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Prinzessin der Nacht - Phantastischer Roman (German Edition)

Prinzessin der Nacht - Phantastischer Roman (German Edition)

Titel: Prinzessin der Nacht - Phantastischer Roman (German Edition)
Autoren: Thomas Endl
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einer ersten, vermutlich weitausgreifenden Lektion in Zeitkunde anzusetzen. „Denn ihr müsst wissen, die Stunden, Minuten, Sekunden, die uns das Schicksal ...“
    „Was man halt so Schicksal nennt, ja“, unterbrach ihn da eine Stimme, die so kratzig und widerborstig klang, als sei sie ein Dutzend Mal über ein Reibeisen geschrappt worden. Sie war so unerfreulich wie acht haarige Spinnenbeine, die auf der Ohrmuschel Tango tanzen.
    Klirr fuhr herum. Zwar hatten einige der Kinder längst bemerkt, dass ein seltsames Paar aus den Tiefen der Halle auf sie zu gekommen war, aber natürlich hatten sie Klirr nicht darauf aufmerksam gemacht. Keiner wagte es ungestraft, ihn bei seinen Erläuterungen zu unterbrechen.
    Noch nie hatte Skaia zwei derart unterschiedliche Menschen nebeneinander gesehen. Die Frau war hoch gewachsen. Sie trug eine imposante Steckfrisur und ein perfektes Lächeln zur Schau. Ihre Haut war makellos glatt. Der Mann mit der widerlichen Stimme war kaum größer als Skaia. Er steckte in einem überlangen weißen Kittel, der am Boden aufstieß und dabei jede Menge Falten warf. Wenn der Mann nicht gerade sprach, hing seine klumpige, raue Zunge aus dem leicht geöffneten Mund und rutschte unkontrolliert hin und her, vor und zurück. Auf dem Nasenhöcker wuchsen zwei dicke, graue Haare, und aus den Ohren, von denen eines verwegen abstand, quollen gleich ganze Büschel.
    ‚Der ist bestimmt schwerhörig’, flüsterte Skaia ihrer Mitschülerin Ana zu. Doch die stellte sich taub. Dafür drehte das Männchen seinen Kopf forschend zu Skaia herüber.
    „Wir wollen nicht von Schicksal sprechen“, ergänzte die Begleiterin des Männchens sanft. „Besser von Chancen. Aber das können wir ja alles während unserer Besichtigungstour klären.“
    Klirr schob mit einer Hand seine Brille auf die Stirn und neigte seinen Kopf der Frau entgegen. Fast stieß er mit der Nase an ihren weißen Kittel, der wie angegossen saß. Das Schildchen, das sie in Brusthöhe angesteckt hatte, schien das zu sein, was Klirr am meisten an ihr interessierte.
    „MDZ“, entzifferte Klirr und folgerte: „Ah, ein Meister der Zeit!“
    „Zwei Meister, zwei“, erwiderte die Frau und wies auf den Gnom neben sich.
    „Einer allein könnte die ganze Zeit gar nicht meistern, ja“, gab der seinen Kommentar dazu ab. „Also los!“, kommandierte er und eilte auf eine der grasgrünen Maschinen zu, die überall in der Halle lärmten. Bei jedem Schritt verfing er sich in seinem Kittel, stolperte, aber stürzte doch nicht.
    Die erste Maschine war scheinbar nichts weiter als ein großer, massiver Kasten. Doch seine Rückseite zierten zahlreiche Schlitze, die mit Nummern und Buchstabenkombinationen gekennzeichnet waren. Ein Techniker schob runde, beige Plättchen in diese Schlitze. Der Gnom nickte ihm kurz zu, bevor er erklärte: „Hier kommen die Daten rein, ja. Von allen. Auch die von euch sind hier durchgelaufen, ja“, krächzte er und sah in die Runde.
    „Können Sie das einmal genauer ...“
    „Aber sicher“, unterbrach die Meisterin Klirrs Einwurf. „Von allen Kindern, die in Solterra zur Welt kommen, werden ihre besonderen Begabungen, ihre Schwächen und vor allem ihre Charaktere erfasst. Und mit diesen Angaben wird der Computer gefüttert.“
    „Und das ist nicht immer eine leckere Mahlzeit, ja“, knörzte der Gnom.
    Skaia glaubte gern, dass dem Computer manchmal furchtbar schlecht wurde. Zum Beispiel, wenn er Daten von Leuten zum Abendbrot serviert bekam, die so unappetitlich waren wie dieser Wicht.
    Ein Schlauch, der aus der Datenfressmaschine kam, leitete eine farblose Flüssigkeit in einen riesigen grünen Trog. Dort war eine ganze Armee von Greifarmen damit beschäftigt, kleine, gläserne Scheiben in die Flüssigkeit zu tunken, sie blitzschnell wieder herauszuziehen und auf eines der vielen Fließbänder zu legen, die in alle Richtungen der Halle führten.
    Klirr nickte wissend. „Und das ist“, begann er.
    „Die Kompatibilitätsanlage, natürlich“, ergänzte die Meisterin. „Ihr seht hier, wie die Datenbündel den Anforderungen der wichtigsten Berufe in unserem Land zugeordnet werden.“
    „Erzieher hauptsächlich, ja“, mischte sich der Gnom ein und schielte mit schiefem Maul zu Klirr hoch.
    Wenn das ein Lächeln gewesen sein sollte, dachte sich Skaia, dann gönnte sie es Klirr von ganzem Herzen.
    „Denker aller Art, natürlich, Verwalter, Schlafforscher. Das wisst ihr ja alles selbst“, konkretisierte die Meisterin.
    Am
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