordnet, die ganze Klasse nach. Die beiden Kinder, die den Zug anführten, tuschelten miteinander, als sie Skaia erblickten. Klirrs Arm schnellte wie ein Schwert in die Luft und blieb dort stocksteif stehen. Augenblicklich verstummte jedes Getuschel. Und niemand drängelte. Klirr starrte Skaia an. Sie hasste das. Unter seinem Blick wurde sie klein und hässlich. Da knickten ihre langen, kräftigen Beine, mit denen sie so gut rennen und klettern konnte, beinahe ein. Die dunklen Locken schienen sich plötzlich widerborstig in die Kopfhaut zu krallen. Sie spürte es förmlich, wie ihre Wangen jede Farbe verloren, hohl in sich zusammenfielen und ihr Gesicht viel spitzer machten, als es war. Und das Strahlen in Skaias hellbraunen Augen zog sich zurück.
    In Klirrs Blick lag ein ganzer Katalog anklagender Fragen und dazu passender Verurteilungen. Er hätte gar nicht seine schneidende Stimme erheben müssen, um Skaia zu maßregeln. Natürlich tat er es trotzdem. „Warum bist du schon wieder zu spät? Was willst du mit einer derart vollgestopften Tasche, obwohl nur Notizblock und Stifte verlangt waren? Hast du überhaupt eine Ahnung, was heute auf dem Erziehungsplan steht? Ich sehe, du hast den Ernst des Lebens noch immer nicht begriffen! Ich kann wohl wieder nicht befürworten, dass du in die nächsthöhere Klasse versetzt wirst! Ich werde einen Brief an deinen Bruder schreiben müssen!“
    „Es ... es tut mir Leid!“, brachte Skaia nur heraus.
    Klirr schnaufte so lautstark wie ein Stier kurz vor dem Angriff.
    „Ich, äh, ... ich ... bin zu spät aufgewacht. Weil ... meine Kugel manchmal nicht richtig funktioniert“, fiel Skaia noch ein, aber sie hatte wenig Hoffnung, dass sich Klirr mit diesem Gestammel zufrieden geben würde.
    Hinter ihm prustete ein Kind, hielt sich aber schnell die Hand vor den Mund.
    Klirr schnaufte. Schüttelte den Kopf und griff mit spitzen Fingern nach der Stundenkugel, zog an der Kette und beugte sich zu Skaia hinunter. „Bist du dumm!“, las sie in seinen Augen. „Ausreden, immer nur Ausreden, du hast nichts gelernt!“ Mit einem Mal ließ Klirr die Kugel los. Überrascht stolperte Skaia nach hinten, während sich der Erzieher wieder zu seiner ganzen Größe aufrichtete. Ein Grinsen machte sich auf seinem Gesicht breit. „Was für ein Glück du hast. Wie du ja sicher deinem Erziehungsplan entnommen hast, besuchen wir heute die Meister der Zeit. Sie werden zweifellos daran interessiert sein, deine Kugel genauestens unter die Lupe zu nehmen. Denn wenn sie nicht richtig funktionieren sollte, wäre sie die erste defekte in ganz Solterra!“ Dann warf Klirr seinen Schwertarm nach vorne, und augenblicklich zog er mit der ganzen Klassenkarawane an Skaia vorbei.
    Ihr blieb nichts anderes übrig, als sich hinten einzureihen. Dümmer hätte es kaum laufen können. Jetzt würde Klirr bei
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